„So, wir gehen jetzt mal in das Tiefgeschoss des Hauptbahnhofs und kucken mal, ob wir dort was Alkoholisches kaufen können“, schlage ich vor, und meine Schweizer Freunde blicken mich entgeistert an. Ich blicke zurück, überdenke meine eben gesagten Worte und erkenne, was sich im Kopfkino der beiden jetzt abspielt. Auch ich bekomme einen Flashback und denke an die Zeit von vor rund zwanzig Jahren zurück, als ich in Warschau gelebt habe.
Bahnhof – Tiefgeschoss – Alkohol: Vor meinem geistigen Auge sehe ich das unterirdische Labyrinth unter dem Warschauer Hauptbahnhof vor mir. Winzige Läden und Büdchen in den schmalen und niedrigen Gängen, Alkohole Świata – Alkohole der Welt, abgerissene Männer und Frauen in Trainingsanzügen und Feinripp-Unterhemden, in der Hand, wenn es gut geht, eine Dose Bier für umgerechnet fünfzig Pfennige, wenn es schon schlimmer ist, dann eine Flasche Wodka für ein paar Mark. Es riecht nach kaltem Zigarettenrauch, Männerschweiß und Kotze.
Vieles hat sich seitdem geändert, und wir stehen schließlich auch nicht in Warschau in Polen, sondern in Luzern in der Schweiz, aber trotzdem muss ich jetzt lachen. Kopfkino vom Feinsten.
Na gut, ich versuche es mit anderen Worten: „Lasst uns, bevor wir wieder zurückfahren, doch mal in ein Fachgeschäft gehen, wo ich aus mehreren hundert Bieren auswählen und ein paar Schweizer Spezialitäten mit nach Haus nehmen kann!“
So klingt es schon viel besser, und gemeinsam fahren wir die Rolltreppe hinunter ins Tiefgeschoss des Luzerner Hauptbahnhof zum Bierladen Drinks of the World Luzern.
Blitzsauber ist es hier im Bahnhof, und über die spiegelnden Steinplatten des Fußbodens hinweg sehen wir vor uns das kleine, aber perfekt sortierte Geschäft. Das Logo und der Schriftzug schimmern bläulich, durch die großen Fensterscheiben sehen wir die langen Regalreihen, in denen die Bierflaschen aufgereiht stehen, sorgfältig nach Brauereien sortiert. Sehr ordentlich – es gefällt mir auf Anhieb.
Weiter hinten im Verkaufsraum sehe ich auch noch andere Regale, mit Wein, Schnaps und anderen Alkoholika, aber der Schwerpunkt liegt tatsächlich auf Bier.
„Tja, Ihr entschuldigt mich ein paar Minuten“, grinse ich zu meiner holden Ehefrau und unseren Freunden hinüber und schnappe mir einen Einkaufskorb. „Denkste“, tönt es zurück. „Wir auch!“
Und so bummeln wir gemeinsam die Regale entlang und laden unsere Körbe und Taschen voll. Viele internationale Spezialitäten gibt es. Tendenziell eher bekanntere Marken, nicht notwendigerweise aber gleich Industrie- oder Allerweltsbiere. Die teuren Fuller’s Jahrgangsbiere lachen und an, daneben ein paar belgische Trappistenbiere. Deutsche Spezialitäten wie der Aventinus Weizeneisbock, Biere von Crew Republic oder das Schlenkerla Rauchbier sind dabei, ebenso wie Moosehead oder Little Creatures aus Übersee. Für jeden Geschmack etwas.
Mich zieht es gleichwohl zum Regal mit den Schweizer Bieren. 954 Brauereien gibt es in der Schweiz, hat eine Pressemeldung im Mai 2018 verkündet – die höchste Brauereidichte der Welt. Mittlerweile dürften schon wieder ein paar mehr dazugekommen sein, und auch wenn viele davon winzige Garagenbrauereien sind oder nur zu speziellen Anlässen oder Volksfesten ihre Biere produzieren, so ist die Zahl doch gewaltig – bei gerade einmal 8,4 Millionen Einwohnern kommt auf knapp 9000 Schweizer eine Brauerei. Deutschland, das Land des Biers, müsste mehr als 9000 Brauereien haben, um hier mitreden zu können…
Lange dauert es nicht, bis ich meinen Einkaufskorb randvoll gefüllt habe. Einfache Lagerbiere, kräftige Amberbiere und hopfenstarke Pale Ales und India Pale Ales. Sogar auf Holzchips gereifte Spezialitäten sind dabei und ein – Zugeständnis an die kalte Jahreszeit – Glühbier aus dem Appenzeller Land. Sehr vielversprechend.
Die Preise sind allerdings auch entsprechend. Gute Auswahl scheint ihren Preis zu haben. Die Schweiz ist sowieso schon recht teuer, die Bierspezialitäten sind es dann aber ganz besonders. Aber egal. Wie oft sind wir in Luzern? Wie oft habe ich die Gelegenheit, mich durch die lokalen Spezialitäten zu verkosten? Eben!
Der junge Mann an der Kasse grinst. „Na, zum ersten Mal hier?“, lacht er. Die anderen Kunden kämen regelmäßig, erklärt er, da sind dann die Körbe nicht ganz so voll. Es sei ja schließlich auch recht schwer zum Tragen. Ob wir denn sehr weit zum Auto hätten, fragt er noch, und staunt über unsere Antwort: „Nein, höchstens zweieinhalb Kilometer…“ Kopfschüttelnd schaut er zu, wie wir alles in Rucksäcken und Tragetaschen verstauen und uns auf den Rückweg zum Auto machen. Nun ja, zweieinhalb Kilometer ziehen sich doch ganz schön hin, und auch wenn die schöne Aussicht auf den Vierwaldstätter See den Fußmarsch etwas verschönt, zerrt das Gewicht der vielen Dutzend Bierflaschen doch ganz schön an Schultern und Armen.
Sei’s drum – der Einkauf hat sich trotzdem gelohnt, und Drinks of the World Luzern ist eine Adresse, die man sich merken kann.
Drinks of the World ist eine Kette von spezialisierten Getränkemärkten, die in allen großen Bahnhöfen der Schweiz zu finden ist – bequem vom Zug und von den öffentlichen Nahverkehrsmitteln aus allen Himmelsrichtungen zu erreichen. Das Bierangebot ist sehr groß und vielfältig, die Preise sind relativ hoch. Die Filiale in Luzern ist täglich von 09:00 bis 22:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag.
Drinks of the World Luzern
Bahnhof Luzern
6003 Luzern
Schweiz
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