Olhöps Craft Beer House
Valencia
ESP

Ach, die verflixten Umlaute. Wie war das noch mal? Wie schrieb sich die Bar jetzt genau, die wir suchen? Ölhops? Ølhops? Ōlhōps? Ølhöps? Olhõps? Ölhøps? Nein, alles verkehrt. Olhöps! Ja, genau, das ist es. Erst das O, dann das ö, also genau umgekehrt, wie man es eigentlich mit nordmitteleuropäischem Sprachgefühl erwarten würde…

Nun ja, jetzt stehen wir aber endlich davor, und das Philosophieren über die korrekte Anzahl und Reihung der Umlaute hat uns den langen Weg verkürzt, waren wir doch im Norden von Valencias Altstadt aufgebrochen, einmal quer hindurch gelaufen und dann noch ein Stück an den Gleisen des Nordbahnhofs entlang gegangen. Ein schöner Spaziergang, zunächst durch das Gewirr der Altstadtgassen, und dann die letzten wenigen hundert Meter entlang der eleganten, aufwändigen Fassaden der wie mit dem Lineal ausgerichteten, mehrstöckigen Bürgerhäuser.

Und in einem dieser Bürgerhäuser befindet sich unser Ziel. Über uns das vier- oder fünfstöckige Haus, elegante Balkone mit schmiedeeisernen, reich verzierten Balkongittern; die leuchtend gelbe und kleinteilige Fassade kontrastiert in der Dämmerung mit dem dunkelblauen Himmel. Unten, im Erdgeschoss ein einfaches, weißes Schild: Olhöps Craft Beer House. Auch an der Hauswand noch einmal der Name, in großen Lettern: OLHȮPS. Ja, in der Tat, mit ȯ, nicht mit ö. Ein · ist verlorengegangen. Heruntergefallen, von Souvenirjägern und Umlautfanatikern geklaut, was weiß ich.

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Olhöps Craft Beer House

Ist jetzt aber auch egal. Wir haben genug über die Kompliziertheiten der Typografie nachgedacht, jetzt haben wir Lust auf ein Bier. Oder mehrere.

Auf dem Bürgersteig vor der Bar stehen ein paar kleine Tische, und gerade wird einer frei. Wir reagieren rasch, meine holde Ehefrau setzt sich, blockiert den Tisch schon einmal, und schickt mich hinein, Bier holen. „Aber was Leckeres!“

Wie immer lässt sie mich mit der schwierigen Entscheidung allein, was für sie heute Abend denn lecker ist. „Was Leckeres!“ Das kann vom frischen, vollen Hefeweißbier über ein herbes Saisonbier bis zum fassgelagerten Tripelbock alles bedeuten. Je nach Tageszeit und Stimmung. Die Tageszeit weiß ich, die Stimmung muss ich so gut wie möglich erraten.

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leuchtendes Gelb und helles Grau dominieren die Dekoration

Ich trotte in die Bar hinein, gehe durch einen kleinen, offenen Vorraum, ein Zugeständnis an die Raucher, und komme in einen langgestreckten, sehr hellen Schankbereich. Die Wände weiß gestrichen, die Dekoration darauf in leuchtendem Gelb und hellem Grau. Die Möbel aus hellem Holz, und lediglich ein paar Regale bilden mit ihrem dunklen Holz und den Deko-Flaschen einen Kontrast.

Und natürlich die schwarze Kreidetafel, die in keiner Craftbier-Bar, die etwas auf sich hält, fehlen darf…

Zehn Positionen listet sie auf, und zehn Zapfhähne finden sich auch an der stählern glänzenden Zapfstation an der Theke. Der junge Mann mit seinem gewaltigen, sorgfältig in Form gebrachten schwarzen Bart fragt mich nach meinen Wünschen, und als er bemerkt, wie ich zögere, deutet er auf ein kleines Holzkästchen vor mir. Genau sechs kleine Probiergläser würden dort hineinpassen, sagt er, und das würde mir die Wahl doch bestimmt erleichtern. Ach, wenn er wüsste. Für mich fände ich immer schnell etwas, aber zum Abschluss des heutigen Tages etwas Besonderes für die Dame zu finden, die draußen auf mich warte, sei nicht ganz einfach, erwidere ich, aber da bleibe ich auch schon auf Position 8 der Kreidetafel hängen. Ein Strong Ale, Barrel Aged in einem Oloroso-Fass, 11,5% Alkohol. Das wird es sein, damit wird sie zufrieden sein! Ein Halfpint von diesem außergewöhnlichen Bier also!

