House of Brews 51st Street
New York
USA

„Hell’s Kitchen Craft Beer Bar“, „Flagship Location“, „Certificate of Excellence“ von TripAdvisor – in typisch amerikanischer Weise wird auf den Putz gehauen, auf dass der Bierreisende das Gefühl bekommt, dass seine ganze Reise umsonst gewesen sein wird, sollte er hier nicht schleunigst eingekehrt sein.

Und da wir unseren heutigen Ausflug sowieso in dieser Himmelsrichtung starten wollen, erliegen wir den Verlockungen der Werbung und entscheiden uns, statt eines späten Frühstücks im Hotel ein frühes Mittagessen im House of Brews 51st Street einzunehmen und die unvergleichliche Atmosphäre, die überragende Gastfreundschaft und die Auswahl aus 100 rotierenden Bieren („offering over 100 beers from around the world“) auf zwei Ebenen zu genießen.

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House of Brews 51st Street

Was uns stattdessen erwartet?

Eine kleine Bar, deren obere Ebene wegen Renovierung geschlossen ist und deren untere den Charme einer x-beliebigen amerikanischen Eckkneipe ausstrahlt. Eine langgestreckte Theke, dahinter ein paar wenige, kleine Tische, deren Flair sich von einem Schnellimbiss nur dadurch unterscheidet, dass Tische, Bänke und Stühle aus Holz und nicht aus Plastik gefertigt sind.

Wir sind drei Minuten nach Betriebsbeginn hereingekommen, sind die ersten Gäste für heute. Die junge Bedienung ist noch schwer damit beschäftigt, die klebrigen Reste der letzten Nacht hinter der Bar zu beseitigen, ist aber trotzdem aufmerksam und freundlich, nimmt die Bestellung rasch auf und ermuntert uns, es uns gemütlich zu machen.

Auf die Frage nach den „100 beers from around the world“ zuckt sie allerdings mit den Achseln. So viele? Davon habe sie noch nie gehört, sie habe knapp zwanzig Zapfhähne und ein paar Dosen und Flaschen im Kühlschrank.

Immerhin, denke ich mir, denn in Deutschland sind fast zwanzig Zapfhähne noch selten, aber der Blick an der Theke über die Tap-Handles holt mich dann in die Realität zurück: Bud Light ist hier zu sehen, und Guinness. Damit haben wir schon einmal zwei Nicht-Kandidaten – Biere aus großen Bierfabriken zählen schließlich nicht wirklich, oder? Schöfferhofer entdecke ich ebenfalls, und Angry Orchard Cider. Und wenn man dann noch die deutschen Biere abzieht (König Ludwig Weissbier, beispielsweise), dann ist die Auswahl schon deutlich geschrumpft.

Angesichts der frühen Tageszeit entscheide ich mich schließlich für ein Watermelon Wheat von Coney Island Brewing Co. – mit seinen 4,8% Alkohol nicht zu stark, und hoffentlich auch leicht und fruchtig. Serviert wir es in einem Bierglas, das die Form einer Bierdose hat, mit oben leicht nach innen gewölbtem Rand. Ein merkwürdiges Trinkerlebnis, aber in Ordnung. Und abgesehen von einem leichten Karamell-Aroma erfüllt das Bier auch die Erwartungen an fruchtige Frische. Aber ob das Fruchtaroma nun wirklich Wassermelone ist? Ich weiß es nicht.

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Water Melon Wheat

Die Sandwiches und Burgers zum Bier sind soweit okay. Was daran jetzt so Besonderes sein soll, und warum Hell’s Kitchen deshalb angeblich landesweit bekannt ist, erschließt sich mir allerdings nicht. Ich bin gedanklich wieder bei meiner x-beliebigen amerikanischen Eckkneipe.

Mittlerweile füllt sich das Lokal, es ist Mittagspause, und aus der näheren Umgebung kommen Arbeiter auf eine schnelle Mahlzeit.

Wir werden Zeuge des sozialen Elends amerikanischer Kneipenkultur: Ein Gast nach dem anderen kommt herein und setzt sich an die lange Theke. Wie Hühner auf der Stange hocken die Männer da. Ja, es sind nur Männer, keine einzige Frau ist darunter. Niemand unterhält sich mit seinem Nachbarn, jeder starrt vor sich hin, auf das Bier oder den Burger vor sich, auf den ohne Ton flimmernden Fernseher oder mit geilen Blicken auf das Mädel hinter der Theke, in unendlich unbefriedigtem Begehren. Was die junge Dame allerdings an den breiten Ärschen und Wampen finden soll? Wovon sie beeindruckt sein soll? Vom sturen Blick auf den Fernseher oder den das Bierglas drehenden schmutzigen Fingern? Zu keiner Kommunikation willens oder fähig, nicht bereit, aus dem schablonenhaften Verhalten des an der Theke Sitzens auszubrechen, in nutz- und erfolglosen Männlichkeitsritualen erstarrt sitzen sie da, die Gestalten. Jeder hält sich tief im Inneren für etwas Besonderes und wartet geduldig, peinlich schüchtern, verschämt darauf, dass die Dame ihn, nur ihn für einen Moment anlächelt, wenn sie das nächste Bier zapft. Und sie lächelt ja wirklich, freundlich, antrainiert, aber ihr Lächeln fokussiert sich auf niemanden, richtet sich stattdessen ins Nirgendwo.

Meine holde Ehefrau fühlt sich zunehmend unwohl, und ich kann es ihr nicht verdenken. Wir brechen also auf, etwas früher, als eigentlich geplant, denn wir wollten den Tag behutsam und ruhig angehen.

New York City wartet.

Das House of Brews 51st Street (es gibt noch ein zweites, das House of Brews Restaurant Row in der 46th Street) ist täglich von 11:00 Uhr morgens bis 04:00 Uhr in der Nacht durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. An knapp zwanzig Zapfhähnen bietet es eher landesweit verfügbare Biere, keine echten Spezialitäten. Dazu noch ein paar Dutzend Biere aus der Dose oder der Flasche und typische Kneipenküche. Zu erreichen ist die kleine Bar mit den Metrolinien 1, 2 und 5, Haltestelle 50 Street Station, von dort aus etwa 200 m in nordwestlicher Richtung, zwei Häuserblocks.

Bilder

House of Brews 51st Street
302 W 51st Street
New York
NY 10019
USA

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