Taps Brewhouse
Niagara Falls
CAN

Den Kopf voll mit Eindrücken von den Niagara-Fällen und vom bunten, quirligen Vergnügungsviertel unmittelbar neben den Fällen spaziere ich durch die Stadt in Richtung Norden zum Busbahnhof, wo der Fernbus zurück nach Toronto auf mich wartet. Ein bisschen Zeit ist noch, und so schlage ich einen kleinen Bogen durch die Queen Street und komme zum Taps Brewhouse, einer in 2004 gegründeten, kleinen Brauerei.

Sonderlich attraktiv sieht sie von außen nicht aus – ich laufe diagonal über einen großen, asphaltierten Parkplatz und sehe gegenüber eine grauweiße Halle mit der Aufschrift Taps Brewhouse, ergänzt durch ein paar stilisierte Hopfendolden. Vor der Halle stehen Tische und Stühle und ein paar Blumenkübel rundherum ringen der Asphaltfläche ein paar Quadratmeter ab, um das, was daraus entsteht, Biergarten nennen zu können. Gemütlich ist anders, aber immerhin kann man sich hier überhaupt schon mal draußen hinsetzen.

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Brauerei mit „Biergarten“

Ich betrete die Halle und befinde mich sofort mitten im Taproom. Linker Hand eine offene Spültheke mit Bergen von Tellern und kleinen Trays mit Ketchup und anderen Würzsoßen. Rechter Hand sehe ich die Zapftheke mit armdicken verzinkten Rohren, in denen die Bierleitungen zu den Zapfhähnen verlaufen. Dahinter kommt schon das offen stehende Sudhaus, und im hinteren Bereich der Halle erspähe ich eine Bühne und weitere Sitzgelegenheiten. Der Deko mit Schlagzeugelementen und Gitarren nach geht auf dieser Bühne wohl häufiger mal die Post ab. Heute allerdings ist es am späteren Nachmittag sehr ruhig – gerade mal eine Handvoll Gäste verteilt sich im Biergarten und an der Theke.

Ich überfliege die Bierkarte. Fünf verschiedene Biere gibt es hier, und ich frage die junge Dame hinter der Theke, ob es denn auch ein Tasting Board gebe. „Sure“, antwortet sie wortkarg und macht sich ans Werk. Augenblicke später steht ein Brettchen mit vier Gläsern vor mir.

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das Tasting Board mit vier der fünf angebotenen Bieren

Vier, nicht fünf, eine Biersorte fehlt also. Ich blicke sie an und frage, warum denn nur vier, und sie antwortet schnippisch, dass das halt so wäre. Ein Flight hätte vier Gläser. Punkt.

Angesichts dieser wenig überzeugenden Argumentation spare ich mir die Frage, warum sie denn dann nicht wenigstens gefragt habe, welches der fünf Biere ich denn nicht würde probieren wollen, und mache mich an die Verkostung.

Der Brauer kann ja nichts dafür, wie seine Biere hier an der Theke präsentiert werden, denke ich mir und versuche, so objektiv wie möglich zu bleiben und meine Unzufriedenheit mit der Barfrau nicht auf die Biere zu übertragen.

Bier Nummer 1 nennt sich Flying Colours und ist ein einfaches Lager mit 5,2%. Ein einfaches Lager, damit ist eigentlich schon alles gesagt. Keine Höhen, keine Tiefen. Nichts, wovon ich später mal meinem Enkel an langen Winterabenden erzählen werde. Ein Bier, das einfach nur weggetrunken wird. Es stört nicht, aber es macht auch nicht ausdrücklich Lust auf ein weiteres. Es ist einfach nur so da.

Elegant Effect heißt das Bier Nummer 2 und ist ein simples Ale. 5,0%, und ansonsten trifft nahezu alles, was ich zum Lager gedacht habe, auf dieses Bier auch zu. Irgendwo schmecke ich ein paar fruchtige Hopfennoten, einen Hauch von Estern der Hefe und eine etwas ausgeprägtere Bittere als im Lager. In der Summe aber nicht genug, um zu beeindrucken. Immerhin aber ohne Geschmacksfehler, insofern auch gerne und schnell getrunken. Ein Bier, wie hunderte andere auch.

