Schweizerhaus – der wohl bekannteste Biergarten in Wien. Ziemlich am Ende des Pratergeländes ist er gelegen und bietet so den perfekten Abschluss eines Bummels durch den Vergnügungspark. Wenn die Augen müde werden von den bunten Farben- und Lichterreigen der Fahrgeschäfte, der Magen nach vielem Süßkram nach etwas Solidem und Handfestem verlangt, die Beine schwer werden und der Inhalt der Geldbörse zur Neige geht, dann ist es Zeit, einen wilden Tag hier geruhsam zu Ende gehen zu lassen – sei es unter schattigen Kastanienbäumen, sei es in der Bierhalle – und ein frisch gezapftes Budweiser zu trinken und eine Stelze dazu zu essen.
Es ist der 8. Mai 2018, und wir treten durch das Eingangstor in den Biergarten. Die verschiedenen Abschnitte sind nach Wiener Ortsteilen benannt, so dass man im weitläufigen Areal sich erstens nichts verläuft, dass man zweitens die Change hat, sich mit jemandem zu verabreden und sie oder ihn dann im Getümmel auch tatsächlich zu treffen, und dass nicht zuletzt die fleißigen Bedienungen eine Orientierungshilfe haben, ihre hungrigen und durstigen Gäste auch rasch wiederzufinden.
Gut gelaunt und mit kessen Sprüchen buhlen die Kellner um die Gäste. Ob wir nicht hier vorne am großen Tisch Platz nehmen wollten, fragt der eine, während ihn der andere gleich fröhlich unterbricht und uns darauf hinweist, dass in seinem Bereich die Tische doch viel gemütlicher und wir überhaupt bei ihm besser aufgehoben seien. Lachend entscheiden wir uns, und während der eine Kellner in gespieltem Unmut sich schmollend trollt, stellt uns der andere ungefragt zwei frisch gezapfte Krügerl Bier auf den Tisch: „Ich hatte doch richtig gehört? Zwei Krügerl?“
Grinsend akzeptieren wir die ungefragte Bestellung, haben Spaß an der schlitzohrigen, aber die Grenze zur Aufdringlichkeit nicht überschreitenden Art des Personals, machen aber auch unmissverständlich klar, dass es heute bei diesem einen Bier für jeden bleiben wird, dass weder ein zweites noch eine Stelze folgen wird. Die Fronten sind abgesteckt, galant empfiehlt sich der junge Mann, äugt später aber immer mal wieder herüber, hoffend, dass wir unsere Meinung vielleicht doch noch ändern mögen.
Das Budweiser-Bier, das tschechische Original, wird hier im Schweizerhaus mit etwas weniger Druck als sonst üblich gezapft. Im Resultat ist es süffiger, rinnt schneller durch die Kehle, und es ist in der Tat schwierig, sich bei schönem, sonnigem Frühlingswetter tatsächlich nur auf ein Bier zu beschränken. Gar zu gut schmeckt es, gar zu schnell ist das Glas alle.
Am Nachbartisch wird eine Stelze serviert, also eine gebratene Schweinshaxe, wie es in Deutschland heißen würde. Die Wiener Schweine scheinen Gardemaß zu haben, denken wir, und schauen zu, wie sich das Pärchen gemeinsam über die große Portion hermacht. Krachend bricht das Messer durch die krosse Schwarte, das Fett spritzt, es ist ein wahres Fest. Doch nicht lange währt der Kampf mit den Fleischbergen. Nach zwanzig Minuten und zwei weiteren Krügerln, also Halbliter-Gläsern, gibt das Pärchen auf. Für ungeübte Gäste ist eine Stelze selbst zu zweit gar nicht zu schaffen, lernen wir.
Während der Kellner den abgegessenen Teller abserviert und wir mit langem Hals hinterherschauen, wieviel von der Portion denn noch übriggeblieben sei, schaut er fragend zu uns hinüber. Ob wir nicht vielleicht doch etwa…?
Aber für heute bleiben wir standhaft. Wir hatten gerade erst ein ausgezeichnetes Essen, wir werden noch einen langen Nachmittag und Abend vor uns haben, und so bleibt es bei der kleinen Bierkostprobe und einem allerersten kleinen Eindruck des bekanntesten Biergartens in Wien. Aber bei einem rundum positiven, und so blättern wir schon einmal im Terminkalender, wann es denn die nächste Möglichkeit geben könnte, über den Prater zu bummeln und diesen Bummel dann aber auch mit mehr als nur einem Bier und vor allem auch mit einer deftigen Speisenbegleitung abzuschließen.
Das Schweizerhaus hat nur in der warmen Jahreszeit geöffnet, vom 15. März bis zum 31. Oktober, dann aber ohne Ruhetag täglich von 11:00 bis 23:00 Uhr. Zu erreichen ist es am besten vom S- und U-Bahnhof Praterstern aus mit einem schönen Spaziergang einmal durch den Wiener Prater.
Nachtrag 24. Juli 2018: Ein langer Besuch auf dem Prater. Herumtoben mit dem Enkel, Achterbahnfahren, Zuckerwatte essen, im Autoscooter umhersausen, die Kletterwand rauf und runter. Irgendwann kommt der Moment, wo es von einer Sekunde auf die andere heißt: Müde und hungrig. Und da bietet sich das Schweizerhaus natürlich an. Eine Brezel für den Kleinen, ein frisch gezapftes Budweiser für den Großen. Klassisch. Und immer wieder gut.
Und endlich auch einmal die Gelegenheit, einen kurzen Blick ins Innere zu werfen und zu lernen, dass das Schweizerhaus auch bei schlechtem Wetter eine gute Anlaufstelle sein könnte.
Schweizerhaus
Prater 116
1020 Wien
Österreich
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