La Bière de Metz – das Bier aus Metz. So richtig stimmt der Name der Brauerei ja nicht, denke ich mir, als ich vor dem schlichten, grauen Wellblechbau stehe und auf die Aufschrift kucke. Metz liegt schon ein paar Kilometer hinter mir, und ich befinde mich in einem Gewerbegebiet in der Ortschaft Jury. Sie mag ja irgendwie verwaltungstechnisch zu Metz gehören, vielleicht sogar eingemeindet sein, aber es ist eben Jury und nicht Metz.
Aber egal. Mir geht es jetzt nicht um lokale Befindlichkeiten, sondern darum, dass ich gestern die Biere dieser Brauerei empfohlen bekommen habe und heute morgen dann entdeckt habe, dass mich mein Weg durch Lothringen fast direkt an dieser Brauerei vorbeiführt. Nichts liegt dann also näher, als diesen kleinen Abstecher zu machen und die Brauerei einmal etwas näher zu beäugen.
Der Wagen ist rasch abgestellt, und neugierig öffne ich die Glastür, die in das Innere der Brauerei führt. Ein kleiner Verkaufsraum, recht gemütlich und ansprechend eingerichtet, ein wenig an einen Marktstand erinnernd. Ein kleiner Holztresen, auf dem ein paar Bierflaschen stehen, und ansonsten überall im Raum verteilt größere Holzkisten, die mit den hier produzierten Bierflaschen gefüllt sind.
Mittendrin steht als Blickfang ein altes Motorrad. Tiefschwarzer, sorgfältig polierter Lack. Ein Hauch von Nostalgie in der eher modern auf öko getrimmten Atmosphäre. Den gleichen Kontrast hatte ich draußen schon bemerkt, wo neben dem Eingang ein uralter, knallroter Trecker vor der modernen Fassade steht.
Man hat sich hier bei La Bière de Metz auf Bio-Biere und auf andere Bio-Getränke spezialisiert und wirbt damit, nur natürliche Zutaten, keine genetisch modifizierten Organismen und keine Konservierungsstoffe zu verwenden. Keine Filtration, keine Pasteurisierung. Aber – und das wäre in Deutschland, wo die Brauerbünde seit angeblich mehr als 500 Jahren an einem sogenannten „Reinheitsgebot“ festhalten, welches nur wenig mit Reinheit, aber viel mehr mit Protektionismus und Volksverdummung zu tun hat, völlig undenkbar – mit Zugabe von Rohrzucker gebraut. Einer völlig natürlichen, aber in Deutschland geradezu verdammten Zutat. Im Bier jedenfalls.
Bio und Öko also – die Anmutung des kleinen Verkaufsraums ist da nur konsequent. Die Wellblechkonstruktion der Halle eher nicht.
Nach einem kurzen Moment taucht ein junger Mann hinter dem Tresen auf. Und wie leider so oft in Frankreich, dem Land, in dem Schulbildung zwar groß geschrieben, aber offensichtlich völlig falsch buchstabiert wird, passiert es mir, dass ich auf die unschuldige Frage, ob er den Englisch verstehen würde, in ängstlich aufgerissene Augen blicke. „Non, non“, heißt es, mit Panik im Blick, als ob ich ihn mit einer Waffe bedrohen würde.
Unverdrossen versuche ich es trotzdem und frage zunächst, wie viele verschiedene Biere es denn hier im Angebot gebe. „Quatre“, lautet die Antwort auf meine in Englisch vorgebrachte Frage, und als ich anschließend darum bitte, von jeder Sorte eine Flasche zu bekommen, stehen im Nu vier verschiedene Flaschen vor mir auf dem Tresen. Na bitte, es geht doch!
Verstehen tun die meisten jungen Menschen das Englische nämlich recht gut, sie genieren sich meistens nur, es aktiv zu benutzen. Und das leider nicht zu Unrecht – denn eine halbwegs verständliche Aussprache wird in französischen Schulen tatsächlich kaum gelehrt. Wie oft habe ich mich schon in meinem multinationalen Berufsumfeld über meine französischen Mitarbeiter geärgert, deren mit angeblich besten Noten nachgewiesenes Englisch nur dann verständlich ist, wenn man selbst auch etwas Französisch, zumindest aber dessen Aussprache beherrscht… Andernfalls kommt es immer wieder zu Anekdoten wie der von vorletzter Woche: Ein längerer Diskussionsbeitrag des Franzosen, anschließend die Erinnerung durch unseren ebenfalls nicht gerade intellektuell überzeugenden US-Amerikaner, er möge doch bitte die vertraglich vereinbarte Sprache, Englisch nämlich, benutzen, und dann die resultierende, ziemlich zornige Replik des Franzosen, er habe doch gerade Englisch gesprochen…
Fremdschämen ist angesagt.
Hier, am Tresen der kleinen Brauerei allerdings nicht, denn der junge Mann bemüht sich jetzt sehr tapfer, meine englischen Fragen zu verstehen und in deutlich artikuliertem Französisch zu antworten. Und so finden wir Schritt für Schritt zusammen. Ich erfahre, dass die Brauerei vor vier Jahren erst gegründet worden sei, und wie wichtig dies für die Region gewesen sei. Immerhin sei die große Brauerei Amos vor mittlerweile rund 25 Jahren nach dem Aufkauf durch die Deutschen geschlossen worden, und dann habe es in der Region kein eigenes Bier mehr gegeben. Nun, mit La Bière de Metz, gebe es aber wieder regionales Bier, strahlt mich mein Gegenüber an.
Stimmt, und mit der Microbrasserie Bon Poison mittlerweile sogar im eigentlichen Stadtgebiet, denke ich mir, denn vor einer Stunde erst habe ich die Geschichte rund um die Brasserie Amos dort schon einmal gehört. Aber ich sage nichts.
Und neben Bier gebe es auch diverse Fruchtsäfte, fährt er fort. Selbstverständlich seien diese auch bio, das sei doch klar. Ohne jede Konservierung. Reine Natur. Direkt vom Bauernhof.
Auf die verzichte ich jetzt aber. Eigentlich war der Bierkauf bereits Übermut, denn der Kofferraum meines kleinen Diesels quillt schon fast über vor unterwegs eingekauften bierigen Schätzen, und ich habe der Not gehorchend meinen Koffer schon auf die Rückbank legen müssen.
Ob ich denn noch einen Blick in das Sudhaus werfen könne, möchte ich noch wissen, bevor ich mich wieder auf den Weg mache. Aber ich ernte nur ein bedauerndes Kopfschütteln. Das ginge leider nicht. Keine Begründung, aber eine Miene, die keine Zweifel und ein Nachbohren als unnötige Zeitverschwendung erscheinen lässt.
Dann also nicht. So bleibt es halt beim Bierkauf, immerhin, und bei ein paar Zielfotos vom wenig schmucken Äußeren der Brauerei.
Die kleine, 2013 gegründete Brauerei La Bière de Metz hat ihren Rampenverkauf mittwochs bis freitags von 10:00 bis 12:00 Uhr und von 15:00 bis 19:00 Uhr geöffnet; sonnabends von 10:00 bis 19:00 Uhr durchgehend. Zu erreichen ist die Brauerei sinnvoll nur mit dem Auto. Im Gewerbegebiet Zac (zone d’aménagement concerté) du Breuil befindet sie sich direkt neben dem großen Lidl und verfügt über eigene Parkplätze.
La Bière de Metz
Zac du Breuil
57245 Jury
Frankreich
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