56. Lahnsteiner Bierseminar
„wir proBIERen ein Bier, bevor wir darüber sprechen“

Bierspezialitäten gelten als das Revier kleiner aber feiner Brauereien. Mittlerweile erkennen auch viele größere Vertreter ihrer Zunft diesen Trend und bieten nicht mehr nur Pils an. Getreu dem Motto „wir proBIERen ein Bier bevor wir darüber sprechen“ proBIERten die Teilnehmer des 56. Lahnsteiner Bierseminares mit Hell und Kellerbier zwei Vertreter aus dem Hause Krombacher, der größten Braustätte Deutschlands.

Schon vor über 100 Jahren wurde in Krombach helles Lagerbier gebraut. Diese alte Biertradition lebt nun wieder auf. Das Ergebnis ist vollmundiges Bier mit weniger starker Hopfung. Wie stark denn weniger stark ist – diese Information findet sich auf der Homepage der Brauerei leider nicht. Zur zweiten Spezialität, dem naturtrüben Kellerbier, fanden sich auf der Homepage gleich gar keine Informationen außer allgemein gehaltenen.

Zwei wirkliche Spezialitäten erreichten die Teilnehmer von Alexander Racky vom Craftbierzentrum Idstein. Er vertreibt die Biere der Dancing Camel Brewing Company aus dem israelischen Tel Aviv. Die in Deutschland erhältlichen Biere braut die Berliner Bierfabrik.

Die Dancing Camel Brewery ist Israels erste Microbrewery. Sie wurde 2005 in einem ehemaligen Getreidespeicher aus den 1930er Jahren mit dem Ziel gegründet ein „richtiges israelisches Bier“ zu brauen. Wenige Meter vom Standort im Herzen von Tel Aviv entfernt stand bereits vor 5000 Jahren eine ägyptische Brauerei. Dancing Camel steht für das moderne Israel, das versucht aus Altem etwas Neues zu schaffen und dabei eine Verbindung zur Geschichte des Landes zu bewahren.

Was zeichnet nun ein „richtiges israelisches Bier“ aus? Es nutzt lokale Zutaten um ein einzigartiges Aroma zu kreieren das zur israelischen Kultur genauso passt wie der Standort der Brauerei. So tauchen Dattelhonig, Minze oder Rosmarin in der Zutatenliste auf.

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David Cohen, Braumeister der Dancing Camel Brewery (Bild: Homepage der Brauerei)

David Cohen, der Mensch und Braumeister des tanzenden Kamels, ist ein Kind der frühen amerikanischen Craftbierbewegung. Bereits 1987 infizierte er sich in seiner damaligen Heimat New York mit dem Craftbiervirus, probierte viel und begann schließlich selbst zu Hause zu brauen. Schließlich beschloss er nach Israel auszuwandern und dort eine Brauerei zu gründen. Nach einem Jahr Ausbildung bei Heavyweight Brewing, einer Microbrewery in Ocean Township, New Jersey, kaufte er eine gebrauchte Brauanlage, reiste mit ihr in zwei Containern nach Israel und installierte sie an ihrem heutigen Standort. Heute nutzt David Cohen die Kräuter, Früchte und Gewürze seiner Heimat um bekannte Bierstile zu brauen, aber auch um immer neues auszuprobieren.

Zur Verkostung standen das „Leche del Diablo“ und das „Olde Papa“. Ersteres ist 5,0 Vol.-% Alk. stark und orientiert sich am Vorbild belgischer Witbiere gebraut mit Koriander und Orangenschalen. Doch es besitzt auch eine israelische Seite: Shatta, ein israelischer Chili-Pfeffer, beginnt zunächst im Rachen zu kitzeln und breitet sich dann über die Zunge und die Lippen „bis ins Herz aus“. Zitat:

Dangerously addictive – don´t say we didn´t warn you.

