Wer immer schon einmal mit dem Gedanken gespielt hat, Tschechisch zu lernen, sollte sich vielleicht dieses Buch zulegen – als Motivationshilfe.
Trotz einiger Jahre, die ich in Tschechien gelebt habe, bin ich über einen kleinen Pidgin-Tschechisch-Wortschatz nicht hinausgekommen, was vielleicht auch daran lag, dass an meinem Arbeitsplatz ausschließlich Englisch gesprochen wurde. Aber dieses Buch habe ich trotz dieser Minimalkenntnisse mühsam durchbuchstabiert und darf mich somit rühmen, es tatsächlich gelesen zu haben. Und es hat sich gelohnt!
Pavel Borowiec und Marcela Titzlová haben mit dem Buch Kniha o Pivu, dessen Titel so simpel und eingängig ist, wie er nur sein kann – „Ein Buch über Bier“ – ein sehr schönes und lesenswertes Werk geschaffen. Man merkt jedem einzelnen Kapitel die Sorgfalt an, mit der recherchiert wurde, mehr aber noch die Liebe zum Thema, die die treibende Kraft war.
230 Seiten, schönes Kunstdruckpapier, vollfarbig, mit festem Kartoneinband und echter Fadenheftung – das ist schon beim ersten in die Hand Nehmen ein angenehmes, durchaus wertiges Gefühl.
Der Untertitel beschreibt, worum es in diesem Bierbuch im Speziellen geht: „Jak pivo poznávat, ochutnávat a párovat z jidlem“ – „Wie man Bier kennenlernt, verkostet und mit Essen kombiniert“.
Sieben ausführliche Kapitel strukturieren das Buch, und direkt nach einem erfrischend kurzen Vorwort geben die beiden Autoren, die in der tschechischen Bierwelt (Pavel Borowiec ist Herausgeber des Magazins „Pivo, Beer & Ale“) und dem Lifestyle (Marcela Titzlová schreibt für die zweitgrößte tschechische Tageszeitung MF Dnes und das Magazin Bydleni – Wohnen) zuhause sind, eine kurze Einweisung, wie dieses Buch zu nutzen ist.
Zu nutzen? Na, indem man es von vorne nach hinten liest, natürlich! Oder etwa nicht?
Ja, kann man machen. Habe ich auch so gemacht. Aber nicht jeder ist so ein ausgeprägter Bierfanatiker, dass er (oder sie) das Buch wirklich von der ersten bis zur letzten Seite verschlingt – man kann sich seiner nämlich auch als Nachschlagewerk bedienen, sollte dann allerdings wissen, womit sich die verschiedenen Kapitel befassen.
Kapitel 1 beschäftigt sich mit den verschiedenen sensorischen Merkmalen des Biers („Vlastnosti Piva“ – „Eigenschaften des Biers“). Weg vom dualen Ansatz „schmeckt“ oder „schmeckt nicht“ hin zu einer differenzierten Betrachtung mit allen Sinnen. Oder fast allen. Farbe, Klarheit, Schaum, Geruch, Geschmack – es gibt so viel mehr zu entdecken als ein unreflektiertes Gesamturteil auszudrücken vermag.
Kapitel 2 darf man, so sehen es die Autoren, ruhig überspringen. Hier werden der Herstellungsprozess des Biers und die Nutzung der wichtigsten Rohstoffe beschrieben („Zrození Piva“ – „Die Entstehung des Biers“) – Wissen, das wertvoll ist, das man aber nicht zwingend benötigt, um sagen zu können, ob und vor allem wie einem ein Bier schmeckt.
Im Kapitel 3 wird es dann schon wichtiger und interessanter, denn hier geht es um Stilkunde („Pivní Styly“ – „Bierstile“). Nur wenn ich weiß, welche sensorischen Eigenschaften für einen bestimmten Bierstil typisch sind, kann ich mir auch ein Urteil erlauben, ob ein Bier stilgerecht gebraut worden ist. Darüber hinaus hilft die Kenntnis der Bierstile aber auch beim Einkauf, wenn ich beim Lesen des Etiketts nämlich schon eine Ahnung davon bekomme, welche Gerüche und Geschmäcker mich beim Trinken erwarten. Ob tschechisches Lagerbier, fränkisches Rauchbier oder belgisches Gueuze – zahlreiche Bierstile der Welt werden beschrieben und mit konkreten Beispielen Empfehlungen abgegeben, sich den jeweiligen Stil auch selbst zu „erarbeiten“.
Das vierte Kapitel geht dann ganz detailliert auf die Biere in Tschechien ein („Kde Poznáte České Pivo“ – „Wo macht man sich mit tschechischem Bier vertraut“). Zahlreiche tschechische Klein- und Kleinstbrauereien werden vorgestellt, teils mit netten Anekdoten, oft auch mit konkreten Empfehlungen für bestimmt dort gebraute Biere.
Im fünften Kapitel („Ochutnáváme Pivo“ – „Wir verkosten Bier“) finden sich Empfehlungen, wie man eine Verkostung allein oder mit Freunden vorbereitet, und was dabei zu beachten ist, um wirklich schöne sensorische Erlebnisse zu haben. Auch ein paar Vorschläge für eine typische Reihung von Bieren in einer Verkostung sind aufgeführt, und es wird vor allem auch erklärt, warum gerade diese Reihenfolge und diese Systematik.
Die Kombination von Bier und Essen ist das Thema des sechsten Kapitels („Párování Piva a Jídla“ – „Die Kombination von Essen und Bier“). Welche Aromakomponenten des Biers harmonieren besonders gut mit welchen grundsätzlichen Geschmacksrichtungen des Essens? Oder welche wirken besonders durch ihren Kontrast? Wem nicht spätestens in diesem Kapitel das Wasser im Mund zusammenläuft, der kann kein Genussmensch sein.
Das Kapitel 7 beschließt dieses wunderbare Buch – eine Reihe von Rezepten mit Bier („Vaříme s Pivem“ – „Wir kochen mit Bier“). Ob deftig oder süß, ob Suppe, Braten oder Auflauf – die Rezepte sind detailliert beschrieben und als Zutat nicht einfach nur „ein Bier“ empfohlen, sondern meist ein ganz bestimmtes, das mit seinem Malzcharakter oder seiner Hopfenbittere zu diesem Gericht ganz besonders gut passt. Und wenn keine ganze Flasche als Zutat benötigt wird, dann empfiehlt es sich grundsätzlich immer, den Rest des Biers dann zum Essen zu genießen.
Mit einem frisch eingeschenkten Bier prosten uns Autor und Autorin ganz zum Schluss des Buches zu: „Möge Ihnen dieses Buch viel Freude mit dem Bier und seiner Verkostung bereiten!“
Da kann ich dann nach der – zugegebenermaßen mühsamen – Lektüre nur antworten: „Das tut es. Das tut es in der Tat!“
Pavel Borowiec, Marcela Titzlová
Kniha o Pivu
Nakladatelství Smart Press s.r.o.
Praha, 2017
ISBN 978-80-87049-96-9
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