Bergenhus Bryggeri
Bergen
NOR

Bergen. Die angeblich regenreichste Stadt Europas begrüßt uns mit Sonnenschein. Zwar trauen wir dem Frieden nicht und überprüfen lieber noch einmal, ob wir Schirm und Regenjacke im Rucksack haben, aber dann genießen wir einfach die warmen Sonnenstrahlen, den Blick zum Hafen und den Bummel über den Fischmarkt. Von links und rechts duftet es verführerisch, aber als ich sehe, dass an den Ständen das Meeresgetier zwar sehr appetitlich zubereitet wird, aber dann dazu Cola aus der Plastikflasche und Fabrikbier aus der Dose ohne Glas oder Becher gereicht wird, lässt die Lust ein wenig nach.

Sollen wir nicht vielleicht trotzdem…?

Ach, jetzt laufen wir erstmal bis zum Ende des Fischmarkts, und dann überlegen wir uns das noch.

Es erweist sich als sehr weiser Entschluss, denn das erste, was wir am Ende des Fischmarkts sehen, ist der große Schriftzug „Restaurant – Mikrobryggeri“ an der weiß gestrichenen Holzfassade der Bergenhus Bryggeri.

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die Bergenhus Bryggeri am Ende des Fischmarkts

Na bitte, da haben wir es doch wieder einmal unbewusst gut getroffen. Die Bergenhus Bryggeri steht zwar auf unserer Liste und wir hätten sie in den kommenden Tagen mit Sicherheit noch besucht, aber dass wir ihr gleich am ersten Abend quasi direkt in die Arme laufen, nun, das ist schon praktisch.

Damit hat sich die Überlegung mit dem Essen am Fischmarkt auch erledigt – gute Fischgerichte gibt es auch hier.

Wir folgen dem Schild Bryggeriet und kommen im zweiten Stockwerk des Gebäudes in einen sehr ansprechend eingerichteten Restaurantbereich. Linker Hand sehen wir in etwas schwülem Rot ausgeleuchtet das Sudwerk, und geradeaus sehen wir über die Tische im Restaurant hinweg direkt ins Hafenbecken und auf Segelyachten, Fähren und riesige Kreuzfahrtschiffe.

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in etwas schwülem rot ausgeleuchtet: das Sudwerk

Eine junge Dame steuert auf uns zu und hat gleich zu Anfang zwei Fragen: „Habt Ihr reserviert?“ und „Habt Ihr links die Brauerei gesehen?“ Stolz zeigt sie in die Bar im Nebenraum. Wir nicken brav. Wie hätte uns das entgehen können? Aber es ist ein schönes Zeichen, dass man hier so stolz auf die Brauerei ist, dass man sie unaufgefordert zeigt.

Bezüglich der Reservierung schütteln wir allerdings mit dem Kopf und befürchten nun das Schlimmste. „Zwei Personen bekommen wir immer unter“, lacht die junge Dame, und nur Augenblicke später sitzen wir zwar nicht direkt am Fenster, aber doch so, dass wir den Ausblick auf den Hafen genießen können.

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Panoramablick auf das Hafenbecken

Nach der langen Reise haben wir jetzt richtig Durst, und so fragen wir nach einem leichten und erfrischenden Bier zum Auftakt. „Also, wir haben ein Summer Lager aus eigener Produktion, die Brauerei habt Ihr ja gerade gesehen, und dann noch von einer befreundeten Brauerei, Austmann, ein Hoppy Blonde. Beide sind recht leicht und gut für den großen Durst. Die anderen Sachen, die wir hier brauen, sind eher Biere zum langsamen Verkosten, recht geschmacksintensiv, nicht gegen den Durst.“

Das klingt ja jetzt richtig gut, finden wir und bestellen die beiden vorgeschlagenen Biere. Jeweils ein großes Glas, auch wenn wir wissen, dass wir das angesichts der norwegischen Bierpreise später noch bereuen werden.

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Summer Lager

Das Summer Lager ist gleichmäßig trüb, hat einen feinen Schaum und ein kräftiges Hopfenaroma, das unserer Meinung nach aber durchaus ein wenig frischer sein könnte. Dunkle und eher erdige Aromen können schön sein, aber doch eher in der kalten und dunklen Jahreszeit. Das Hoppy Blonde aus der Austmann Bryggeri wirkt da ein bisschen frischer, ein bisschen fruchtiger, ein bisschen anregender. Für den Sommer sicherlich ein wenig passender.

