Bier – Praktischer Leitfaden und Herstellung. So oder so ähnliche müsste man den Titel dieses nett anzusehenden Buches von Nuria Penalva aus dem Spanischen ins Deutsche übersetzen.
Im Regal der kleinen Bücherei in Valencia stach mir dieses Buch sofort ins Auge. Zwei frische, schäumende und golden strahlende Biere auf dem Titel erregten meine Aufmerksamkeit. Ich nahm das Buch in die Hand und blätterte einmal schnell durch. Ein fester Kartoneinband, ein zusätzlicher Schutzumschlag drumherum, rund 130 Seiten, alle auf glänzendem Papier in bester, farbiger Druckqualität und viele, viele appetitanregende Bilder. Ich brauchte nicht allzu lang überlegen – in Nullkommanix war es bezahlt und verschwand im Rucksack, später zuhause dann im Regal.
Dort stand es dann, über ein Jahr lang, bis ich es heute endlich zur Hand nehme und darin blättere.
Ja, der erste Eindruck hatte seinerzeit durchaus gestimmt: Das Buch ist recht hochwertig gemacht. Eine feste Bindung, gutes Papier, beste Druckqualität, und die vielen, vielen brillanten Bilder erfreuen zunächst sehr. Wobei sich letztere dann bei genauem Hinsehen aber als übertrieben kontrastreiche und teils sehr künstlich arrangierte Fotografien erweisen. Übertriebene Farbwerte, überzeichnete Schärfe, Schaum, der wohl mit chemischen Mitteln hergestellt wurde und vermeintliche Kondenswassertröpfchen, die bei genauerem Hinsehen wohl eher aus Glycerin oder ähnlichem bestehen. Hm, ob das so sein muss? Ein bisschen nachhelfen, ein bisschen aufhübschen – machen wir das im Instagram-Zeitalter der digitalen Fotografie nicht alle ein wenig? Aber muss es so übertrieben sein?
Schauen wir mal, was der Inhalt so bietet:
Einem ungeschriebenen Gesetz für Bierautoren folgend, beginnt das Buch mit dem obligatorischen Rückblick auf die Geschichte dieses Getränks, die vor 6000 Jahren bei den Sumerern zu verorten ist. Auf wenigen Seiten geht es dann blitzschnell bis in die Neuzeit, bis zu den industriellen Lagerbieren und dem jüngst begonnenen Comeback handwerklich gebrauter Biere. Auch der Hinweis auf den Mythos, dass Bier dick mache, aber in Wirklichkeit doch weniger Kalorien als Fruchtsaft, Milch oder Cola enthalte, darf natürlich nicht fehlen.
Es folgt, alles immer reich und farbenfroh bebildert, die Vorstellung der vier Hauptzutaten des Biers: Lúpulo (Hopfen), Agua (Wasser), Malta (Malz) und Levadura (Hefe). Aber wir sind ja nicht im Land des Surrogatverbots, des Einheitsgebots, des sogenannten „Reinheitsgebots“, und so folgt ein fünfter Abschnitt, Otros Ingredientes (andere Zutaten). Recht so! HIer geht es um Gewürze, Früchte, Kräuter und andere Zutaten wie Honig, Kaffee oder Kakao.
Dann kommt der Herstellungsprozess. Zunächst die Darstellung der industriellen Herstellung, wobei der industrielle Prozess durchaus positiv dargestellt wird und insbesondere durch viele Fotografien eindrucksvoller, kupferner Sudwerke aller Größen illustriert wird. Danach wird herausgearbeitet, wie der Prozess handwerklich abläuft, wie also gewisse technische Verfahrensschritte mit einfachen Mitteln nachgestellt werden können. Nicht detailliert genug, um es als Brauanleitung nutzen zu können, aber doch so beschrieben, dass Begeisterung geweckt wird, es vielleicht doch einmal selbst zu versuchen.
Die ersten 35 Seiten gefallen also durchaus.
Auch die dann noch folgenden 20 Seiten, auf denen die wichtigsten Bierstile und die großen Biernationen der Welt mit ihren jeweils eigenen Stilen vorgestellt werden, lesen sich noch gut.
Dann aber, bis zum Ende des Buchs, folgt das, was mich bei vielen Büchern über und rund um das Bier schnell langweilt: Ein Katalog der Biere der Welt. Jeweils ein Foto einer Bierflasche oder -dose, ein paar technische Angaben (Herkunftsland, Bierstil, Flaschengröße, Alkoholgehalt, Gärung, Serviertemperatur, Farbe, Schaum und schließlich der Hersteller). Es liest sich ähnlich spannend wie das Telefonbuch von Berlin. Lediglich die – viel zu kurzen – Absätze über die Geschichte des jeweiligen Biers oder seiner Brauerei bringen Leben in diesen Katalog.
Ganz zum Schluss folgen noch ein paar Seiten über Las Otras Cervezas (die anderen Biere), also über glutenfreie Biere und über alkoholfreie und Leicht-Biere, und ein kurzes Glossar.
Insgesamt ein nettes Buch zum Blättern, zum etwas Herumstöbern, aber in der zweiten Hälfte definitiv keines, um es am Stück zu lesen. Nett, wenn man es in der Sammlung hat, mehr aber auch nicht.
Nuria Penalva
Cerveza – Guía Práctica y Elaboración
Editorial LIBSA
Madrid, 2017
ISBN 978-84-662-3644-7
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