So nah und doch weit weg …
Eigentlich ist Bregenz von uns aus gerade um die Ecke. Luftlinie ist es ganz nah, mit dem Auto oder der Bahn auch bequem zu schaffen. Und dennoch: Zwei Jahre leben wir schon im Oberallgäu, und jetzt erst haben wir uns aufgerafft, uns in den Zug gesetzt und begonnen, die Bierszene in Bregenz zu erforschen.
Wobei … Bierszene? In einer Kleinstadt mit weniger als 30 000 Einwohnern? Denn ungeachtet der Tatsache, dass Bregenz Landeshauptstadt des österreichischen Bundeslands Vorarlberg ist, darf man nicht vergessen: Es ist eine Kleinstadt. Wenn also Bierszene, dann also auch nur eine kleine.
Aber eine feine, wie wir rasch feststellen werden.
Ein paar Minuten Fußweg sind es nur vom Bahnhof bis in die Maurachgasse am Rand der Altstadt. In einem schönen, alten Gebäude mit einer Fassade aus roten und gelben Ziegeln residiert hier eines der besten Bierlädchen in der ganzen Region, das hops & malt. Seit Herbst 2016, also seit immerhin schon fast vier Jahren, betreibt Dietmar Menzinger zusammen mit seiner Freundin Dunja diesen hervorragend sortierten Bottle Shop. Zwei Jahre zuvor hatten die beiden unter dem gleichen Namen schon ein Bierfachgeschäft im nahegelegenen Dornbirn eröffnet (irgendwann muss ich da auch noch hin …), und bald kam angesichts des großen Erfolgs in Bregenz eine zweite Niederlassung hinzu.
Einen Moment bleiben wir vor dem Lädchen stehen. Ein paar Stehtische auf der Straße, ein paar leere Bierkisten vor dem Schaufenster als Sitzgelegenheit, ein paar Malzsäcke als Dekoration. Und da kommt auch schon unser lieber Freund, der Biersommelier Dominik Ahmidou-Fend die Straße heraufspaziert. Mit ihm zusammen wollen wir Bregenz erkunden, er kennt sich hier aus, weiß, wo es das gute Bier gibt, und in der ihm stets eigenen, ansteckend guten Laune zieht er uns auch schon in das hops & malt hinein.
Eine kleine Theke mit viel bieriger Deko sehen wir linker Hand; Dietmar, der dahintersteht und gerade kassiert, grüßt uns freundlich. Rechter Hand stehen Regale mit Bieren und Bierutensilien, dazwischen ein kleiner, runder Tisch mit ein paar Hockern. Für einen Moment nehmen wir hier Platz, und Dominik erzählt uns von der Geschichte des kleinen Lädchens. Davon, dass Dietmar und Dunja die Idee zum Laden von einer Weltreise mitgebracht haben, einer Reise, während der sie überall auf der Welt die spannendsten Biere verkosten durften, und während der ihnen bewusst wurde, dass es weder in Deutschland noch in Österreich ein vergleichbar abwechslungsreiches Bierangebot existierte. Und im verschlafenen Ländle, in Vorarlberg, schon gleich gar nicht. So ward die Idee geboren, in Dornbirn das erste Lädchen zu öffnen.
„Und was dann aus dieser Idee geworden ist, das seht Ihr jetzt hier“, mischt sich Dietmar ein und stellt uns ein paar Verkostungsgläser auf den Tisch. „Ein Session IPA aus Lissabon, aus der Brauerei Dois Corvos.“ 4,5% Alkohol hat es, und es ist für uns ein guter Start in einen bierigen Tag. Kräftig hopfig, etwas fruchtig, ein kleines bisschen kräuterig, gut trinkbar. Macht Lust auf mehr.
Wir stellen die Gläser zurück auf die Theke und gehen in den hinteren der beiden Räume. Links steht ein großes Holzregal mit bestens sortierten Bierflaschen und -dosen, und sofort macht sich meine holde Ehefrau daran, die besten und allerbesten Spezialitäten herauszusuchen. Kritisch schaut sie auf meinen Rucksack und versucht, abzuschätzen, wie viele Biere da wohl hineinpassen werden.
Während sie so vor sich hin sortiert, beäugen Dominik und ich die Growler-Abfüllstation, also die Installation, an der Fassbier in Ein- oder Zwei-Liter-Behälter, sogenannte Growler, umgefüllt und dann mitgenommen werden kann. Hier hängt gerade das Dois Corvos Session IPA dran, und sorgfältig füllt Dietmar eine dunkelbraune Glasflasche. Vor der Abfüllstation ist eine Glasplatte in den Fußboden eingelassen, darunter sehen wir leere Glas-Growler, auf Malzsäcken attraktiv arrangiert und indirekt beleuchtet. Eine schöne Deko!
Normalerweise finden hier regelmäßige Bierverkostungen und Schulungen statt, aber CoViD-19 hat diese Aktivitäten für viele Monate unmöglich gemacht. Ganz vorsichtig tastet sich die Gesellschaft erst wieder an eine neue Normalität heran, und auch Dietmar und Dunja sind gezwungen, sich neue Konzepte für solche Veranstaltungen zu überlegen.
