Le Ch’timi
Nancy
FRA

Also wirklich – ist es das, wessentwegen ich hierher gelaufen bin? Da soll ich jetzt reingehen und ein Bier trinken?

Ich stehe für einen Moment ziemlich überrascht vor der kleinen Bierbar Le Ch’timi, die mir gestern so wärmstens empfohlen worden war, und blicke auf eine völlig verkitschte Weihnachtsdekoration. Riesige, weiße Teddybären hängen an der Fassade des Gebäudes und turnen auf Tannenzweigen und bunten Christbaumkugeln herum. Ich komme mir vor wie in einer dieser grässlich dekorierten amerikanischen Shopping-Malls und mache vor Schreck die Augen zu.

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Weihnachten im Le Ch’timi

Als ich sie einen Moment später wieder öffne, ist der Schreck nicht mehr ganz so groß. Und bei genauem Hinsehen: Irgendwie sind die großen Teddys ja auch schon wieder recht niedlich. Mein Enkel wäre jedenfalls jetzt begeistert.

Also, das Bier lockt, und mutig gehe ich über die kleine Terrasse und betrete die Bar.

Die nächste Überraschung: Ich laufe geradewegs auf eine Theke zu, auf der wie mit dem Lineal gezogen sechzehn aufwändige Zapfsäulen stehen. Dicht an dicht, golden glänzend, sorgfältig poliert. An einigen hängen gravierte Messingtäfelchen mit dem Namen der Brauerei, andere haben einen bunten Tap-Handle, der über das Bier informiert, und manche schließlich haben beides. Dazu auch hier bunte Weihnachtsdekoration, und zusammen mit dem goldenen Glanz des polierten Metalls ergibt sich ein kitschiges, aber auch beeindruckendes Bild.

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weiße Teddybären auch drinnen an der Bar

Die kitschige Präsentation ist eigentlich nur konsequent, und wenn ich ganz ehrlich bin: Je länger ich sie betrachte, um so mehr gefällt sie mir. Um so gemütlicher wird es hier, in der kleinen, verwinkelten Bar.

Ein kleiner Tisch direkt gegenüber der Theke und neben dem Eingang bietet mir einen freien Platz mit Blick auf die Zapfhähne, und ein dicker Vorhang schützt mich vor dem kalten Luftzug, wann immer ein Gast die Bar betritt oder verlässt.

Neugierig schaue ich auf die schwarze Tafel neben der Bar. Fünf verschiedene Weihnachtsbiere sind hier angeschrieben, die meisten davon guter belgischer und französischer Tradition folgend alkoholstark und wärmend. Die Auswahl fällt schwer, und ich entscheide mich schließlich für das erste Bier auf der Liste, das Grimbergen de Noël.

Der freundliche junge Barmann zapft das Bier in ein mit Schneeflocken weihnachtlich verziertes Glas und serviert es mir an den Tisch. Appetitlich und einladend schaut es aus, und es erfreut mich mit einer großen Aroma- und Geschmackskomplexität. Aromen von dunklen Trockenfrüchten, rotweinartige Duftkomponenten, wärmender Alkohol – obwohl es aus der Bierfabrik von Alken-Maes kommt, schmeckt es dennoch hervorragend.

Ich sehe mich in der kleinen Bar ein wenig um. Etwas verwinkelt ist alles. Vom Schankraum kommt man über zwei Stufen in einen kleinen Nebenraum; auch dieser ist eng möbliert und bunt dekoriert. Mitten im zweiten Raum steht ein eindrucksvoller Bierschrank. Hinter dicken, isolierenden Glasscheiben stehen hier ’zig verschiedene Flaschenbiere, sorgfältig temperiert – vom leichten und erfrischenden bayerischen Weißbier bis zum mehr als 10% starken Trappistenbier sind alle wichtigen Stile der Welt hier vertreten. Was für eine Auswahl – wie oft müsste ich hierher kommen, um mich einmal durch dieses Angebot zu trinken…

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der wunderbare Bierkühlschrank

Der Schrank selbst gefällt mir: Es ist ein Kühlschrank, ohne jedoch wie ein Kühlschrank auszusehen. Holzverkleidet, mir kräftigen Riegeln, die die Türen schließen, und durch die verhältnismäßig kleinen Scheiben blickt man auf die wie in einer Vitrine aufgereihten Biere. Sehr schön!

Ein zweites Weihnachtsbier gönne ich mir noch und entscheide mich für das Barbe de Noël der Brouwerij Verhaeghe. Noch etwas fruchtiger und estriger als das erste ist es, aber gleichzeitig auch noch ein wenig alkoholischer, noch wärmender. Während es draußen knapp über dem Gefrierpunkt regnet und der Wind durch die schmalen Gassen der Altstadt pfeift, wärmt dieses Bier ganz wunderbar von innen.

Langsam verstreicht der Nachmittag, draußen wird es dunkel, und die kleine Bar füllt sich langsam. Jüngere Pärchen, ältere; einzelne distinguierte Herren; ein Damenkränzchen. Es wird lauter, und der junge Barmann hat keine Zeit mehr für längere Gespräche. Nicht, dass er kurz angebunden oder gar weniger höflich wäre, aber langer Small Talk findet nicht mehr statt. Und so erfahre ich zwar noch, dass das Bierangebot rund zweihundert verschiedene Flaschenbiere umfasst, und dass die deutschen Weißbiere, obwohl sie doch im Moment gar nicht zur Jahreszeit passen, sich großer Beliebtheit erfreuen würden, aber was es mit den riesigen, weißen Teddys auf sich hat, das bleibt für heute ein Geheimnis.

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was für eine beeindruckende Zapfhahn-Batterie

Wer weiß … vielleicht verschlägt es mich irgendwann wieder einmal nach Nancy, und dann wird mich mein Weg als allererstes in die Straße direkt neben der Basilika Saint-Epvre führen, und ich werde prüfen, ob die weißen Teddybären fester Bestandteil der Dekoration sind, oder nur die Adventszeit 2017 begleitet haben.

Die Bierbar Le Ch’timi mit sechzehn Fass- und mehreren hundert Flaschenbieren ist täglich ab 10:00 Uhr durchgehend geöffnet; sonnabends und sonntags bereits ab 09:30 Uhr. Kein Ruhetag. Zu erreichen ist die Bar bequem zu Fuß, es sind etwa 300 m vom Place Stanislas. Alternativ bietet sich der Stadtbus P’tit Stan de Nancy an, die Haltestelle 442 Palais Ducal liegt gerade um die Ecke.

Bilder

Le Ch’timi
17 Place Saint-Epvre
54000 Nancy
Frankreich

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