Tapp & Kork
Molde
NOR

Molde. Eine Kleinstadt irgendwo an Norwegens Küste. Abgesehen von der futuristischen Architektur des Scandic Seilet Hotels mit seiner beeindruckenden Glasfassade in Form eines Schiffssegels und der kleinen Skulptur des Rosenmädchens, die daran erinnern soll, dass Molde jeden Sommer von tausenden blühender Rosen geschmückt ist, gibt es hier nicht viel zu sehen. Wenn nicht gerade das sommerliche Jazzfestival stattfindet, hat man den Ort in wenigen Minuten erkundet.

Mehr als ein Spaziergang für ein paar Minuten sollte es auch eigentlich nicht sein, nur ein bisschen die Beine vertreten, bevor das Postschiff wieder ablegt und uns mitnimmt.

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ØLBAR

Kurz bevor wir wieder am Schiffsanleger sind, fällt mir allerdings noch ein Schriftzug ins Auge: ØLBAR.

Bierbar? Ich schaue auf die Uhr. Es wäre noch genügend Zeit für ein gemütliches oder für zwei schnelle Biere. Ich schaue zurück auf den Schriftzug. ØLBAR. Tapp & Kork. Ich schaue zu meiner holden Ehefrau und glaube, ein zustimmendes Nicken zu sehen. Schnell, bevor sie es sich vielleicht anders überlegt oder es sich herausstellt, dass sie gar nicht genickt hat, überquere ich die Straße und stehe Augenblicke später an der Theke der rappelvollen Bar.

Die schwarze Kreidetafel an der Wand berichtet von einem Tap Takeover am 29. Mai: Σόλο / Kjetil Jikiun. Ich erinnere mich. Vor ein paar Jahren habe ich mich lange mit Kjetil unterhalten. Er ist einer der Mitbegründer der Brauerei Nøgne Ø, aber nachdem diese in Teilen von einer Großbrauerei übernommen worden war, hatte er sich abgewandt und neue Pläne geschmiedet. Wein wollte er anbauen, auf Kreta, und vielleicht dazu noch ein wenig Bier brauen, und so, wie es ausschaut, hat er seinen Traum tatsächlich verwirklicht. Unter der Marke Σόλο (Solo) braut er seine Biere, und vor knapp einer Woche hat es hier in Molde also ein Tap Takeover mit seinen Bieren gegeben.

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Tap Takeover Σόλο / Kjetil Jikiun 29. Mai

Ich deute auf die Tafel und frage den jungen Mann hinter der Theke: „Gibt’s denn vielleicht noch das eine oder andere Bier von Kjetil?“ Der Barmann grinst: „Eines? Eigentlich alle, denn so groß ist Molde nicht, dass unsere Gäste gleich alle Fässer in zwei, drei Tagen austrinken!“

Das trifft sich natürlich gut, und ich bestelle mir ein Belgian IPA mit dem spannenden Namen Psiloritissa. Meine Frau brauche ich nicht zu fragen, denn wenn es ein Imperial Stout gibt, dann nimmt sie das immer, und so bestelle ich für sie auf Verdacht das Skotidi.

Vorsichtig trage ich die beiden Gläser nach draußen, wo wir einen Platz auf wackeligem Gestühl auf dem Bürgersteig finden.

Mit dem Σόλο Skotidi liege ich genau richtig. Tiefschwarz, mit nur wenig beigefarbenem Schaum, einer öligen Konsistenz, vollem, schwerem und röstigem Malzgeschmack und einer kräftigen Bittere, dazu mit 9,0% Alkohol, entspricht dieses Bier nicht gerade den Erwartungen an ein typisches, griechisches Sommerbier, aber auf den Punkt den Vorlieben meiner holden Ehefrau. Vorsichtig nippt sie am Glas und strahlt mich an: „Gut, dass ich die Idee hatte, hier noch auf ein kleines Bier einzukehren!“ Mir fällt die Kinnlade runter. Wer hatte die Idee? Sie? „Ein tolles Fünf-Sterne-Bier hast Du mir da ausgesucht“, lobt sie mich, bevor ich überhaupt nur eine Diskussion beginnen kann.

