Henrik Øl- og Vinstove
Bergen
NOR

Die Alkoholgesetzgebung in Norwegen ist streng. So darf in Supermärkten und Geschäften Bier nur bis 4,7% Alkohol verkauft werden (alles darüber ist den staatlichen Monopolgeschäften mit ihren restriktiven Öffnungszeiten vorbehalten), Reklame für Alkohol ist verboten, die Alkoholsteuer ist unbeschreiblich hoch, und am liebsten wäre es dem Staat, wenn Alkoholkonsum, wenn er denn schon nicht ganz eingeschränkt werden kann, dann doch völlig im Verborgenen stattfände.

So sind dann auch die meisten Bars recht unauffällig, vermeiden den Anschein, mit zu großen Wirtshausschildern bereits verbotene Werbung zu machen, und man ist gut beraten, ein paar gute Adressen zu haben, die man gezielt anlaufen kann – denn ein Bummel durch die Stadt („Wir kucken mal, wo wir zufällig eine schöne Bierbar entdecken!“) könnte sonst enttäuschend enden.

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der unauffällige Eingang

Es passt daher ins Bild, dass die Eingangstür zur Henrik Øl- og Vinstove in Bergen sehr unauffällig ist: Eine weiße Holztür, ein schwarzer Schriftzug auf dem Rahmen, und das war’s. Dahinter geht es eine schmale Holztreppe hoch, und erst, wenn man die Bar betritt, bekommt man einen Eindruck, um was es hier geht, und das ist durchaus nicht wenig! Über 50 Biere vom Fass werden hier angeboten, und daneben gibt es rund 150 bis 200 Flaschenbiere – eine Auswahl, die wirklich überrascht.

Das war beileibe nicht immer so. Als der Ausschank, der heute als Henrik bekannt ist, 1930 gegründet wurde, war es zunächst ein Café mit Restauration und nannte sich Café Jonsvoll. 1984 bekam es den Namen Henrik, blieb zunächst aber noch ein wenig glücklos und war alles andere als ein Geheimtipp für Biertrinker. Erst als Johnny Ve das Lokal 1993 übernahm, 1994 an eine neue Adresse umsiedelte und aus dem Café Henrik die Henrik Øl- og Vinstove machte, entwickelte sich das Lokal zu der Craftbierbar, die es bis heute ist.

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ein Regal mit Bierbüchern

Die Einrichtung der Bar ist eher schlicht. Einfache Holztische, -bänke und -stühle, die Wände in fast schon trostlosem Grau gestrichen, und abgesehen vom Thekenbereich ist die einzige Abwechslung ein Bücherregal, in dem eine Menge Reiseliteratur, einige Gesellschaftsspiele und – vor allem! – eine ganze Reihe Bierbücher stehen. Vorsichtig greife ich eines der Bierbücher heraus: Den Norske Ølrevolusjonen. Ich schlage es auf, blättere ein wenig hin und her und lese mich fest.

Es dauert nicht lang, bis mich meine holde Ehefrau anzischt: „Ist das hier eine Bierbar oder ein Lesesaal? Ich dachte, wir wollten zusammen ein Bier trinken!“

Ich lege das Buch zurück ins Regal. Ein echtes Lesen wäre sowieso schwierig geworden, vielmehr hätte ich mich Wort für Wort durch die norwegische Sprache geraten und hätte versucht, den Sinn der Texte so gut wie möglich zu erfassen. Aber die Bilder! Die Bilder hätten mir auch so gefallen.

Stattdessen stehe ich jetzt an der Theke und bin ein wenig erschlagen. Die Bierliste umfasst 54 Positionen, von denen allerdings ein paar nicht belegt sind. Sorgfältig geschrieben finde ich Brauerei, Bierstil, Alkoholgehalt und Preis aufgelistet, aber die schwarze Tafel ist so eng beschrieben, dass es trotzdem unübersichtlich wirkt und ich eine ganze Weile lesen und grübeln muss, was ich bestellen soll.

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die Bierliste ist umfangreich

Die Wahl fällt schließlich auf ein Farmhouse Ale und ein Coffee Stout. Ich zücke die Kreditkarte und bezahle einen Preis, zu dem ich in Tschechien die Bar wahrscheinlich hätte kaufen können. Vorsichtig balanciere ich die Gläser zu dem Tisch, den sich meine Frau mittlerweile ausgesucht hat.

Die Biere sind zwar teuer, aber zum Glück wenigstens schmackhaft. Das Farmhouse Ale überzeugt durch eine nette Kombination aus fruchtigen Aromen und einem herben, phenolischen Grundcharakter. Sleeping Village Brewing heißt die Brauerei und das Bier nennt sich Collective Gardening. 4,7% Alkohol würden erlauben, es auch in einem normalen Geschäft anzubieten, ohne eine der wenigen Lizenzen für starken Alkohol zu besitzen. Ein schöner Durstlöscher ist’s, und wäre es nicht so unverschämt teuer, würde ich gleich noch ein zweites davon trinken – der Tag in Bergen war schließlich schon lang genug gewesen.

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Collective Gardening Farmhouse Ale

Das Coffee Stout namens Morgenstemning stammt aus der nahegelegenen 7 Fjell Bryggeri, protzt selbstbewusst mit pechschwarzer Farbe, einem kremigen, leicht beigefarbenen Schaum und guten 6,5% Alkohol. Ein intensiver Mokkageruch gefällt, und der röstige, kaffeeartige Charakter macht dem Namen des Biers alle Ehre. Sehr schön!

Ganz langsam beginnt die Bar sich zu füllen und der Lärmpegel erhöht sich. Man legt Wert darauf, die Gäste nicht mit Musik zu beschallen, so dass wir immer noch in der Lage sind, uns vernünftig zu unterhalten. Anderswo muss man sich anschreiben. Sehr angenehm!

Wären die Preise nicht so astronomisch hoch und hätten wir ein wenig mehr Zeit in Bergen, so könnten wir hier noch eine Weile sitzen und genießen. Noch viele interessante Biere stehen auf der Karte, und die Liste mit den Flaschenbieren haben wir uns überhaupt noch nicht angeschaut – es gäbe noch viel zu tun. Einem vorsichtigen Erkunden der langen Liste mit dem einen oder anderen Probeschluck, bevor man sich dann ein großes Glas kauft, hat der Gesetzgeber aber leider einen Riegel vorgeschoben, und dies ist auch deutlich auf der Kreidetafel vermerkt: „Due to the Norwegian taxman, we will not supply free beer samples.“

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wenn auch die Farben trist sein mögen – die Bierauswahl ist es gewiss nicht

Insofern belassen wir es für heute bei den beiden getrunkenen Bieren. Zweimal haben wir Glück gehabt und sehr schmackhafte Biere erwischt – wir wollen unser Schicksal jetzt nicht herausfordern und erneut rund zehn Euro für ein kleines 0,33er Glas ausgeben, das dann vielleicht doch auch mal mit einem Bier gefüllt ist, das uns nicht zusagt.

Trotz aller Schlichtheit hat es gut gefallen, und die Bierauswahl dürfte in Bergen wohl die größte und umfangreichste sein. Henrik Øl- og Vinstove, also.

Henrik Øl- og Vinstove ist täglich ab 16:00 Uhr geöffnet; sonnabends schon ab 14:00 Uhr. Kein Ruhetag. Die Bar liegt nur wenige Schritte vom Nationaltheater entfernt; von der Endstation Byparken der Light Rail Tram Bybanen sind es etwa drei bis vier Minuten zu Fuß.

Bilder

Henrik Øl- og Vinstove
Engen 10
5011 Bergen
Norwegen

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