Das „Babylonian Olde Ale“ mit Namen „Olde Papa“ läuft mit 7,5 Vol.-% bereits deutlich stärker auf. Es erinnert an den ehrwürdigen Weisen „Rav Papa“, der von 300 – 375 lebte und Vater von zehn Söhnen war. Er war der Gründer der talmudischen Akademie von Neresh und braute angeblich das beste Bier im Babylonien des 4. Jahrhunderts. „Sudni“ nannte sich das Gebräu aus Dattelhonig. Das moderne „Olde Papa“ entsteht neben dem Dattelhonig aus dunklem Karamellmalz und englischem Hopfen. Letzterer verleiht ihm eine elegante Balance zwischen Süße und Bittere. Mehr unter www.dancingcamel.com

Ein ehrwürdiger Brauer der Moderne stand für die beiden folgenden Biere und setzte dabei die Serie „Biere der Weltmeister der Sommeliers für Bier“ fort. Sebastian Priller-Riegele – Weltmeister 2011 – braut sie in seiner Riegele Braumanufaktur in Augsburg.

Als Brauerei „Zum Goldenen Roß“ reicht die Tradition der Brauerei Riegele zurück bis ins Jahr 1386. Im Jahr 1884 erwarb sie Sebastian Riegele senior, der Ur- und Ur-Ur-Großvater der heutigen Inhaber. Schon das traditionelle Sortiment der Brauerei ist ein reiches, das der Riegeler Braumanufaktur noch reicher. Acht Brauspezialitäten braut sie und vermeidet dabei hartnäckig den Anglizismus „Craftbeer“.

Auris 19 und Ator 20 sind Zwillinge, der Eine hell und der Andere dunkel. Mit 19 % und 20 % Stammwürze sind sie starke Bayern. Ein goldenes Feuer brennt in Auris 19 und eine dunkle Versuchung wohnt in Ator 20. Nussig und malzaromatisch versucht es Auris, röstaromatisch mit Karamellnoten Ator. Rindersteaks, Bergkäse, Wildgerichte oder krustige Schweinebraten schmecken mit den Beiden gleich doppelt gut. 19 und 20 stehen dabei für die Stammwürze – und dennoch schwingt sich Auris zu stolzen 9,0 Vol.-% Alk. Gegenüber 7,5 % beim Ator auf. Mehr unter www.riegele-biermanufaktur.de und www.riegele.de

Trotz allen weltmeisterlichen Glanzes – den Höhepunkt des Abends mussten Auris und Ator einem anderen überlassen – dem Eisbock Edition 2017 aus der Craftbierwerkstatt der Lahnsteiner Brauerei selbst. Viermal fror Braumeister Henrik Rohmann den nach ihm benannten Megabock Rohminator aus und zündete damit ein kupferrotes Feuerwerk.

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der Megabock Rohminator

Viermal ausgefroren erreicht der neue Eisbock exakt 15,2 Vol.-% und gefühlt viermal intensivere Sinneseindrücke. Seine Farbe zeigt sich im direkten Sonnenlicht als sattes „sundown-copper“, so wie es die Abendsonne auf einen kupfernen Braukessel zaubern kann. Die sanfte Trübung kreiert einen mystischen Schleier hinein. Eine wirkliche Schaumkrone lässt der kräftige Alkoholgehalt gar nicht zu. Dennoch kennzeichnet ein sanftes Prickeln den Antrunk. Vorher taucht die Nase in ein vielfältiges und wuchtiges Konzert der Aromen ein, das Akkorde von Karamell, Wachholder, Rosinen sowie leichte Rauchnoten anstimmt und dessen leichte Schärfe auf die Stärke dieses Bieres hindeutet.

Im Trunk dominieren zunächst ein sanftes Prickeln und eine vollmundige, geradezu cremige Süße, bevor sich die bereits in der Nase spürbaren Aromen mehr und mehr durchsetzen. Ein kräftiges Kribbeln aus Hopfen- und Röstbittere, Rauchnoten und alkoholischer Schärfe schwingt sich zur aromatischen Dominanz auf und betont die Wucht dieses Eisbocks. Wärmend rinnt er die Kehle hinab und erinnert noch lange nach dem letzten Schluck an sein Dasein.

Autor: Markus Fohr
(Pressemitteilung der Lahnsteiner Brauerei GmbH & Co. KG)

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