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Σόλο Skotidi – ein Fünf-Sterne-Imperial-Stout

Achselzuckend wende ich mich meinem Belgian IPA zu. Psiloritissa. Kräftig phenolische Hefearomen paaren sich mit IPA-typischer Bitterkeit und einem soliden Malzkörper. 6,5% sind deutlich weniger als beim Stout, aber immer noch mehr, als man im griechischen Hochsommer erwarten würde. Nun ja, wir sind ja auch in Norwegen, und hier ist der Hochsommer immerhin 15° warm, da passen die starken Biere durchaus. Auch das Psiloritissa gefällt, und gedanklich gebe ich ihm gute vier Sterne.

Viel zu rasch ist mein Glas leer, und ein bisschen neidisch schaue ich zu meiner Frau, die sich erst durch die Hälfte ihres Stouts durchgenippt hat. Ach, ich sehe das einfach als Chance. Sie wird noch einen Moment benötigen, und das gibt mir das Zeitfenster für noch ein weiteres Bier.

„Eins darf ich noch, wenn’s schnell geht“, lache ich den Barmann an, und er schenkt mir das Σόλο Chill Bill ein, ein Siesta Saison, wie es Kjetil nennt. 6,3% Alkohol hat es, und mit seinen kräftigen Maracuja-Aromen und seiner hohen Restsüße schmeckt es fast wie ein sommerlicher Früchtecocktail am Strand von Heraklion. Ein sehr schönes Sommerbier, wenn es auch mit seinem extrem fruchtig-süßen Charakter nicht viel mit einem Saison zu tun hat.

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eins geht noch

Für einen Moment bleibe ich an der Theke stehen, sehe mich in der etwas dunklen, aber nicht ungemütlichen kleinen Bar um. Sommers kann man hier draußen auf dem Bürgersteig sitzen, in der dunklen Jahreszeit macht man es sich im Inneren warm und gemütlich, wenn draußen der Sturm den Regen durch die Straßen peitscht.

Seit vier Jahren gebe es die kleine Bar Tapp & Kork nun schon, erzählt der Barmann. Es liefe ganz gut, und vor allem sei es damals höchste Zeit gewesen, dass Molde eine ordentliche Bierbar bekommen hat. Immer nur Industriebier oder höchstens mal ein paar Biere zuhause, die man vorher für viel Geld im Monopolgeschäft erstanden hatte, das war auf Dauer doch nichts.

Während ich ihm zustimmend zunicke, leert sich die bis eben noch rappelvolle Bar wie auf Kommando. Verwundert schaue ich zu, wie fast alle Gäste, bis auf zwei oder drei, den Schankraum verlassen und die Straße hinuntergehen. Wollen die etwa alle, so wie wir, auf das Schiff? „Nein“, grinst der junge Mann hinter der Theke. „Heute ist Dienstag, da haben wir immer Quizabend, und wenn das Quiz vorbei ist, gehen alle auf einen Schlag. Das ist ganz normal so, als ob man sie rauswerfen würde… Die meisten kommen morgen aber wieder, auch ohne Quiz, und dann bleiben sie komischerweise auch länger sitzen…“

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die Ruhe nach dem Sturm (das Quiz ist vorbei)

Irgendwie scheinen sie ja merkwürdig zu sein, die Menschen hier in Molde. Ob nicht nach dem Quiz noch Zeit und Ruhe für ein weiteres Bier gewesen wäre? Ich hätte das gerne noch mit dem Barmann weiter diskutiert, aber wir haben die Zeit und Ruhe nun leider nicht mehr – das Schiff wird nicht auf uns warten. Aber schön war’s. Ein paar sehr feine Biere mit ja doch irgendwie norwegischem Ursprung, und das Ganze in einer netten und entspannten Atmosphäre. So schnell werden wir nicht wieder nach Molde kommen, aber wer weiß… Wenn doch, dann wissen wir wenigstens, wo wir ein wenig Zeit verbringen werden!

Die Ølbar Tapp & Kork ist täglich ab 18:00 Uhr durchgehend geöffnet; freitags bis sonntags schon ab 16:00 Uhr. Kein Ruhetag. Dienstags ist ab 19:30 Uhr Quizabend, der aber schlagartig um 22:00 Uhr endet – warum auch immer. Vom Hafenanleger sind es fünf Minuten zu Fuß, und die nächste Bushaltestelle mit zahlreichen Stadt- und Regionalbussen ist gerade um die Ecke.

Bilder

Tapp & Kork
Storgata 27
6413 Molde
Norwegen

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