Tap House Munich
München
DEU

8. März 2015. Rechts der Isar, in Haidhausen, direkt an der vielbefahrenen Rosenheimer Straße und nicht weit vom Ostbahnhof entfernt. Das Wetter ist trüb. Und trotzdem lohnt es sich, aus der Bahn auszusteigen und ein paar hundert Meter bis zur Hausnummer 108 zu laufen.

Am 29. November 2013 hat hier das Tap House Munich eröffnet und bietet dem Besucher nun 40 verschiedene Biere vom Hahn und rund 200 aus der Flasche.

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Tap House Munich oder 1. Munich Tap House?

Erinnern wir uns: Es ist noch gar nicht so lange her, als der Brauereianlagen-Hersteller BrauKon GmbH aus Truchtlaching die Gasthausbrauerei Camba Bavaria GmbH eröffnete. Ziel war es, nicht nur potentiellen Kunden, sondern Gästen aus aller Welt zu zeigen, was auf BrauKon Sudwerken alles gebraut werden kann. Und so gab und gibt es in der Camba Bavaria eine schier unüberschaubare Fülle an verschiedenen Bierstilen, verschiedenen Bieren.

Das Konzept wurde zum Erfolg, und den Schwung der Craft-Bier-Bewegung nutzend, kam man nun auf die Idee, einen Brauerei-Ausschank in der Landeshauptstadt zu eröffnen. Und dort dann aber nicht nur die ein paar Dutzend Camba Bavaria Biere auszuschenken, sondern darüber hinaus auch noch einen mehr oder weniger repräsentativen Querschnitt der Bierwelt zu offerieren.

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man muss früh kommen, wenn man das Tap House noch so leer erleben will

Betritt man das Tap House, so blickt man unweigerlich auf die unendlich lange Theke. In zwei Batterien zu je 20 Hähnen werden die Fassbiere angeboten; jeweils hinter diesen Batterien steht auf großen Kreidetafeln angeschrieben, was es derzeit gibt. Natürlich sind alle, oder fast alle Camba Bavaria Biere vertreten. Aber daneben eben auch zahlreiche hervorragende Biere aus der ganzen Welt. Ob eher regional aus dem bayerischen oder deutsch-östereichischem Bierraum, oder eher international, aus Übersee. Unertl, Schneider und Kaltenecker stehen hier einträchtig neben Atwater und Beavertown, aber auch Belgien (Chimay!) oder Polen (Stu Mostów!) fehlen nicht.

Der Gast kann sich also in Ruhe auf eine Weltreise begeben und ein Bier nach dem anderen probieren, von einem Kontinent zum anderen, von einem Bierstil zum nächsten reisen. Die angebotenen Standardgrößen sind 0,3 l zu Preisen von meistens knapp unter fünf Euro. Eine Ausnahme bilden die holzfassgereiften Biere, die in 0,1-l-Portionen angeboten werden. Angesichts ihrer Geschmacksintensität und der Aufmerksamkeit, die sie beim bewussten Genuss verlangen, auch genau richtig.

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das liebevoll mit Kreide gezeichnete Logo

Sollte es einen Gast geben, der unter den vierzig angebotenen Fassbieren wirklich nichts findet, oder sollte der Stammgast, der hier täglich einkehrt und seine drei, vier Sorten testet, wirklich einmal den Punkt erreicht haben, dass er alles verkostet hat, dann bleiben die Flaschenbiere. Sechs große Kühlschränke und eine gigantische Kreidetafel am Ende der Halle laden zu längerem Verweilen ein. Entweder gibt man sich wirklich Mühe, das Angebot zu studieren und sorgfältig auszuwählen. Dann sollte man aber vorher den Mit-Genießern am Tisch Bescheid sagen, damit sie nicht schon nach einer Dreiviertelstunde Abwesenheit in Panik verfallen und eine Vermisstenanzeige aufgeben. Denn so lange dürfte es schon dauern, sich zu jedem Bier so seine Gedanken zu machen.

Oder aber man wählt die Dart-Methode. Mit geschlossenen Augen auf die Tafel zeigen und sich überraschen lassen, was man bekommt. Auch nicht schlecht, wenn auch die in der Mitte notierten Biere dann statistisch häufiger ausgewählt werden würden.

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wie geschaffen für die Dart-Methode

Apropos notieren: Angesichts der Größe der Kreidetafel scheint man hier nur mit einer Leiter bewaffnet das Verzeichnis aktualisieren zu können. Bestimmt ein größerer Akt, der dann auch Zuschauer anzieht, die gespannt verfolgen, was neu ins Angebot aufgenommen wird.