Mittlerweile hat meine Frau eine beachtliche Anzahl von Flaschen und Dosen zusammengetragen, und beim Bezahlen an der Kasse stelle ich fest: Es passt gar nicht alles in den Rucksack. Egal, wie ich es auch sortiere, es bleibt immer eine Flasche oder Dose übrig. „Kein Problem“, heißt es von Dominiks Seite, und er angelt das Ambear, ein Bayrisch Märzen, aus meinem Rucksack. „Das Bier hat Dietmar auch im Kühlschrank stehen. Dann nehmt Ihr das halt nicht mit, sondern wir trinken es hier.“
Wir bewaffnen uns mit ein paar Verkostungsgläsern und stellen uns vor den Laden an die Stehtische in die Sonne. Kräftig kupferfarben, mit einem schönen Schaum präsentiert sich das Bier hier. Es wird in Zusammenarbeit mit hops & malt in der Brauerei Ried gebraut und für den regionalen Markt in Bregenz angeboten. Ein kräftiger, malziger Geschmack, fast schon ein wenig mastig, 5,6% Alkohol, eigentlich dafür, dass wir gerade erst Mittag haben und es ziemlich heiß ist, schon etwas zu stark. Aber es schmeckt, und es hat halt nicht in den Rucksack gepasst …
So stehen wir vor dem wunderbar sortierten Bierlädchen, genießen den warmen Sommertag, und es kommt, wie es kommen muss: Nun, da wir sowieso schon unsere Verkostungsgläser vor uns haben, geht einer nach dem anderen wieder in den Shop und kehrt mit einem spannenden Bier zurück.
Ein schönes Weizen aus der Trappistenbrauerei der Abdij Koningshoeven, das La Trappe Witte Trappist ist das erste. Erfrischend, leicht fruchtig, sehr schön trinkbar, 5,5% Alkohol. Eines der ersten Trappisten-Weizenbiere überhaupt, lediglich die österreichische Trappistenbrauerei in Engelszell hat mittlerweile ebenfalls ein Weizen im Angebot.
„Wir müssen was Lokales trinken“, sagt Dominik und stellt als nächstes das Oanser Sudwerk auf den Tisch, ein Pale Lager aus der Brauerei Grabhers Sudwerk, einer winzigen Brauerei in Bregenz. 5,1% hat es, und weist neben den eher kernigen Aromen des Hopfens keine für ein Pale Ale so typische fruchtige Estrigkeit auf – man merkt also deutlich, dass es untergärig hergestellt worden ist, etwas schlanker, nicht ganz so komplex wie ein Pale Ale. Ein Pale Lager, eben!
„Na gut, wenn es lokal sein soll, dann nehmen wir das andere aus dieser Brauerei aber auch“, entscheide ich und hole das Giant Paul, ein Pilsner, ebenfalls vom Grabhers Sudwerk. 5,1%, und mit einer ganz eigenen Kräuterigkeit im Aroma. Spannend, dass eine kleine und junge Brauerei sich gleich so stark auf untergärige Biere fokussiert!
Noch lange könnten wir hier in der Sonne stehen und ein Bier nach dem anderen verkosten. Dietmars Kühlschrank gäbe noch so viel her. Aber wir wollen ja noch etwas von der Stadt sehen, und vielleicht gibt die Bregenzer Bierszene ja auch noch eine weitere Adresse her. „Auf geht’s“, signalisiert Dominik, und nach einem obligaten Belegfoto machen wir uns auf den Weg durch die Stadt.
Der Bierladen hops & malt in Bregenz ist zwar nicht sehr groß, besticht aber einerseits durch die Größe der Auswahl (bestimmt ein paar hundert Sorten) und andererseits dadurch, dass hier Biere erhältlich sind, die sonst in Deutschland oder Österreich kaum oder gar nicht erhältlich sind. Es sind edle Spezialitäten von winzigen italienischen Brauereien dabei, seltene skandinavische Biere und sogar ein paar Sorten aus Hong Kong! Dietmar und Dunja haben auf ihrer damaligen Weltreise offensichtlich ein Netzwerk geknüpft, dass ihnen bis heute den Zugang zu solchen Raritäten ermöglicht. Es lohnt sich also, hier immer mal wieder vorbeizuschauen.
hops & malt in Bregenz ist mittwochs bis freitags von 13:00 bis 18:30 Uhr und sonnabends von 10:00 bis 14:00 Uhr geöffnet. Von der Fußgängerzone aus sind es nur zwei Minuten bis in die Maurachgasse, und wer wirklich viel einkaufen und mitnehmen möchte, kann auch mit dem Wagen in die verkehrsberuhigte Zone einfahren – ob es dann einen freien Parkplatz gibt, ist allerdings nicht garantiert.
hops & malt
Maurachgasse 16
6900 Bregenz
Österreich
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