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zehn Hähne, zehn Sorten

Aus den verbleibenden neun Sorten sechs Stück für meine kleine Bierkiste auszuwählen, fällt mir dann nicht mehr schwer. Per Negativ-Auswahl fällt das Põhjala Porter raus, das hatte ich an anderer Stelle schon einmal getrunken. Dann lasse ich noch das Sauerbier weg, auf sauer habe ich heute keine Lust, und das Fruchtbier auch. Fertig. Die anderen sechs nehme ich.

Stolz trage ich das Holzkästchen und das Barrel Aged Bier raus auf die Straße und habe Glück: Mit dem Barrel Aged habe ich genau das Richtige erwischt. Der Abend ist rundum gelungen! Feierlich verleiht meine holde Ehefrau der Laugar-Brauerei aus Bilbao das Fünf-Sterne-Prädikat und schwelgt in ihrem Genuss.

Ich wende mich meinem Bierkästchen zu und teste der Reihe nach:

  • das Tyris – Original Blonde Ale (5,0%), ein frisches und sehr süffiges Bier zum fröhlichen Durstlöschen nach getaner Arbeit,
  • das Clown Shoes – Space Cake Imperial IPA (9,0%), ein kräftiges, hopfiges, malziges, starkes, bitteres, volles, alkoholisches Bier das von allem (zu) viel hat,
  • das Baxbier / H2Öl – Bax Meets H2Öl Rye IPA (6,6%), aus hauseigener Produktion; die Olhöps Bar hat andernorts in Valencia unter dem Namen H2Öl auch eine Brauerei, in der dieses durch den Roggen leicht sämige Bier entstanden ist,
  • das Cigar City – Invasion Pale Ale (5,0%), ein schönes, hopfiges und aromatisches Trinkbier,
  • das Bone Yard – RPM American IPA (6,6%), ein kräftig, aber nicht übermäßig gehopftes Allerwelts-IPA,und schließlich
  • das Bone Yard – Hop Venom Imperial IPA (9,0%), ähnlich wie das Space Cake ein Bier, das vor Kraft nicht laufen kann.

Ein netter Parforceritt durch die Bierszene und durch das Angebot des Olhöps Craft Beer House. Was ich vermisse, ist ein Saison-Bier mit einer kräftigen, selbstbewussten Hefe, leicht phenolisch und gut trinkbar. Mittlerweile schon fast mein Lieblingsstil. Hier und heute aber nicht im Angebot – ein Stil, der sich offensichtlich erst noch durchsetzen muss. Stattdessen zweimal ein Imperial IPA? Na ja, viele mögen es. Ich ja eigentlich auch, aber eines am Tag reicht auch. Völlig!

Gleichwohl: Beim Olhöps Craft Beer House handelt es sich bestimmt um eine der ersten Adressen in Valencia, wenn es um eine internationale Bierauswahl geht. Und wer unter den zehn angebotenen Fassbieren partout nichts nach seinem Gusto findet, der wird vielleicht unter den vielen Flaschenbieren etwas entdecken, was ihm mehr mundet. Ein großer Kühlschrank links neben der Theke birgt so einiges an spannenden Überraschungen.

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eine Kiste Bier und ein Halfpint

Spannend ist es auch, vor der Bar auf dem Bürgersteig zu sitzen und den vorbei flanierenden, rennenden, stolzierenden, staksenden, stolpernden und bummelnden Menschen zuzusehen. Es ist zu später Stunde viel los hier, und die bunte Vielfalt der Menschen, die an unserem Tisch vorbeikommen, wird nie langweilig. Stund‘ um Stund‘ könnten wir hier so sitzenbleiben, würde uns nicht langsam die Müdigkeit übermannen. Eine lange Arbeitswoche, zusätzlich jeden Abend auf Biererkundung – das fordert seinen Tribut. Widerwillig folgen wir dem Verstand und nicht dem Herzen und brechen ein wenig wehmütig wieder auf in Richtung Hotel. Sehr schön war’s!

Das Olhöps Craft Beer House ist täglich von 18:30 bis 01:30 Uhr geöffnet; kein Ruhetag. Vom wunderschönen Jugendstilbahnhof Estació del Nord, wo Busse, Bahnen und die Metro halten, sind es etwa 300 m in südöstlicher Richtung bis zu dieser schönen Bar.

Bilder

Olhöps Craft Beer House
Carrer de Sueca, 21
46004 València
Spanien

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