Seit 2003 findet jedes Jahr im Juni – von der Großbrauerei Żywiec gesponsert – in Polen ein Hausbräu-Wettbewerb statt. Im Jahr 2007 konnte ich erstmals daran teilnehmen und habe meine Erfahrungen in einem Bericht für die Vereinszeitung der Vereinigung der Haus- und Hobbybrauer in Deutschland e.V., den Schalander, verpackt:
Verkostungsmarathon in Żywiec
Vom 15. bis zum 16. Juni 2007 fand in Żywiec in Südpolen zum fünften Mal der nationale polnische Hausbrauerwettbewerb statt – Volker R. Quante, der Chief Beer Officer vom Brunnenbräu®, und Dirk Wagner, der Bier-Attaché der Hausbrauer Nassauer Land, waren mit dabei.
Zwar gibt es in Polen (noch?) keinen nationalen Hausbrauerverein wie den VHD, aber unter Sponsorschaft einer der größten Brauereien Polens, der Żywiec-Brauerei, und eines engagierten Internetshops für Hausbrauzubehör, Browamator, findet seit 2003 jeweils im Juni ein Hausbrauwettbewerb statt, an dem sich zunehmend mehr polnische Haus- und Hobbybrauer beteiligen. Eingebettet ist dieser Hausbrauwettbewerb in ein großes Brauereifest und in eine Tauschbörse für Bierdevotionaliensammler, die dieses Jahr zum 12. Mal stattgefunden hat und an der sich weit über hundert Sammler beteiligten.
Verkostungsmarathon
Insgesamt waren sechs Bierkategorien zur Verkostung aufgerufen: Irish Red Ale, Belgisches Klosterbier Tripel, Bockbier, Dunkles Hefeweizen, Baltisches Porter und Grodzisker Bier. Die letzten beiden Kategorien bedürfen vielleicht ein wenig der Erläuterung: Beim Baltischen Porter handelt es sich um ein tiefschwarzes, starkes und leicht röstiges Bier, das sich aber trotz des Röstgeschmacks einen weichen, malzigen Charakter bewahrt, der im Aroma und im Abgang deutlich zur Geltung kommt und mit der alkoholischen Wärme, die die bis zu 9,5 % Alkohol verursachen, herrlich harmoniert. Eine Spezialität der Ostseeanrainerstaaten, die insbesondere in Polen und Litauen noch häufig von kommerziellen Brauereien produziert wird. Das Grodzisker Bier hingegen ist außerhalb Polens völlig unbekannt, innerhalb Polens kommerziell seit 15 Jahren ausgestorben. Hier handelt es sich um ein leichtes (ca. 8% Stammwürze), helles, leicht milchsaures Weizenbier, das sich von der ähnlichen Berliner Weisse durch seine deutlich mildere Säure und seinen dezenten, aber spürbaren Rauchgeschmack unterscheidet – eine typische Schüttung für dieses Bier ist 20 % helles Rauchmalz, 40 % Pilsner Malz und 40 % helles Weizenmalz, bei einer Ergiebigkeit von bis zu 120 Litern aus 15 kg Malz!
Sechs verschiedene Biersorten, bei jeweils etwa acht bis 15 Teilnehmern – insgesamt gab es gut 75 Biere zu verkosten. Eine Aufgabe, die mit freiwilligen Verkostern allein nicht zu schaffen gewesen wäre – ich glaube, dieses Problem ist uns beim VHD nur allzu vertraut. Die Sponsorenschaft durch die Żywiec-Brauerei ermöglichte es aber dem Organisator des Wettbewerbs und Gründervater der Hausbraubewegung in Polen, Dr. Andrzej Sadownik, auf professionelle Verkoster aus dem Qualitätssicherungsbereich mittelständischer Brauereien zurückzugreifen, so dass letztendlich genügend fachkundige Gaumen die Qualität der eingereichten Biere bewerten konnten.
Biertrinken kann tatsächlich harte Arbeit sein
Dirk Wagner und ich verkosteten am Freitag gemeinsam mit drei polnischen Juroren die Belgischen Tripel, was angesichts des hohen Alkoholgehalts trotz der jeweils geringen Mengen eine echte Herausforderung war. Die Qualität der eingereichten Biere war durchweg sehr hoch und konnte sich locker mit dem Niveau der an den Haus- und Hobbybrauertagen angebotenen Biere messen, wenn nicht sogar sie übertreffen. Nach einer langen und erholsamen Pause zur Beruhigung der Geschmacksnerven, in der wir Gelegenheit hatten, die Sammlertauschbörse, aber auch die Brauerei ausführlich zu besichtigen, verkosteten wir am späteren Abend in einem separaten Wettbewerb noch sechs kommerzielle Hefeweißbiere, die von polnischen Gasthausbrauereien eingereicht worden waren. Auch hier trafen wir auf ein grundsätzlich hohes Niveau, das aber doch noch spüren ließ, dass die Erfahrungen mit diesem für Polen noch neuen Biertyp sehr frisch sind. Die Interpretation, was ein Hefeweißbier ist, war recht frei, so dass auch ohne Geschmacksfehler eine sehr große Bandbreite an Geschmackserlebnissen anzutreffen war.
Der nächste Morgen konfrontierte uns mit der Kategorie Irish Red Ale, die vom Alkoholgehalt zwar leichter zu verkraften, aber aufgrund der geschlossen hohen Qualität noch schwieriger zu bewerten war, als das Tripel am Vortag.
Nach der Siegerehrung im Festzelt der Brauerei konnte der Nachmittag für eine Besichtigung des wirklich eindrucksvollen Brauereimuseums genutzt werden, bevor am Abend das Brauereifest mit einem Rockkonzert beendet wurde.
Zurück in dem Feriendörfchen, in dem die Verkoster und die Organisatoren des Hausbrauwettbewerbs untergebracht waren, nutzten wir die Gelegenheit, die Reste der Verkostung, also alle Flaschen, die noch übrig geblieben waren, zu probieren – diesmal ohne ausgiebige Notizen, sondern rein aus Spaß am Bier – und lernten insbesondere die beiden Kategorien Baltisches Porter und Grodzisker Bier noch näher kennen. Bis tief in die Nacht wurde gefachsimpelt, und es war klar, dass wir auch nächstes Jahr wieder versuchen werden, diese Veranstaltung zu besuchen.
Soweit also der Bericht aus dem Schalander, der hier auch noch einmal als Scan zu finden ist.
Hinterlasse jetzt einen Kommentar