Pilsner Urquell Original Restaurant Drápal
Olomouc
CZE

Das Pilsner Urquell setzt nach wie vor den Standard. Eine ganze Stilrichtung ist nach dem Ursprungsort dieses Biers benannt, und auch wenn manche Interpretationen des Stils schon sehr freizügig mit den Originalparametern umgehen, so ist der Einfluss des Originals doch nicht wegzudiskutieren.

Selbst wenn es über die Jahrzehnte die eine oder andere behutsame Anpassung im Geschmacksprofil gegeben haben soll, im Wesentlichen blieb das Originalrezept unangetastet – ungeachtet wechselnder Eigentümern (zuletzt fiel die Brauerei Plzeňský Prazdroj in die Hände des japanischen Bierkonzerns Asahi). Der Erfolg gibt diesem Ansatz recht: Das Pilsner Urquell ist eines der erfolgreichsten, stilprägenden Biere überhaupt, und das hat seinen Grund. Es schmeckt einfach hervorragend ausbalanciert, süffig, erfrischend, durstlöschend und kann ein Begleiter durch den ganzen Tag sein.

Eigentlich.

Uneigentlich findet man rund um den Globus leider überlagerte und überalterte Dosen, im gleißenden Sonnenlicht warm gelagerte Flaschen, schlecht gereinigte Leitungen und Zapfarmaturen. Weltweit scheint erfolgreich eine Studie zu laufen, was man dem Bier alles antun kann, um seinen Geschmack zu zerstören. Die Bierverhunzer sind unter uns!

Wer schon einmal das Glück hatte, das Pilsner Urquell an seinem Ursprungsort in der Plzeňský Prazdroj zu genießen, und davor oder danach das Pech, das gleiche Bier ungepflegt und misshandelt trinken zu müssen, versteht, warum die Brauerei ein Netz von Pilsner Urquell Original Restaurants aufbaut, in denen das Bier in Tanks statt in Fässern bereitgestellt wird, die Bierpflege unter direkter Kontrolle der Brauerei stattfindet, und so alles dafür getan wird, auch weit von Plzeň entfernt das Original-Geschmackserlebnis zu ermöglichen.

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Pilsner Urquell Original Restaurant Drápal

Eines dieser Restaurants ist das Pilsner Urquell Original Restaurant Drápal in Olomouc. Am Rand der historischen Altstadt, gerade etwas außerhalb, an einer vielbefahrenen Kreuzung ist die Lage vielleicht nicht optimal, und auch von außen wirkt das Restaurant eher unscheinbar. Nachdem wir durch die Eingangstür getreten sind, empfangen uns aber eine gemütliche und einladende Atmosphäre und freundliche, aufmerksame Bedienungen.

Die Einrichtung ist typisch für diese Restaurantkette. Über der Zapfanlage an der Theke schwebt eine kupferne Haube, die an einen Braukessel erinnern soll, und auch sonst ist rund um die Theke viel Kupfer in den Deko-Elementen verbaut. Ansonsten dominieren dunkelgrüne Farbe und dunkles Holz. Das Mobiliar ist simpel, aber nicht primitiv, und die Wände sind mit alten Reklamebildern für das Pilsner Urquell geschmückt, aber es finden sich auch einige alte Gebrauchsgegenstände aus dem Brauereiumfeld, seien es nun Rührscheite, Kupferkannen oder überdimensionierte und reich verzierte Bierkrüge. So, wie man sich ein tschechisches Bierrestaurant vorstellt.

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klassischer, tschechischer Stil

Wir suchen uns einen Platz im oberen Bereich, direkt am Fenster, und haben einen Blick quer über die große Kreuzung. Nicht schön, es ist aber unterhaltsam und kurzweilig, das Geschehen auf der Straße zu verfolgen.

Die Karte offeriert das Pilsner Urquell in verschiedenen Versionen, unterschiedlich gezapft – eine Tradition, die es eigentlich nur hier in Tschechien gibt. Fünf verschiedene Methoden gibt es, und jede hat ihre Liebhaber oder einen Anlass, sie zu nutzen:

Čochtan: Das Glas wird vorsichtig in einem Zug gefüllt, so dass sich möglichst kein Schaum bildet und das Bier beim Einschenken nicht verwirbelt. Kenner schätzen diese Art des Zapfens ohne Schaum, weil die im Bier gebundene Kohlensäure dort bleibt, wo sie ist. Das Bier wird dadurch spritziger, sprudeliger und gerade im Sommer erfrischender. „Rülpswasser“, sagen die, denen diese Art des Zapfens nicht behagt.

Hladinka: Für den Barmann die schwierigste Art, zu zapfen. In einem Zug sollte das Glas gefüllt werden und gleichzeitig eine schöne Schaumkrone aufweisen. Den Gast erfreut es, weil er sein Bier idealerweise bereits nach wenigen Sekunden serviert bekommt, eine schöne Schaumkrone bewundern kann und das Bier selbst noch eine ordentliche Rezens bewahrt. Es funktioniert nur mit perfekt gespülten Gläsern, der richtigen Temperatur und viel, viel Routine des Barmanns. Geht’s schief, bekommt der Gast entweder ein Bier fast ohne Schaum (čochtan) oder eines, bei dem der Schaum überläuft und schlimmstenfalls, wie bei Heineken, mit einem Schabmesser abgestreift werden muss. Das ist dann überhaupt keine Zapfmethode mehr, sondern ein Graus!

