La Porte Noire
Brüssel
BEL

Der erste Eindruck ist vielleicht nicht gerade sehr einladend, ja, vielleicht schreckt er zarte Gemüter sogar ein wenig ab, und ich bin froh, erstens die Adresse aus zuverlässiger Quelle bekommen zu haben, und zweitens, alleine, ohne Begleitung meiner holden Ehefrau gekommen zu sein. „In so eine düstere Spelunke gehe ich nicht rein“, höre ich ihre imaginären Worte klingen.

Es ist noch hell in Brüssel, aber der Eingang zu La Porte Noire ist dunkel und trist. Zwei Raucher blockieren ihn und mustern den Gast kritisch, während sie ihre Zigarettenkippen ausdrücken und auf den Gehsteig schnippen. Die schmale Treppe, die steil in den Keller führt, hat blutrot gestrichene Wände und erinnert an gewisse Etablissements auf St. Pauli, die schon bessere Zeiten gesehen, diese aber schon lange vergessen haben.

der wenig Vertrauen erweckende Abgang in den Keller

Ich gehe hinunter, biege um die Ecke, und nachdem sich meine Augen an das Halbdunkel gewöhnt haben, sehe ich ein dutzend schwere Holz-Bierbänke und Tische unter den niedrigen Ziegelgewölben. An der Stirnwand die Theke mit neun Zapfhähnen für Bier und zwei für Cider. Zusätzlich, neben der Theke, drei randvolle Bierkühlschränke.

Die Zapfhähne sind zum Teil nur mit handgeschriebenen Kärtchen markiert – das lässt darauf schließen, dass die Biere häufig durchrotieren. Ich studiere die Aufschriften und stelle fest, dass hier ein paar richtig gute und ein paar völlig unbekannte Biere angeboten werden. Prima!

handgeschriebene Kärtchen an den Zapfhähnen bürgen für steten Wechsel

Dann der Blick zu den Kühlschränken. Ich habe die Hand schon am Griff, um die Glastür zu öffnen und die Bierflaschen besser sehen zu können, da sehe ich die drohende Aufschrift: „You open the fridge, you’re fired!“ Okay, dann wohl besser nicht. Aber auch durch die zum Teil beschlagenen Scheiben sieht man die Vielzahl der angebotenen Biere.

„Hm, Orval und ein paar andere Biere, die man auch gut längere Zeit einlagern kann“, denke ich, und als hätte der Barmann meine Gedanken gelesen, spricht er mich an und erzählt, dass er vom Orval und von einigen anderen Bieren auch ältere Jahrgänge habe, sorgfältig gelagert, aber die stünden natürlich nicht hier vorne im Kühlschrank im Licht, sondern hinten im Gewölbekeller, kühl und dunkel.

eine dezente Drohung, den Kühlschrank nicht zu öffnen …

„Ein anderes Mal gerne, aber heute möchte ich lieber etwas Unbekanntes probieren“, sage ich, und bestelle mir ein Saison du Meyboom der Brauerei De la Senne. Sehr hell, hefig trüb, und mit dem unverkennbaren, leicht wilden Geruch einer belgischen Saisonhefe. Erfrischend, etwas ungestüm, leicht eckig und kantig, dieses Bier, und trotz seines niedrigen Alkoholgehalts sehr charakterstark. Ein guter Auftakt.

Dann zieht das Beer Project Brussels seine Aufmerksamkeit auf sich. „Gipsy-Brewer“, sagt der Barmann, „seit 2013 brauen die, haben jetzt gerade aber eine eigene Brauerei in Brüssel eingerichtet und werden sesshaft. Vielleicht sind sie es sogar schon.“ Er versucht, mir ein Glas zu zapfen, hat aber gewaltige Schwierigkeiten mit dem Schaum. Literweise fließt weiße Milch zuerst in einen großen Krug, dann in den Ausguss. Er hantiert an der Zapfanlage, verschwindet dann im Kühlraum. Man hört ihn wirtschaften, aber es wird nicht besser.

vom Fass kommt nur Schaum

„Mit diesem Zapfkopf habe ich ein Problem“, entschuldigt er sich, als er zurückkommt. „Darf ich Dir das gleiche Bier stattdessen aus der Flasche anbieten?“

Natürlich darf er, und so kann ich mich an einem belgischen IPA erfreuen, das die kräftige und aromatische Hopfung eines typischen IPA mit den leicht strengen Aromen einer belgischen Saisonhefe kombiniert. Ein spannendes Bier.

„Die Bar La Porte Noire gibt es schon viele Jahre“, erzählt der Barmann, „sie gehört den gleichen Leuten wie die Moeder Lambic Lokale, richtige, überzeugte Bierliebhaber!“

Ab und zu gibt es hier unten auch Livemusik, aber dann ist die Luft zum Schneiden dick. Dann herrscht zwar Bombenstimmung, aber eine echte Verkostung der Biere ist dann kaum möglich. Da tritt das Bier dann für ein paar Stunden in den Hintergrund, heißt es noch.

die ersten anderen Gäste kommen

Draußen ist es mittlerweile dunkel geworden, und die Bar füllt sich langsam. Zunehmend mehr Gäste scheinen sich zu überwinden, den düsteren und abschreckenden Eingang zu durchschreiten … Schnell entsorgt der Barmann noch die „Milchkannen“, die Spuren seines missglückten Zapfversuchs, und klemmt Hahn Nummer 1 für heute leider ab. Und auch mit den entspannten Gesprächen an der Theke ist es jetzt vorbei – der Laden beginnt, zu brummen.

Die Bier- und Whiskybar La Porte Noire ist täglich von 17:00 bis 03:00 Uhr geöffnet; sonntags ist Ruhetag. Sie liegt etwa fünf Minuten zu Fuß vom Grand Place in südwestlicher Richtung; zum Zentralbahnhof sind es sogar nur drei Minuten.

Bilder

La Porte Noire
Cellebroersstraat 67
1000 Brüssel
Belgien

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