Zu jedem Bier gehört eine Story, zu jeder Brauerei eine Geschichte. Egal, wie jung oder neu eine Brauerei sein mag – immer gibt es eine Vorgeschichte, eine Historie, aus der sich alles wie logisch entwickelt zu haben scheint.
Auch die kleine Pivovar Krum in Moravský Krumlov wartet mit einer jahrhundertelangen Tradition des Bierbrauens in der kleinen mährischen Stadt auf, und dabei ist sie doch vor gerade erst dreieinhalb Monaten in Betrieb gegangen…
Von den allerersten Anfängen des Bierbrauens ist die Rede, von einer kleinen Brauerei in der Nähe des Schlosses, direkt bei der Mühle. Davon, dass nach und nach die Bierproduktion von den umliegenden Dörfern in den Ort wanderte und die Brauerei so zum größten Bierproduzenten der Region zwischen Dalešice und Znojmo geworden ist. Leider natürlich auch davon, dass zwei Weltkriege und die Zentralisierung der Bierproduktion im Sozialismus dem Brauen im Ort ein Ende gesetzt haben.
Keimzelle für die Wiederaufnahme des Braubetriebs waren die verfallenen Gebäude der alten Zuckerfabrik Moravský Krumlovs aus dem Jahr 1872, die bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs in Betrieb war, dann als Versorgungslager für Truppen des deutschen Afrikakorps diente und schließlich zum Ende des Krieges in Brand gesteckt wurde. Siebzig Jahre nach Ende des Kriegs wurde das Verwaltungsgebäude der Zuckerfabrik renoviert und in ein Hotel umgebaut, davor entstand in einem kleinen Nebengebäude eine Brauerei. Im Sommer 2017 gingen beide, das Hotel Rokiten und die Pivovar Krum in Betrieb.
Ein kleines und einladendes Gebäude-Ensemble, umgeben von zum großen Teil gesichtslosen Plattenbetonbauten einer Neubausiedlung, erwartet uns. Wir stellen das Auto ab und gehen über einen mit großen Natursteinplatten grob gepflasterten Parkplatz zum Eingang des Hotels. Rechts von uns sehen wir das Nebengebäude, in dem sich die Brauerei befindet, aber jetzt, im Winter, ist dort alles geschlossen. Die Rollläden sind heruntergelassen, alle Türen fest verriegelt.
Aber das Hotelrestaurant hat geöffnet. Moderne, helle und trotzdem gemütliche Innenarchitektur empfängt uns. Direkt neben der Rezeption steht ein Kühlschrank mit Bieren aus eigener Produktion zum Mitnehmen – diese Art des Rampenverkaufs ist überall in Tschechien sehr beliebt. Große PET- oder Glasflaschen, am gleichen Tag erst abgefüllt, werden nach der Arbeit oder nach einem Ausflug gekauft, mit heimgenommen und frisch getrunken.
Wir wollen aber vor Ort trinken, und nach Möglichkeit auch eine Kleinigkeit essen, und so lassen wir den Kühlschrank rechts liegen und wenden uns in die andere Richtung, ins Restaurant.
Groß ist es nicht, aber ansprechend. Wir suchen uns einen schönen Platz nicht weit von der Heizung, und blitzschnell steht die junge und freundliche Kellnerin neben uns. Wir haben eigentlich noch gar nichts gesagt, haben uns noch gar nicht mit ein paar radebrechenden Floskeln als Ausländer offenbart, aber offensichtlich hat schon der kurze Gruß „Dobrý Den!“ – „Guten Tag!“ genügt… Jedenfalls lautet gleich die erste Frage, ob wir denn statt der tschechischen lieber eine englische oder deutsche Speisekarte haben wollten.
Eigentlich ungewöhnlich, denn selbst, wenn es mehrsprachige Speisekarten gibt, lautet die Eingangsfrage doch eigentlich immer, welches Bier man denn gerne trinken möchte. Wohlgemerkt: Nicht, was man trinken möchte, sondern welches Bier. Denn dass es Bier ist, wird als selbstverständlich vorausgesetzt.
Aber ich kann beruhigt sein: Es ist unmittelbar nach Klärung der Sprache die zweite Frage, die gestellt wird. Welches Bier darf es denn sein? Und unvermeidlich kommt meine Gegenfrage, was es denn alles im Angebot gebe.
Wir beginnen mit einem elfgrädigen Hellen, dem Krum 11°. Ein schönes, süffiges Allerweltsbier. Ein feines Diacetyl-Aroma, ein deutlicher malzbetonter Körper, dezente Hopfennoten. Schön ausgewogen. Kein einzigartiges Bier, nichts wirklich Besonderes, aber ein dezenter Begleiter einer Unterhaltung oder eines guten Essens.
Eben dieses folgt dann auch rasch. Zum Auftakt eine wunderbar sahnige Knoblauchcremesuppe, anschließend Rinderbacke und Schweineschulter, beide butterzart, und insbesondere die Schweineschulter in allerbester Tradition zubereitet, so dass sie jedem fränkischen Schäuferla zur Ehre gereichen würde.
Dazu das Krum 11° Polotmavé, ein Halbdunkles, ebenfalls sehr süffiges Elfgrädiges.
Statt eines Nachtischs probieren wir noch das Dunkle. Ein wenig stärker, mit 12° Stammwürze. Malzig und rund, eine leichte Restsüße, aber dennoch auch reichlich gehopft mit einer feinen Bittere. Gerade so viel, dass die Restsüße nicht mastig, nicht zu sättigend wird.
Drei grundsolide Trinkbiere, dazu ein wirklich ausgezeichnetes Essen, deutlich besser, als hier in der Provinz erwartet. Serviert von jungen, freundlichen und aufmerksamen Damen, die sich über das wohlverdiente Trinkgeld auch ehrlich freuen – eine echte Empfehlung!
Schade nur, dass es heute nicht möglich war, einen Blick in die Brauerei zu werfen. Dazu würde sich sicherlich ein Besuch in der warmen Jahreszeit empfehlen, wenn die Rollläden im Brauhaus geöffnet werden und ein kleines Biergärtchen vor dessen Tür eingerichtet wird.
Beim Rausgehen ignorieren wir den Bierkühlschrank aber kein zweites Mal: Eine Flasche des derzeit angebotenen Saisonbiers nehmen wir noch mit und genießen das Fastenbier, das Masopustní Speciál, daheim. 5,8% Alkohol heben es etwas heraus, machen es zu einem runden, vollen und recht intensiven Geschmackserlebnis. Schön!
Das Restaurant im Hotel Rokiten, zu dem die Pivovar Krum gehört, ist täglich ab 11:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Zu erreichen ist es am besten mit dem Wagen; gebührenfreies Parken direkt im Hof. Alternativ bietet sich der Linienbus an, Haltestelle Jatky, und von dort aus etwa dreihundert Meter immer der Ausschilderung zum Schwimmbad folgen – Brauerei und Hotel liegen genau gegenüber des Eingangs.
Pivovar Krum
Znojemská 393
672 01 Moravský Krumlov
Tschechien
Hinterlasse jetzt einen Kommentar