50. Lahnsteiner Bierseminar
„Bierkeller“

Schon lange – genau genommen 854 Tage seit dem 6. März 2014 – hatte der Stammtisch des Lahnsteiner Bierseminars auf eine weitere Bierkellerführung gehofft. Eine Hoffnung, die bei den jüngsten Veranstaltungen bedingt durch die hohen Teilnehmerzahlen nicht erfüllt werden konnte – an diesem 50 „Jubiläumsseminar“ war es nun so weit.

Vor dem Bierkeller gab es noch drei interessante „Mitbringsel“ aus Ostdeutschland und aus Österreich zu probieren.

Auf den Namen „Schwarzer Abt“ hört ein Bier aus der Klosterbrauerei Neuzelle, das, wie kaum ein anderes, deutsche Biergeschichte geschrieben hat. Es berief sich als erstes Bier überhaupt auf den § 7a des vorläufigen Biergesetzes, wonach Ausnahmen vom deutschen Reinheitsgebot zulässig sind, wenn die fragliche Rezeptur in der jeweiligen Region nachweislich schon im Einsatz war bevor das Reinheitsgebot erlassen wurde. Dies ist beim „Schwarzer Abt“ der Fall – in Ostdeutschland braute man schon im Mittelalter Schwarzbiere, die man mit Invertzuckersirup abschmeckte.

Exotisch klingt der „Mauritius Bock Dunkel“ – hergestellt wird er jedoch nicht im fernen Mauritius im indischen Ozean sondern in der Mauritius Brauerei in Zwickau als klassischer dunkler Bock.

Exotisch zumindest in seiner Herstellung ist Kiesbyes Waldbier 2015 Sour Edition. Das Bier ist nicht nur mit Fichtenharz als Zutat gebraut, es erfuhr auch seine Nachgärung und Reifung in einem Holzbottich im Wald des Salzburger Seenlands. Resultat ist ein echtes Craftbier mit harmonischen fruchtig-holzigen Noten. Wohl dem, der sich einige der 3.200 Flaschen sichern konnte.

Mehr zu Axel Kiesbye, seinem Bierkulturhaus und seinen Waldbieren unter www.bierkulturhaus.com.

Ein Bierkeller ist so etwas Ähnliches wie ein Weinkeller, nur, dass man dort eben Bier einkellert. In einem idealen ist es Bierkeller dunkel, möglichst konstant um die 10 °C temperiert und von mittlerer Luftfeuchtigkeit um 65 %. Alle Biere bilden bei längerer Lagerung einen Bodensatz. Daher sollten die Flaschen stehend gelagert und beim Einschenken dekantiert werden. Ausnahme: Flaschen mit Naturkork sollten liegend lagern, damit der Naturkorken nicht austrocknet und reißt.

Diese Biere bevölkern einen Bierkeller in Lahnstein wie anderswo:

  • Biere mit einem Alkoholgehalt von 6,5 – 7,0 % oder mehr konservieren sich fast von selbst. Sie enthalten außerdem viele Gärungsnebenprodukte, die im Verlauf der Lagerung interessante Geschmacksvariationen bieten.
  • Spontan vergorene Biere sind unabhängig von ihrem Alkoholgehalt lagerfähig, da sie relativ sauer sind und da alle Zucker vergoren sind.
  • Dunkle Biere sind lagerfähiger als helle.
  • Filtrierte Biere sind lagerfähiger als trübe Biere.
  • Pasteurisierte Biere sind lagerfähiger als nicht pasteurisierte Biere.
  • Biere in möglichst großen Flaschen.

Folgende Veränderungen laufen während der Lagerung ab:

  • Die Hopfenbittere baut sich ab.
  • Der alkoholische Eindruck nimmt zu.
  • Aromen von Sherry, Cognac und Vanille nehmen zu.
  • Das geschmackliche Optimum ist häufig nach etwa drei bis fünf Jahren erreicht. Im Einzelfall kann dies ganz anders sein.

Soweit zur Theorie. Praktisch begaben sich die Bierseminariten nun einige Treppen hinab in den Bierkeller, der im alten Stadtgraben Oberlahnsteins liegt. Dort finden sich neben zahlreichen internationalen Starkbierspezialitäten auch die Jahrgänge der Starkbiere „Schnee Bock“ und „Martinator“ der Lahnsteiner Brauerei. Seit November 2010 finden von jeder Abfüllung einige Kästen den Weg in den Bierkeller. Die ältesten Biere sind nun also über sechs Jahre gereift.

Jahrgänge von Schnee Bock und Martinator
(Foto: Volker R. Quante auf https://blog.brunnenbraeu.eu)

An dieser Stelle stellt automatisch ein Teilnehmer die Frage: „Die Biere sind aber doch abgelaufen!“ Das sind sie auch, doch das Mindesthaltbarkeitsdatum ist eben kein Wegwerfdatum, wie die frühere Bundes-Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner so treffend formulierte. Gerade ein Starkbier hält sich durch den hohen Alkoholgehalt endlos lange.

Dies hat mittlerweile auch der Gesetzgeber erkannt und entschieden, dass Starkbiere mit einem Alkoholgehalt über 10 Vol.-% nicht mehr mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum ausgezeichnet werden müssen, da ein Verderb ausgeschlossen ist. Gesundheitsgefährdend kann auch ein normal starkes „abgelaufenes“ Bier durch den niedrigen pH-Wert von Bier niemals sein.

Die Verkostung der beiden gereiften Starkbiere bestätigte die trockene Theorie in vollem Umfang – und dies auf für alle Sinne genussvolle Weise. Die Hopfenbittere ist nach sechs Jahren verschwunden. Malzige und süßliche Noten nahmen erkennbar zu, der Geschmackseindruck wird insgesamt intensiver und die Farbe insbesondere beim hellen Bock kräftiger. Dieser zeigt auch in Duft und Geschmack Noten beginnender alkoholischer Schärfe und Anklänge getrockneten Dörrobsts, von Portwein und Sherry.

Autor: Markus Fohr
(Pressemitteilung der Lahnsteiner Brauerei GmbH & Co. KG)

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