Delirium Café Orléans
Orléans
FRA

Delirium – eine starke Marke. Ob man den rosa Elefanten, das Symbolbild der Brouwerij Huyghe in Belgien, mag oder nicht, spielt keine Rolle. Er hat sehr hohen Wiedererkennungswert, und er ist innerhalb weniger Jahre zunächst in Belgien, danach weltweit bekannt geworden.

Ursprünglich stand der rosa Elefant nur für das Bier Delirium Tremens, ein seit 1989 gebrautes, 8,5% Starkbier, das aber rasch zum Flaggschiff-Bier der Brauerei wurde, so dass die Bierliebhaber den rosa Elefanten mehr und mehr auch mit der Brauerei identifizierten. Später kam eine Bierbar in Brüssel hinzu, das Delirium Café, das mit mehr als 2000 verschiedenen Bieren im Angebot rasch einen Eintrag im Guinnessbuch der Rekorde erringen konnte. Weitere Delirium-Biere kamen hinzu (Delirium Nocturnum, Noël, Red, Deliria, Argentum, Black), die alle einen extrem hohen Alkoholgehalt gemeinsam haben, und schließlich begann man, im Franchising-System weltweit weitere Delirium Cafés zu eröffnen.

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weltweit grüßt der rosa Elefant

Rund um den Globus findet man sie mittlerweile, und eines haben sie gemeinsam: Sie sind Botschaften der belgischen Bierkultur und bieten eine gewaltige Auswahl an belgischen (und internationalen) Bieren. Alles unter dem Symbol des rosa Elefanten.

Orléans ist jetzt nicht gerade auf der anderen Seite des Globus, jedenfalls aus Brüssel, vom Original Delirium Café aus gesehen. Aber schon hier finden wir ein Delirium Café, das sich – wenig originell – Delirium Café Orléans nennt.

Von der Loire nur durch einen Fußweg und eine Straße getrennt, liegt es am Rand der Altstadt. Wirklich gemütlich wirkt es heute, am 15. Oktober 2019, nicht – befindet sich doch der große und recht moderne Bau, in dem das Café untergebracht ist, im Umbau. Schwere Meißel und Bohrhämmer arbeiten sich in und durch die Betonwände, Kreissägen kreischen, es knistert und stinkt von Schweißarbeiten, und deftige Flüche der Bauarbeiter hallen über den Vorplatz. Biegt man jedoch einmal um die Ecke des Gebäudes, ist alles vorbei.

Tische und Stühle stehen auf dem Place de Loire, schwarze Schirme mit rosa Elefanten schützen die Gäste vor Sonne und Regen. Dahinter eine große Glasfront, durch die man schon in das Café hineinsehen kann. Wir werfen einen prüfenden Blick gen Himmel und sehen ein paar dunkle Wolken. Ob es trocken bleibt? Sicherheitshalber suchen wir uns einen Tisch drinnen, aber direkt am Fenster, so dass wir auf den Vorplatz hinausblicken können.

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quietschbunte Dekoration

Der Raum ist kunterbunt dekoriert. Bunte Graffitis an der Wand, ein paar Instrumente, E-Gitarren und Trommeln, Reklameschilder aus Emaille oder Holz, große Kreidetafeln für die Tagesangebote, und darüber ranken sich grüne Blätter, in denen, Christbaumkugeln gleich, bunte Bierdosen als Dekoration baumeln. Und immer wieder der rosa Elefant. Einerseits kann sich das Auge nicht sattsehen, entdeckt immer neue Details und witzige Gags, die in der Dekoration versteckt sind. Anderseits ermüdet diese bunte Kakophonie aber auch, und irgendwann wenden wir uns augenmüde ab.

Der junge Barmann bringt uns La Bible – die Bibel. Daumendick ist die Karte. Nur ein paar Seiten offerieren Speisen, aber viele, viele Blätter eine schier endlose Bierliste. Wunderbare Spezialitäten könnte ich hier finden, aber nach unserem langen Spaziergang kreuz und quer durch die Stadt habe ich jetzt nur eins: Durst! Ich bestelle mir ein simples, helles Lager – das Campus Premium. Zwar auch aus der Brouwerij Huyghe, aber keine Bierspezialität, sondern nur ein schneller Durstlöscher. Als solchen benutze ich das Bier auch. Zisch! … und weg!

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die Bibel

Derart entspannt blättern wir nun ruhiger durch die Karte, bestellen uns eine Kleinigkeit zu essen und genießen dazu etwas Feineres, Gehaltvolleres. L’Avallée de la Loire nennt sich das Blonde aus der Brasserie du Vauret. Feine estrige Aromen, dezent und nicht dominant, schweben über dem Glas. Rund und süßlich, leicht fruchtig, aber auch mit einem Hauch phenolischen Charakters gefällt dieses sechsprozentige Bier gut. Kleine Schlucke, feiner Geschmack – das passt als eigentlicher Auftakt ganz vorzüglich.

