Apfeltrang?
Jetzt wohne ich schon seit einigen Jahren im Allgäu, aber über manche Ortsnamen der Region muss ich immer noch lachen.
Apfeltrang.
Ein winziges Nest in der Nähe von Kaufbeuren. Vielleicht 300 Einwohner. Eine Handvoll Bauernhöfe, ein Friedhof, eine Kirche. Und ein Dorfgasthaus. Dieses allerdings ein ganz besonderes.
Der Landgasthof Hubertus ist weit über die Grenzen des kleinen Dörfchens hinaus für seine vorzügliche Küche bekannt. „Ein gastronomisches Juwel“, so liest man es im Internet, und auch in den regionalen Zeitungen erscheinen immer mal wieder Rezensionen, die die hiesige Küche loben. Das Tüpfelchen auf dem „i“ ist aber, dass man hier auch eigenes Bier braut: Seit dem Frühjahr 2006 verfügt der Landgasthof Hubertus über eine eigene Brauerei.
Noch weht uns kalte Winterluft um die Nasen, obwohl die Sonne schon ab und an zwischen den Wolken hervorspitzt, als wir das Auto auf dem Parkplatz gegenüber vom Hotel abstellen und die Gastwirtschaft betreten. Wir gehen an der Hotelrezeption vorbei und betreten durch eine Glastür den Restaurantbereich. Eine junge Kellnerin saust an uns vorbei, ruft uns aber schnell noch zu: „Ich bin sofort für Sie da.“ Augenblicke später steht sie vor uns: „Wir sind eigentlich völlig ausgebucht, aber für zwei Personen finde ich bestimmt noch etwas.“
Gemeinsam mit ihr gehen wir durch den Restaurantbereich nach hinten in den Stadl. Die ehemalige Scheune ist zu einem großen, aber weder kahlen noch ungemütlichen Speisesaal umgebaut worden, und hier ist ganz hinten tatsächlich noch ein Tisch für zwei Personen frei.
Durch große Fensterflächen fällt viel Licht herein, die Tische sind liebevoll dekoriert und eingedeckt, an der Wand hängen prächtig geschmückte Kuhglocken und erinnern an den nächsten Viehscheid. Wir fühlen uns auf Anhieb sehr wohl.
Die jungen, fast ausschließlich multinationalen Kellnerinnen und Kellner sind samt und sonders außerordentlich freundlich und aufmerksam, und wir sitzen nur Augenblicke, bis man sich wieder um uns kümmert. „Erstmal ein Helles Eures Selbstgebrauten, während wir die Speisekarte studieren, bitte“, bestelle ich, und der junge Mann grinst: „Genau so soll es sein. Wir läuten das Mittagessen mit einem Hausbier ein.“
Die Speisekarte ist nicht sehr umfangreich, bietet aber trotzdem viel Abwechslung. Also keine Bausteinküche, sondern jeweils in sich stimmige Gerichte. Lokale, Allgäuer Gerichte, aber mit Pfiff, so scheint es. Wir geben unsere Bestellung auf, nehmen den ersten Schluck vom mittlerweile frisch servierten Hellen und … sind enttäuscht. Nicht, dass das Bier schlecht schmecken würde, aber schon der erste Schluck, auf den man sich als Bierliebhaber ja fast schon seit dem Frühstück freut, wirkt lustlos und langweilig.
Nichts, aber auch gar nichts an diesem Bier sticht aus dem grauen Durchschnitt der Gasthausbrauereien heraus. Ein absolutes Allerweltsbier, das in der farblosen Masse der mittlerweile auch von den Großbrauereien herausgebrachten naturtrüben Kellerbier einfach unterginge. Keine Geschmacksfehler, das nicht, aber auch keine besondere Hopfenaromatik, kein schöner, runder Malzcharakter. Manifestierte Langeweile auf Alltagsniveau.
Ganz anders zum Glück das Essen. Klassische Allgäuer Gerichte, aber wunderbar auf den Punkt zubereitet, nett, aber nicht überladen dekoriert, pfiffig gewürzt – meine holde Ehefrau und ich sind rundum zufrieden. Der Ruf, der der Küche des Landgasthof Hubertus vorauseilt, wird bestätigt. Für diese schmackhaften Gerichte hat sich die Fahrt allemal gelohnt.