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es gibt mehr Tap-Handles als Biere im Angebot sind

Das India Pale Ale, das dritte Bier, nennt sich Art Attack und wartet mit 6,5% Alkohol auf. Kräftig gehopft, im Aroma identifiziere ich ein paar Südfrüchte und im Hintergrund auch ein paar eher harzige Noten, dann kommt ein recht rustikales Zusammenspiel von Malzkörper und Hopfenbittere. Ehrlich und solide. Aber auch hier: Kein Aha-Effekt. Nichts, das dieses Bier von anderen IPAs herausheben würde.

Der Aha-Effekt kommt dann mit dem Bier Nummer 4, dem Sundress. Ein Wit mit 4,7% Alkohol. Allerdings geht der Aha-Effekt in die verkehrte Richtung. Das Bier ist nämlich alles andere als ein Wit, das sich durch fruchtige, zitrusartige Noten und eine feine, spritzige Frische als hervorragendes Sommerbier auszeichnen sollte. Stattdessen hat es einen schweren phenolischen Charakter, der viel Gewürznelken präsentiert und sich mit der vollmundigen Wucht und einem typischen Bananenaroma eines bayerischen Weißbiers paart. Für ein solches hat es allerdings wieder zu viele medizinische Noten – was im ersten Moment nach Gewürznelken riecht und schmeckt, verwandelt sich nämlich von Schluck zu Schluck stärker in eine Art Heiltinktur, die ich lieber äußerlich als innerlich anwenden wollen würde.

Schade.

Der Brauer reißt’s also auch nicht raus.

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Blick auf das völlig offen stehende Sudwerk

Während ich so vor mich hin probierte, habe ich bereits darüber nachgedacht, wie ich denn jetzt noch das fünfte Bier verkosten könnte – ob ich es also wagen sollte, vom achtprozentigen Monster Hops noch ein Halfpint zu bestellen.

Als mich die Barfrau allerdings noch bevor ich das letzte der vier Probiergläschen angefangen habe, fragt, ob ich noch etwas trinken wollen würde, und nach meinem unentschlossenen Zögern mir kurzerhand die Rechnung neben das Probierbrettchen knallt, ist die Lust, hier noch länger zu bleiben, verflogen.

Nee, so nicht! Ich kann und muss akzeptieren, dass die Gäste in Nordamerika – leider! – immer gedrängt werden, noch mehr und noch schneller zu konsumieren. Wenn das aber so ins Extreme getrieben wird wie hier, dass ich also schon neues Bier bestellen soll, bevor ich mein letztes Glas überhaupt angefangen habe, dann ist das auch für hiesige Verhältnisse nicht mehr in Ordnung. Insbesondere, wenn vorher schon kein großes Interesse bestand, mich als Gast angemessen zu bedienen.

Groß ist das Erstaunen, dass ich angesichts des fehlenden Service meine Kreditkarte über den Kartenleser wedele, ohne vorher die erwünschten fünfzehn, zwanzig oder gar fünfundzwanzig Prozent „Tip“ einzugeben.

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vielleicht bekommt man als Gast einen anderen, besseren Eindruck, wenn hier auf der Bühne ordentlich gerockt wird

Keine Empfehlung für das Taps Brewhouse, also. Irgendwie enttäuschend, denn die rustikale Einrichtung mit der frei herumstehenden Brauerei, den einfach mitten in die Halle gestellten sonstigen Installationen und die Theke mit dem Konzept „Form follows Function“ war mir gar nicht mal so unsympathisch.

Aber null Service und dann nur mittelmäßige Biere? Es lohnt sich nicht. Gut, dass ich keinen großen Umweg gemacht habe, um hier einzukehren.

Wer trotzdem mal hierher möchte: Das Taps Brewhouse ist mit Stand 19. Juli 2019 täglich ab 12:00 Uhr bis ein Uhr morgens durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Vom Bahnhof und Fernbusbahnhof der Stadt Niagara Falls ist die Brauerei nur drei, vier Minuten Fußweg in westlicher Richtung entfernt, lässt sich also problemlos erreichen.

Bilder

Taps Brewhouse
4680 Queen Street
Niagara Falls
ON L2E 2L8
Kanada

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