Zurück am Tisch bleibt der Genuss des gerade georderten Biers. Passende Gläser sind selbstverständlich, allerdings kein Biermarkenkult wie in Belgien, sondern neutrale Verkostungsgläser.

Die Speisen dazu sind gut. Nicht nur typische Brauhausküche, sondern auch ein wenig Cross-Over, die Internationalität betonend.

Das Publikum ist bunt gemischt, über alle Altersklassen hinweg, und vor allem ebenfalls, wie das Bierangebot, international. Wer möchte, findet in Minutenschnelle Kontakt zu gleichgesinnten Biergenießern – die Auswahl macht es leicht, einen Anknüpfungspunkt für ein Gespräch zu finden. Und wer nicht, der lässt es bleiben.

Das Tap House Munich ist täglich ab 17:00 Uhr geöffnet, sonntags schon ab 15:00 Uhr. Zu erreichen ist es problemlos mit der U- oder S-Bahn (von den Stationen Rosenheimer Platz oder Ostbahnhof sind es jeweils etwa 300 m zu Fuß) oder mit dem Bus, Haltestelle Orleanstraße direkt an der Kreuzung nebenan. Mit dem Auto ist es eher schlecht; man möge sich auf eine ewig währende Parkplatzsuche einstellen.

Nachtrag 25. Januar 2019: Es gibt sie, diese Abende. Abende, an denen man aus geht, plötzlich und unverhofft auf Menschen trifft, mit denen man sich gut versteht. Auf alte Bekannte oder gerade neu gewonnene. Man trinkt zusammen ein Bier, beginnt zu erzählen, zu lachen, weiterzutrinken. Noch ein Bier und vielleicht auch noch ein drittes. Irgendwann folgt der erschrockene Blick auf die Uhr. Oh, die letzte U-Bahn. Jetzt aber schnell…

Glücklich springt man in den Zug, wirft sich auf den Sitz. Gerade noch geschafft…

Und was an solchen wunderbaren Abenden auf der Strecke bleibt? Das ist die ausführliche Fotodokumentation einer lohnenden Bier-Destination. Aber immerhin: Die Erinnerung an den Geschmack der verkosteten Biere, die ist wenigstens noch da.

Bier Nummer 1, das Skihaserl Pale Ale der Camba Bavaria, der Brauerei, die auch hinter dem Tap House Munich steht. Ein erzsolides, hopfenbetontes, aber nicht übermäßig bitteres Bier. 4,8%, fruchtig und erfrischend. Gut für den Auftakt.

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Ski Haserl Pale Ale

Immer wieder ähnlich gut: The Padawan der Tiroler Brauerei Bierol. Mit 5,5% etwas kräftiger, aber ebenso hopfenbetont-fruchtig und erfrischend.

Zu späterer Stunde wird es dann kräftiger. Ein Klassiker: Der Unertl Weiße Bock. Trotz seines Namens dunkel. Vollmundig, fruchtig und estrig von der Hefe, mächtig und fordernd, 6,7%. Ein Bier für den Genuss. Weich und samtig umschmeichelt es Zunge und Gaumen und begeistert vom ersten bis zum letzten Schluck.

Und schließlich das letzte Bier des Abends, das stärkste (9,5% Alkohol) und forderndste: Das Oak Aged Amber Kirsch der Camba Bavaria. Fruchtig, leicht säuerlich, holzig – ein sehr komplexes Geschmackserlebnis, bei dem sich wieder einmal herausstellt: Diese Art von Bieren ist eigentlich nicht dafür gedacht, an einem feuchtfröhlichen Abend getrunken zu werden. Trinkt man es zu Beginn des Abends, wenn die Geschmacksnerven noch frisch sind, der Geist noch aufmerksam ist, dann ist es eigentlich zu stark. So viele Prozente, so früh… Trinkt man es aber spät, als Absacker oder runden Abschluss, dann schmeckt es zwar auch noch wunderbar, aber ob man dann wirklich noch in der Lage ist, alle wunderbaren Geschmacksnuancen und die gesamte herrliche Komplexität des Biers zu erfassen? Es bleiben Zweifel. Ein tolles Bier also, aber auch eines, das schwierig in der Handhabung ist…

Bilder

Tap House Munich
Rosenheimer Straße 108
81 669 München
Bayern
Deutschland

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