Dreimal auf das gleiche Bierfest. Gähn! Immer dasselbe. So wie die Bierdimpfl, die es schaffen, an sechzehn aufeinanderfolgenden Tagen auf dem Oktoberfest im Bierzelt zu sitzen, immer das gleiche Bier zu trinken und stundenlang in den Masskrug zu starren…
Oder doch nicht?
Alle drei Tage ist eine andere kreative kleine Brauerei zu Gast bei der Ottakringer Brauerei auf den Ottakringer Braukultur-Wochen, und so gibt es denn auch jedes Mal neue Biere zu erkunden und neue, nette Brauer und Brauerinnen zu treffen.
Also: Zum dritten Mal auf nach Ottakring!
Von weitem leuchtet schon das Gelb der Sonnenschirme, und hinten in der Ecke des Biergartens steht, wie immer, der kleine Craftbierstand. Heute bespielt von Bierol aus Tierol, ähm, Tirol natürlich! Man muss den Namen der kleinen Brauerei nicht mögen (mir gefällt er, ehrlicherweise, überhaupt nicht; er klingt einfach nicht), aber die Biere genießen einen ausgezeichneten Ruf in der Szene. Noch kann ich es nicht bestätigen, da ich außer The Padawan noch kein anderes Bierol-Bier verkostet habe, aber das wird sich gleich ändern.
Meine holde Ehefrau sucht uns ein schönes Plätzchen, während ich zum Bierol-Stand gehe und die ersten Bierproben hole. Hinter der Theke stehen Christoph Bichler und Lisa Luginger; wir kennen uns bisher nur über das Internet – höchste Zeit, jetzt einmal Auge in Auge sich gegenüber zu stehen und gemeinsam das eine oder andere Bier zu trinken.
Den Auftakt macht ein Dinkelbier mit Lemongrass und Zitronenmelisse mit 5,3% Alkohol und einem frischen, leicht zitrusartigen Geruch. Spritzig im Antrunk, ein bisschen kernig, fast schon rau am Gaumen und im Abgang; die leichte Bittere verschwindet rasch wieder und es bleibt die Lust auf den nächsten Schluck. Ein schönes Sommerbier zum Auftakt.
Bier Nummer Zwei wird zugegebenermaßen jetzt erstmal wegen seines Namens bestellt. „Ein Hardigatti, bitte“, das klingt doch schon witzig! „Was hat es mit dem Namen denn auf sich, Lisa?“, will ich wissen. Sie lacht: „Du bist nicht der einzige, der fragt. Das ist so ein Regionalausdruck in Schwoich, in Tirol, den habe ich auch erst lernen müssen, als ich dahingezogen bin. Am besten verstehst Du das Wort, wenn Du es im Kontext hörst!“ Spricht’s und drückt mir eine Dose in die Hand: „Hardigatti, is as Bier scho wieda laa?“ Ein milder Universalfluch, also. „Nun denn, ein Hardigatti also, bitteschön!“ – Das Bier entpuppt sich als Pale Ale, schon hopfig-fruchtig, eine kernige und saubere Bittere, 5,5% Alkohol. Schön!
Die nächsten beiden Biere, das Pinky & the Grain mit 4,5% und das Zest Fest mit 5,8% treffen meinen persönlichen Geschmack nicht so wirklich. Die säuerlichen Noten behagen mir in Bieren ja grundsätzlich nicht so wirklich, es sei denn, sie sind in überaus harmonischer Weise in ein komplexes Geschmacksprofil eingebettet. Meine Banknachbarn sehen das aber anders und sind voll des Lobs. De gustibus non est disputandum…
Viel besser aus meiner Sicht, wenn auch schon recht kräftig im Alkohol und damit eigentlich nichts für die sommerliche Hitze heute: Das El Diablo mit 7,9% und das Mountain Pale Ale mit 7,3%.
Wir sitzen mittlerweile in einer etwas größeren Gruppe, und während Lisa Luginger launige Geschichten aus der Brauerei und aus Schwoich, einem winzigen Dörfchen irgendwo in Tirol erzählt (und Christoph derweil ganz alleine zapfen lässt), trinken sich die Biere ganz nebenbei doch weg – Alkoholgehalt hin oder her.
Auch The Padawan und El Patron, die beiden Flaschenbiere, die nun folgen (der Padawan ist mit 5,6% noch milde, wohingegen der Patron mit 8,2% auftrumpft), werden eher nebenbei getrunken, obwohl beide geschmacklich viel Aufmerksamkeit verdient gehabt hätten!
„So, Ihr seid jetzt mit meinem Angebot ziemlich durch“, lässt Lisa verlauten, was den mittlerweile ebenfalls anwesend Video-Blogger Martin Voigt dazu verleitet, festzustellen, dass es dann nun zur Konkurrenz gehen müsse. Spricht’s und organisiert drei Biere aus dem Brauwerk, der kleinen Experimentalbrauerei des Hauses Ottakring. Sauerfall, eine Berliner Weisse mit beruhigend geringem Alkoholgehalt, nämlich nur 3,0%, und einer erfrischenden Säure; Porter, klassisch, schwarz, 5,6%; Magic Mushroom, ein 5,0%iges Bier, das mit einer ungewöhnlichen Hefe vergoren worden ist, deren Gärverhalten auch den Brauer völlig überrascht hat: Bei der Kontrolle, ob die Gärung denn gut ankäme, stellte sich seinerzeit heraus, dass sie zu diesem Zeitpunkt nicht nur angekommen, sondern bereits völlig durch war. Eine Hefe mit Turbolader, gewissermaßen.
Nach den drei Brauwerk-Bieren ist es bereits später Abend, es ist dunkel und der Heimweg noch einige Straßenbahnstationen weit. Zeit noch für ein Abschlussbild hinterm Tresen – tolle Biere und nette Gespräche mit Euch, Lisa und Christoph! Aber ganz ohne ein Bier in der Hand geht so ein Abschied nicht, und so gibt es gewissermaßen noch ein Wegbier, ein Hardigatti aus der Dose.
So begleitet und gegen plötzlichen Durstanfall auf dem Heimweg geschützt, passieren wir den historischen Lastwagen der Ottakringer Brauerei und verlassen das Festgelände. Zum letzten Mal für dieses Jahr.
Dreimal auf den Braukulturwochen, dreimal viel Spaß, dreimal spannende Biere und nicht minder spannende Menschen hinter diesen Bieren. Ein tolles Festivalkonzept!
Die Ottakringer Braukultur-Wochen 2018 finden auf dem Gelände der Ottakringer Brauerei AG statt, und zwar vom 28. Juni bis 29. August 2018, täglich (außer sonntags) ab 16:00 Uhr. Die Brauerei Bierol war vom 16. bis 18. August 2018 hier zu Gast. Zu erreichen ist die Brauerei am besten mit der Straßenbahnlinie 9, Haltestelle Johann-Nepomuk-Berger Platz, direkt vor dem Eingang zur Brauerei.
Ottakringer Braukultur-Wochen 2018
Bierol
Ottakringer Platz 1
1160 Wien
Österreich
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