Unser Essen wird serviert. Ein deftig belegter Flammkuchen für meine holde Ehefrau. Ein Rezept des Hauses, offensichtlich. Die dünne Teigplatte dick belegt mit Hackfleisch, Käse und einem großen Spiegelei. Der Stramme Max unter den Flammkuchen. „Naja, spazieren gehen macht hungrig“, entschuldigt sich meine Frau eher bei sich selbst als bei mir. Aber ich stehe ihr in der Deftigkeit meines Essens nicht nach. Tartare de Bœuf, eine dicke Portion. Serviert mit einem rohen Ei und ein paar Zutaten. Zum selbst Mischen und Matschen. Begleitet von dicken, goldenen Pommes. Diät sieht anders aus.

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Diät sieht anders aus!

Das simple Blonde namens Abbaye Averbode aus der Brouwerij Huyghe hält mit seinen 7,5% Alkohol und seinen deutlicheren Aromen gut dagegen. Vielleicht keine perfekte Paarung, wie sie ein Biersommelier zusammenstellen würde, aber durchaus harmonisch. Immer wieder ein Bissen rohes Fleisch, dann wieder die fruchtigen und leicht alkoholischen Noten des Blonde – das passt schon!

Zufrieden sitzen wir an unserem Tisch und genießen eine gewisse Verdauungsschwere. Die holde Ehefrau schaut auf die Uhr und stellt fest: Für noch ein Bier sei es ihr zu früh. „Einen großen Kaffee, bitte“, signalisiert sie dem jungen Mann. Er kommt rüber und schaut mich an: „Für Sie bestimmt noch ein Bier?“

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„Noch ein Bier?“

Für einen Moment hatte ich überlegt, ebenfalls nur einen Kaffee zu nehmen, aber wenn ich so direkt gefragt werde…

Ich werde schwach und bestelle mir ein Queue de Charrue / Ploegsteert, ein Tripel der Vanuxeem Brouwerij. Neun Prozent Alkohol hat es, zum Glück ist es nur eine kleine Flasche. Ich habe keine Ahnung, wie gut dieses Bier ist, aber ich bin neugierig, und ein guter Neunprozenter kann durchaus auch einen Verdauungsschnaps ersetzen.

Der Barmann bringt mir ein passendes Glas und die Flasche. Ich setze den Öffner an, hebele den Kronkorken ab und schenke vorsichtig ein. Glocken erklingen, am Himmel erstrahlt ein doppelter Regenbogen, und als ich die Flasche wieder absetze, ertönt ein gewaltiger Donnerschlag.

Ich bin fasziniert. Was für ein gewaltiger Auftritt für so ein Bier. In Kitschromanen habe ich von solchen Sinnesempfindungen gehört, aber sie für Imaginationen und Ammenmärchen gehalten. Was ein kleines Bier doch bewirken kann! Und dabei habe ich noch keinen Schluck genommen, sondern es lediglich eingeschenkt!

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Donnergrollen, Glockengeläute, ein doppelter Regenbogen erscheint …

„Heh! Ist was mit Dir?“ Die Stimme meiner Frau holt mich in die Realität zurück. „Blitz und Donner, bunte Farben, Regenbögen und Glockenklänge – was ist das bloß für ein Bier?“ frage ich sie, noch immer etwas neben mir stehend.

„Quatsch! Draußen gewittert es, schau Dir den Regenbogen an! Und es ist sechs Uhr nachmittags, Frankreich ist katholisch, in der Kirche nebenan ist gleich Gottesdienst. Da läuten die Glocken. Ganz normal! Dir sind wohl die Biere vorher nicht bekommen! Naja, dann machen wir besser nach diesem Bier Schluss. Oder noch besser: Ich trinke es, und nicht Du!“

Tapfer verteidige ich mein Glas, und noch für eine Weile sitzen wir im Delirium Café Orleáns, genießen die angenehme Atmosphäre und sehen zu, wie draußen im Gewitter für einen Moment die Welt unterzugehen scheint.

Das vor acht Jahren gegründete Delirium Café Orléans bietet rund ein Dutzend Biere vom Fass, vorwiegend belgische Spezialitäten, aber immer auch ein paar moderne Kreativbiere. Dazu kommen weit über hundert verschiedene Flaschenbiere, mit Schwerpunkt aus Belgien. Der Service ist freundlich, das Essen schmackhaft, die Atmosphäre angenehm – durch die Glasfront etwas heller und freundlicher als in einigen anderen Delirium Cafés. Es ist täglich ab 16:00 Uhr, freitags und sonnabends schon ab 15:00 Uhr geöffnet; kein Ruhetag. Zu erreichen ist es mit der Straßenbahn, Haltestelle Royale-Châtelet, und von dort aus drei Minuten zu Fuß in Richtung Osten, immer an der Loire entlang.

Bilder

Delirium Café Orléans
5 Place de Loire
45 000 Orléans
Frankreich

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