Ich gebe es zu: Ich kann gar kein italienisch. Und doch konnte ich nicht widerstehen, als ich durch Neapel bummelte und in einer Buchhandlung ein Buch über das Hausbrauen liegen sah. War es Sammlerinstinkt oder war es die völlige Selbstüberschätzung, mithilfe meiner aus längst vergangenen Schulzeiten übriggebliebenen Latein-Kenntnisse dieses Buch lesen können zu wollen? Der Titel war auf alle Fälle schon einmal leicht zu verstehen: Birre fatte in casa – Bier zuhause hergestellt.
Das Buch ist, wie der Name des Autors, Greg Hughes, schon suggeriert, eigentlich kein wirklich italienisches Buch, sondern lediglich eine Übersetzung aus dem Englischen. Das Original mit dem Titel Home Brew Beer stammt aus dem Jahr 2013 und wurde mittlerweile ins Spanische, Französische, Italienische, Deutsche, Portugiesische, Schwedische und Niederländische übersetzt. Und zwar konsequent.
Letzteres fällt bereits beim ersten Aufblättern auf. Das Buch beginnt mit einem Vorwort des damaligen Vorsitzenden der Society of Independent Brewers (SIBA), Keith Bott, und es ist bezeichnend, dass dieses Vorwort unterschrieben ist mit „Keith Bott, Presidente della Società di Birrificatori Indipendenti“. Es bleibt also dem Leser überlassen, herauszufinden, ob es wirklich eine italienische Organisation dieses Namens gibt (nein!), oder wie diese Organisation in Wirklichkeit heißt (siehe oben: SIBA). Zu konsequent übersetzt, also!
Abgesehen davon gefällt das Buch aber. Quadratisches Format, hochwertiges Papier, durchgehend farbig gedruckt. Nach Botts und Hughes’ Vorworten folgen jeweils auf einer Doppelseite Darstellungen der Geschichte des Bierbrauens, des Craft-Bier-Booms (Il boom della birra artigianale) und des Brauprozesses. Danach geht es ins Eingemachte. Auf zwanzig Seiten werden die Zutaten Schritt für Schritt vorgestellt – natürlich, denn es handelt sich schließlich nicht um ein deutsches Buch, auch über die Grenzen des sogenannten „Reinheitsgebots“ hinausgehend. Malz, Hopfen und Hefe als die wichtigsten Zutaten werden nicht nur ausführlich beschrieben, sondern es wird auch in jeweils einer Tabelle eine Übersicht über die gängigsten Produkte am Markt gegeben.
Der nächste Abschnitt beschreibt den Brauprozess im Detail. Welche drei wesentlichen Methoden gibt es (Braukit, Extraktbrauen, Vollmaische-Brauen), welche Materialien braucht man dafür, worauf ist in den verschiedenen Phasen des Brauprozesses besonders zu achten? Man kann geteilter Meinung sein, ob es Hughes in diesem Abschnitt gelingt, einen Anfänger wirklich Schritt für Schritt an das Hobby heranzuführen, doch mit ein wenig Vorwissen und ein paar Schulkenntnissen aus Chemie und Biologie sollte es gelingen, sich in die Abläufe hinein zu fuchsen.
Den größten Teil des Buchs, etwa zwei Drittel, nimmt eine umfangreiche Rezeptsammlung ein. Gegliedert in vier Kapitel (etwas merkwürdig: Lager, Ale, Weizenbier und gemischte Stile) und untergliedert nach Bierstilen (Pilsner, Bock, Pale Ale, IPA, Porter, Stout, Weizen, und viele weitere mehr) finden sich jeweils auf einer ganzen Seite zahlreiche Rezepte. Die Angaben sind knapp, klar strukturiert und auf ein Standard-Equipment hin optimiert. Dort, wo es die Möglichkeit gibt, sind kurze Hinweise auf Variationen des Standardrezepts angefügt.
An der einen oder anderen Stelle habe ich meine Zweifel, ob die Rezepte nicht manchmal eine Präzision vorgaukeln, die im eigentlichen Brauprozess kaum einen Unterschied machen (beispielsweise erfordert das American Pilsner angeblich sieben einzelne Hopfengaben, die gramm- und minutengenau erfolgen sollen), an anderer Stelle dafür aber zu grob und vereinfacht sind (nahezu alle Maischen erfolgen einfach nur eine Stunde lang bei 65°). Um dies aber zu belegen, müsste ich die Rezepte einmal sorgfältig nachbrauen und leicht variieren.
Aufgelockert wird die schier endlose Liste von Rezepten durch ganzseitige Farbaufnahmen frisch eingeschenkter, selbst gebrauter Biere. Schön anzusehen, auch wenn manchmal die Kombination Bierstil und Glas etwas unpassend erscheint, beispielsweise, wenn ein fruchtiges, leichtes Summer Ale, das vermutlich mit viel feinen und estrigen Aromen zu überzeugen weiß, in einem robusten, schweren Glaskrug eingeschenkt wird, der die Aromenvielfalt wohl gar nicht voll zur Geltung kommen lässt.
Das Buch schließt mit ein paar weiterführenden Informationen: Einigen Internet-Links (ausschließlich zu englischsprachigen Foren), einem Glossar und einem Index sowie einigen linierten Leerseiten (für Notizen).
In der Summe vielleicht nicht das absolute Standardwerk, ohne das jeder Hausbrauer ein seinem Hobby kläglich versagen wird, aber doch ein nettes Buch zum Nachschlagen und mit vielen Rezepten, die einen Anhalt für spannende Eigenkreationen geben.
Greg Hughes
Birre fatte in casa
Gribaudo – IF – Idee editoriali Feltrinelli srl
Milano, 2014
ISBN 987-88-580-1200-0
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