Bierkultur einmal völlig anders? Losgelöst von der Etikette des elitären Craft-Bier-Gehabes? Nicht direkt an der Brauerei, möglichst direkt aus dem Lagertank? Sondern doch einmal ganz rustikal, direkt aus der Dose?
Ach, manchmal muss auch das einmal sein. Einfach, weil es sich ergibt. Weil es originell ist. Weil es glühend heiß ist. Weil der Durst groß ist. Weil lauwarmes Mineralwasser aus dem Rucksack mir zu den Ohren raus kommt. Weil die nächste Craft-Bier-Bar ewig weit weg ist. Die nächste Brauerei noch weiter. Weil ich müde bin. Weil ich eine Pause brauche.
Gefühlt stundenlang sind wir durch das Tekka Centre im Singapurer Stadtteil Little India gelaufen, haben hier geschaut, dort gekauft. Die Augen sind müde von der orgiastischen Farbenpracht der Kleider, Halstücher, Saris, Schuhe. Die Nase hat alles gerochen, was die asiatische Küche an Gewürzen zu bieten hat. Die Ohren klingen vom Geschrei der Händler, Kunden, Kellner, Boten. Und zu alledem fließt der Schweiß in Strömen. 34° Celsius und eine Luftfeuchtigkeit von 90% sind auf der Straße schon schwer auszuhalten, in den Hallen des nicht klimatisierten Tekka-Markts geht es nach einiger Zeit gar nicht mehr.
Wie schön sieht da der bonbonbunte Maggi Beer Garden in der schmalen Kerbau Road aus. Wie einladend. Hier sich für einen Moment hinsetzen und ein eiskaltes Bier genießen!
der bonbonbunte Maggi Beer Garden
Aber auch nur hier, denn direkt am Eingang warnt schon das erste Schild den unbedarften Besucher: „You can have beer only here. No hot liquors allowed.“ Also gleich ein zweifaches Verbot. Nur hier, und nur Bier. Kein starker Alkohol, und nur innerhalb des Biergartens. Singapur mag voll von Verboten sein, aber es darf keiner sagen, er hätte es nicht gewusst, denn die Schilder stehen überall, und sie sind klar und deutlich.
Wir setzen uns also für einen Moment in den Biergarten. Und während ich noch so sinniere und mich über die hot liquors amüsiere, die hier nicht erlaubt sind, fällt es mir auf: Es wäre nicht Little India, wenn man nicht einen Weg gefunden hätte, doch für den schnellen Booze zu sorgen, ohne gegen die Vorschriften zu verstoßen: Zwölf verschiedene Biere werden hier angeboten, alle eisgekühlt aus der Dose, und neun von diesen zwölf, also alle außer Heineken, Carlsberg und Tiger, weisen Alkoholgehalte von jenseits der acht Prozent auf. Kingfisher Extra Strong, Black Label Strong, Anchor Strong und Knock Out, so lauten die einschlägigen Namen der Biere.
Uff, einerseits also der Bierdurst, andererseits: Acht Prozent bei dieser Hitze und Schwüle?
Ach, wir teilen uns eine Dose.
Schon lange kein Bier mehr aus der Dose getrunken. Kingfisher Extra Strong. Acht Prozent. Eiskalt. Der Alkohol fällt bei dieser Kälte gar nicht auf. Der Geschmack auch nicht. Das Bier verdampft auf der Zunge. Nach wenigen Schlucken haben wir die Dose hinter uns gebracht.
Kingfisher Extra Strong
Ethisch nicht korrekt. Dosenbier. Dann auch noch ein Massenprodukt. Importiert über tausende Kilometer hinweg. Eisgekühlt in einem Kühlschrank, der in der prallen Sonne steht. Oh je, der ökologische Fußabdruck dieses Biers war wohl gewaltig.
Aber es war trotzdem gut. Genau im richtigen Moment. Hier. Auf den bunten Bänken des Maggi Beer Gardens. Um uns herum weit und breit kein Tourist.
Auch so geht schon mal ein Bier-Erlebnis. Nicht immer. Ganz bestimmt nicht. Aber mal geht das schon.
Der Maggi Beer Garden ist von 06:00 Uhr morgens bis 23:00 Uhr abends durchgehend geöffnet. Starkbier schon zum Frühstück. Kein Ruhetag. Zu erreichen ist er von der U-Bahn-Station Little India in zwei Minuten zu Fuß. Auch schon morgens um sechs, auch noch abends um elf.
Maggi Beer Garden
Little India
41 Kerbau Road
219170 Singapore
Singapore
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