„Agniezka, von Deutschland aus ist das hier am Ende der Welt!”
„Ach, Volker, mach Dir keine Gedanken, für uns Polen auch!“
So begann der Dialog zwischen mir und Agnieszka Łopata, der Brauerin und Miteigentümerin der Brauerei Ursa Maior in Uherce Mineralne, einem kleinen Weiler unweit der polnisch-ukrainischen Grenze.
Hier, ganz unten im südöstlichsten Zipfel des Landes entstand in den vergangenen zwei Jahren aus dem Nichts, im wahrsten Sinne des Wortes auf der grünen Wiese, ein Kulturzentrum mit touristischem Souvenirgeschäft und – vor allem! – einer Brauerei. Fährt man auf der kleinen, aber wunderschönen Straße von Sanok in Richtung Ukraine, so wie es viele Touristen und Wanderer tun, dann fällt der schlichte, graue Block mit der riesigen Aufschrift Ursa Maior sofort ins Auge.
Seit Spätsommer 2013 braut Agnieszka Łopata gemeinsam mit ihrem Co-Investor Andrzej Czech Bier, veranstaltet Konzerte, Kunstausstellungen und Auktionen und vielerlei andere Dinge mehr.
Betritt man die Brauerei, so fällt als erstes der absolut ungewöhnliche Stil ins Auge. Eine gewaltige Glaswand teilt das Gebäude über drei Stockwerke hinweg in zwei Hälften. In der einen steht das Sudwerk, in der anderen finden die Veranstaltungen des Kulturzentrums statt.
Eine kleine Bühne, ein paar Tische, und dann offene Galerien über drei Stockwerke hinweg, viel Sichtbeton und immer wieder neu künstlerisch gestaltete Elemente, meistens mit Bierbezug. Der Veranstaltungsbereich ist interessant, vielfältig, kontrastiert bunt und grau. Das Auge wandert durch den großen Raum, bleibt immer wieder hängen. Fixiert hier ein wunderschönes Wandbild in lebendigen, warmen Farben, entdeckt dort als krassen Kontrast die raue, unverputzte und grobe Betontreppe. Faszinierend.
In der Ecke steht die kleine Theke, gebaut aus einer alten Küchen-Anrichte. Sechs Zapfhähne, in denen das hier gebraute Bier ausgeschenkt wird, jeder individuell mit dem Etikett des jeweiligen Biers verziert. Getrunken werden kann das Bier in der Halle selbst, oder seit dem 19. Juni 2014 auch in dem kleinen, aber gemütlichen Biergarten direkt vor dem Gebäude.
Zum Zeitpunkt unseres Besuchs am 23. Juni 2014 gab es fünf verschiedene Biere vom Hahn, und nach unserer persönlichen Bewertung war eines besser als das andere: Das Eskulap, ein Sweet Stout, überzeugte mit vollem, süßen Malzkörper und nur leichter Röstigkeit. Als zweites das Renegat, ein American Black Ale – knackige Hopfenaromen mit Zitrus- und Harz-Noten in der Nase kontrastieren mit dem vollen, malzigen Körper und ebenfalls, wie im Stout, leichten Röstnoten. Dann das Śnieg na Beniowej, ein American Golden Ale: Mild, malzig, harzig, würzig, kaum Schaum. Weiter ging’s mit dem Royzbawiony, einem Hefeweizen. Ich bin kein Hefeweizen-Fan, aber dieses hier schmeckte mir gut. Aufgrund höherer Gärtemperaturen fruchtiger, bananiger als die meisten kommerziell angebotenen Hefeweißbiere, und vor allem: ein völliges Fehl an Gewürznelken-Aroma. Prima! Und schließlich als letztes für heute das Deszcz w Cisnej, ein Smoked Brown Ale. Nur mild rauchig, ganz dezent, und nicht wie so oft das Gefühl vermittelnd, mit dem Holzhammer auf die Zunge geschlagen zu bekommen. Ein fein ausbalancierter Malzkörper dazu, ein sehr schönes Bier.
Und, für die Insider: Kein einziges der Biere wies auch nur sie Spur von DMS auf! Und ich weiß, wovon ich spreche, bin ich doch diesem Aroma gegenüber ganz besonders empfindlich.
Die Brauerei in der anderen Gebäudehälfte ist ultramodern. Eine Anlage der Firma PSS Svidník aus der Slowakei. Sechs Geräte stechen ins Auge – Maischebottich, Läuterbottich, Würzepfanne, Whirlpool, Kühlwasser und Heißwasser. In der Mitte die gewaltige Schalttafel – die Bedienung ist automatisiert, aber es werden keine Prozesse programmiert. Agnieszka ist zu jedem Zeitpunkt Herrin des Geschehens. Pro Doppelsud entstehen hier 70 hl Bier, die in sieben riesigen Tanks vergären und reifen.
Einer der Tanks trägt die Unterschrift von Greg Koch – vor wenigen Tagen erst war der Gründer der bekannten und berühmten, weil zu den allerersten Craft-Breweries gehörenden, Stone Brewing Co. hier zu Besuch und hat den ZKG Nummer 4 mit seiner Unterschrift versehen!
Ein gewaltiger Kühlraum und ein kleiner Flaschenfüller, in dem sechs Flaschen parallel mit CO2 gespült, gefüllt und verschlossen werden können, komplettieren die professionelle Ausstattung.
Eine beeindruckende Brauereibesichtigung – Respekt, Agnieszka und Andrzej, vor Eurem Mut und dem großen Investment, und vor allem: Viel Erfolg. Wir kommen wieder!
Das Souvenirgeschäft mit Bierverkauf und Ausschank der Brauerei Ursa Maior ist täglich von 10:00 bis 16:00 Uhr geöffnet, sonnabends und sonntags bis 18:00 Uhr. Aber wann immer die Einfahrt geöffnet ist, ist auch jemand dort und man kann klingeln oder anrufen. Die Brauerei ist extrem abgelegen und nur entweder mit dem Auto oder im Rahmen einer gezielten Ausflugsfahrt mit einem Charterbus erreichbar.
Ursa Maior Sp. z o.o. S.K.A.
Dom Wielkiej Niedźwiedzicy
Uherce Mineralne 122a
38-623 Uherce Mineralne
Polen
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