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nadvakrát, hladinka, šnyt, mlíko, čochtan

Nadvakrát: Auf zwei Mal, also in zwei Zügen. Zunächst wird das Glas mit schaumlosem Bier gefüllt, anschließend eine Schaumkrone draufgezapft. Für den Barmann ist es einfach, den Gast enttäuscht es meistens, weil das spritzige, rezente Bier unter dem Schaum und die gewaltsam aufgeschäumte Krone keine harmonische Verbindung eingehen. Das Bier verliert ein wenig an Charakter. Gleichwohl ist es die häufigste Zapfmethode, weil am einfachsten zu erlernen. „Leider“, sagen die tschechischen Bierexperten.

Šnyt: Diese Methode des Zapfens kennen wir im Fränkischen ebenfalls, es handelt sich um den Schnitt, genauso gesprochen, lediglich anders, tschechisch, geschrieben. Das große Halbliterglas wird mit viel Schwung gefüllt. Viel Schaum, ein wenig Bier; wenn sich der Schaum gesetzt hat, läuft es auf ein halbes Glas oder etwas mehr hinaus. Gerne als Abschlussbier getrunken, wenn ein ganzes Glas nicht mehr reinpasst. Durch das schwungvolle Zapfen bildet sich einerseits ein sehr schöner Schaum, andererseits entbindet sich auch viel Kohlensäure, das Bier wird ruhiger, weniger spritzig und belastet den schon prall gefüllten Magen nicht noch zusätzlich. In Franken wie in Tschechien am Ende sehr beliebt. Und wenn man dann feststellt, dass es doch noch nicht genug war, dann kann man ja noch einen zweiten šnyt bestellen, muss sich aber ob dieser Fehleinschätzung des eigenen Trinkvermögens auf das Lästern des Barmanns oder der Barfrau gefasst machen.

Mlíko: Ein Glas Milch, so scheint es. Das Glas muss zwingend frisch gespült sein, innen nass. Dann wird der Zapfhahn leicht gedrosselt und das Glas bis zum Rand mit frischem, kremigem Schaum gefüllt. Die Kenner trinken es dann rasch in einem Zug aus – schnell, bevor Bier und Schaum beginnen, sich zu trennen. Das Bier schmeckt so ein wenig süßlicher, die Bittere des Hopfens wird mehr in den Hintergrund gedrängt. Dass die viele Kohlensäure aus dem Schaum hinterher den Magen bläht, nun, das ist ja erst hinterher. Das wird während des Trinkens noch verdrängt. Erstmal zählt der Genuss! Und der ist gar nicht mal so schlecht! (Für die Geizkrägen: Lässt man den Schaum abstehen, dann stellt man fest, dass das Bierglas gut zu zwei Dritteln mit Flüssigkeit gefüllt ist. Da ein mlíko auch etwas preiswerter angeboten wird als beispielsweise ein nadvakrát, passt das dann auch preislich. Keine Sorge!)

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mlíko

Nun denn, wir entscheiden uns heute einmal für ein mlíko, begehen aber den Fauxpas, es nicht sofort auf einen Zug zu trinken. Der erste Eindruck ist in der Tat kremig, sahnig fast, ein wenig süßlich. Sehr schön. Aber das Halbliterglas ohne abzusetzen auszutrinken, das gäbe dann schon einen Blähbauch. Stattdessen Schluck für Schluck genossen, wandelt sich das mlíko langsam in eine Art Ungespundetes, also ein Bier fast ohne Kohlensäure. Das Pilsner Urquell verträgt diese merkwürdige Behandlung, aber es gibt Biere, die danach völlig geschmacklos enden würden.

Zum mlíko bekommen wir deftige lokale Küche. Viel Fleisch, viel Kartoffeln, eher wenig Gemüse. Salat nur auf ausdrücklichen Wunsch. Zwar bietet die Speisekarte auch ein paar vegetarische Gerichte, aber man merkt der Auswahl an, dass dies nicht das Hauptinteresse der Restaurantbetreiber ist. Tschechische Küche ist und bleibt fleischbetont.

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ansprechende Einrichtung

Uns stört es nicht, und wir genießen die Speisen, den angenehmen Service, die klassische Atmosphäre und stellen später am Abend im direkten Vergleich mit der Nachbarkneipe daheim auf dem Land fest, dass die Bierpflege, die Lieferung in Tanks (pivo tankové) und die Zapfkunst des Barmanns oder der Barfrau in der Tat einen Unterschied machen. Der Aufwand lohnt sich.

Man merkt’s allerdings auch am Preis – während ein halber Liter Pilsner Urquell auf dem Land immer noch unter 1,50 EUR liegen kann, kostet das Tankbier hier immerhin schon umgerechnet 1,75 EUR.

Das Pilsner Urquell Original Restaurant Drápal ist täglich ab 11:00 Uhr bis Mitternacht durchgehend geöffnet, sonntags nur bis 23:00 Uhr; kein Ruhetag. Zu erreichen ist es bequem mit der Straßenbahn, die Linien 1 und 4 halten direkt vor dem Restaurant.

Bilder

Pilsner Urquell Original Restaurant Drápal
Havlíčkova 1
772 00 Olomouc
Tschechien

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