Beide löschen den ersten Durst aber hervorragend, und danach können wir uns ganz entspannt auf das Essen konzentrieren. Viel Meeresgetier steht auf der Speisekarte. Fisch, Muscheln, Garnelen. Aber wer Fleisch möchte oder Gemüse und Pilze findet ebenfalls eine schöne Auswahl. Was auch immer die Küche verlässt, sieht vorzüglich aus und ist sehr appetitlich arrangiert. Da gibt es überhaupt nichts zu meckern.

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appetitlich arrangierte Speisen

Zufrieden lehnen wir uns zurück und erkunden uns nun nach den anderen Bieren der Brauerei. „Da kann ich Euch einen Tester anbieten“, schlägt uns unsere Kellnerin vor. Kann sie Gedanken lesen?

Augenblicke später stehen die vier Gläser in einem Holzbrettchen vor uns. Zu jedem Glas gehört eine Visitenkarte, die auf der Vorderseite mit Namen, Stil und drei Stichworten zu Aroma- und Geschmackseindrücken bedruckt sind und auf der Rückseite jede Menge detaillierte Informationen bis hin zu den verwendeten Malz-, Hefe- und Hopfensorten liefern. Sehr schön.

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vier Genussbiere auf dem Testbrettchen

Das Ingwerbier Zingefær ist uns ein wenig zu stark mit Ingwer gewürzt. Fast schon wirkt es wie eine Fruchtlimonade, und man muss schon ganz sorgfältig in das Glas hineinschmecken, um Spuren bieriger Aromen zu entdecken. Sicherlich ganz nett, aber mit Bier hat diese Komposition geschmacklich nicht mehr richtig viel zu tun. Hopfen? Malz? Wir schmecken nur Ingwer. Der allerdings als 6,0%iger Digestif nach dem Essen richtig fein ist.

Deutlich stärker im Alkohol (7,1%) und geschmacklich sehr dominant ist das Hopivore, ein Double IPA. Ein kerniger Malzkörper, prägnante Hopfenaromen und eine ausgeprägte Bitterkeit geben ihm Kraft. Ein Bier, um es in kleinen Schlucken zu genießen. Aber auch eines, das sorgfältig komponiert erscheint – schön ausgewogen.

Ausgewogenheit fehlt dem Deus, einem Belgian Amber Tripel. 9,2% sind eine Ansage, aber der Alkohol ist zu scharf. Er spielt sich in den Vordergrund und verleiht dem ansonsten recht ansprechenden und stilgerechten Bier eine Spritigkeit, die nicht nötig wäre. Ganz nett, aber ganz große und ungeteilte Begeisterung kommt nicht auf.

Sehr interessant ist dann zum Abschluss das Kaffe Kadavre, ein Imperial Stout mit 9,4%. Kaffeenoten kündigt ja schon der Name an, und der kräftige, röstige Körper unterstreicht diese noch etwas, betont sie und verleiht dem Bier einen gewissen Mokka-Charakter. Sehr schön, wenn da nicht noch ein leichter metallisch-saurer Nachgeschmack wäre. In extrem starken Stouts findet man ihn vielleicht häufiger mal, aber üblicherweise bleibt er ganz dezent im Hintergrund, so dass viele Genießer ihn gar nicht wahrnehmen. Hier ist er zu deutlich und bringt das Bier ein wenig aus dem Gleichgewicht.

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der ansprechend eingerichtete Restaurantbereich

Trotzdem: In der Summe sind wir zufrieden. Spannende Biere mit interessanten Interpretationen ihrer Stile. Keine Berührungsängste, auch ein gutes Bier einer anderen Brauerei auszuschenken. Und für den Liebhaber aalglatter kontinentaler Lagerbiere hätte es auch ein Fabrikbier vom Fass gegeben. Das Essen ist über jeden Zweifel erhaben, und die Preise… Nun ja, wir können es nicht verleugnen, dass wir in Norwegen angekommen sind. Was wir hier für ein paar Biere und ein sehr gutes Essen ausgegeben haben, davon können wir daheim locker eine Woche lang leben.

Die sehr schön am Wasser gelegene Bergenhus Bryggeri ist täglich ab 15:00 Uhr geöffnet; sonntags und montags ist Ruhetag. Von der Endstation Byparken der Straßenbahn sind es etwa fünf Minuten zu Fuß, von der Stadtbushaltestelle direkt neben dem Markt nur ein paar Schritte.

Bilder

Bergenhus Bryggeri
Torget 2
5014 Bergen
Norwegen

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