Wir probieren dazu noch ein weiteres der hier gebrauten Biere, das Dunkle. Aber auch hier: Langeweile in eleganten Gläsern. Ein bisschen dunkler als das Helle steht das Bier vor uns, die Verbrauchererwartung an ein Dunkles wird aber farblich nicht ganz erfüllt. Kupferfarben, das mag stimmen, aber wenn ich ein Dunkles bestelle, erwarte ich eigentlich ein kräftiges Braun. Etwas malziger, etwas voller und runder als das Helle ist dieses Bier, weist auch keine Geschmacksfehler auf, ist aber auch nicht in der Lage, den Genießer zu überraschen oder gar zu begeistern. „Ein Dunkles, ja und?“, mag die Reaktion sein, oder auch: „Just another Dunkles…“
Im krassen Gegensatz dazu wieder die Nachspeise. Eine Explosion an Geschmack, wunderbar in der Vielfalt zusammengestellt, und jede einzelne kleine Gabel, jedes Löffelchen davon ein Hochgenuss. Eigentlich waren wir vorher ja schon pappsatt gewesen und die Bestellung reiner Übermut, aber letzterer hat sich gelohnt: Was hätten wir verpasst, hätten wir uns diesen Nachtischteller nicht geteilt.
So gehen wir denn hochzufrieden mit dem Essen wieder zurück zum Auto. Der gute Ruf der hiesigen Küche – wir können ihn nur bestätigen. Und die Begleitbiere? Nun, immer noch besser, als böte man nur das Standardsortiment der deutschen Gastronomie an, also die Fernsehbiere, die in jedem Supermarkt regelmäßig im Sonderangebot zu haben sind. Aber die Chance, sich mit selbstgebrauten Bieren auf dem gleichen Niveau zu präsentieren wie die Küche, hat man verpasst. Unauffällige Begleitbiere, mehr nicht. Eigentlich ein bisschen schade.
Der Landgasthof Hubertus im Ruderatshofener Ortsteil Apfeltrang ist montags und dienstags ab 17:00 Uhr, an allen anderen Tagen ab 11:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Warme Küche gibt es nur zur Mittagszeit und dann wieder ab 17:30 Uhr. Durch seine Lage weit auf dem Land ist er mit öffentlichen Verkehrsmitteln kaum zu erreichen, es sei denn, man nimmt die Bayerische Regiobahn bis Ebenhofen und wandert dann fast eine Dreiviertelstunde. Kommt man mit dem Auto, gibt es einen großen gebührenfreien Parkplatz direkt vor der Tür. An diesem Parkplatz gibt es auch den Schmankerl-Stadl, ein Verkaufsstand mit Automat, an dem man die hier gebrauten Biere sowie Zutaten aus der Küche zum Selberkochen rund um die Uhr erwerben kann.
Landgasthof Hubertus
Wenglinger Straße 2
87 674 Ruderatshofen
Bayern
Deutschland
Wie fing es an in Apfeltrang? Die Brauanlage war da aber die Kühlung noch nicht also wurde obergärig gebraut. Heraus kam ein Weizen, was absolut tragfähig war und ein Helles, was typisch craftbiermäßig für ein Glas ganz interessant war aber dem bayrischen Dauertrinker nicht zu vermitteln war. Diese sind aber nicht die Zielgäste dieses Instituts. Was sich seither getan hat müßte man mal erkundigen (A. Tegtmeier) aber die Grundidee, ein Glas zu gutem Essen und nicht mehr scheint sich treu geblieben zu sein.
Hallo, Gernot,
dankeschön für Deine Gedanken. Klingt logisch, allerdings nicht begeisternd, denn auch wenn man kein Volumentrinken in seinem Restaurant haben möchte, kann man dennoch auf asugezeichnete Qualität des Biers achten. Das eine schließt das andere schließlich nicht aus.
Mit bestem Gruß,
VQ