„Es wird Euch vielleicht wundern, dass ich Euch diesen Biergarten empfehle, aber für uns Österreicher, die wir immer nur unser Märzen trinken, ist das etwas ganz Besonderes“, erklärt uns unser lieber Freund, der Biersommelier Dominik Ahmidou-Fend, als wir vor dem Gasthaus Kornmesser in der Bregenzer Innenstadt stehen.
Das österreichische Märzen hat mit dem vollmundigen und kräftigen Bier, das wir in Deutschland unter diesem Begriff kennen, nichts zu tun, sondern ist eher blässlich, schlank, kaum gehopft, hat wenig Körper und oft eine hohe Spundung. Ein erfrischendes Alltagsbier ohne ausgeprägten Charakter, ein „ich möchte allen gefallen und niemanden verschrecken“-Bier. Man kann es in den Biergärten einfach so nebenbei trinken und merkt oft gar nicht, welche Marke man da gerade vor sich stehen hat.
Das Gasthaus Kornmesser mit seinem kleinen, aber ansprechenden Biergarten hat sich hingegen das Augustiner Hell aus München zum Aushängeschild auserkoren, und zwar sowohl im übertragenen Sinne als auch im wörtlichen, wie ich feststelle, als ich nach oben schaue und den schönen Ausleger mit dem Augustiner Wappen über mir hängen sehe.
Wir durchqueren die schlichte, aber nicht ungemütliche Gaststube. Unter den weißen Gewölben stehen einfache Holztische und Stühle, aber nicht nur wegen des hervorragenden Wetters, das alle Gäste nach draußen zieht, sondern auch Corona-bedingt sind sie alle verwaist. Um so voller ist es dann hinter dem Haus, wo unter Sonnenschirmen und grünem Blätterdach eine bunte Mischung von Gästen sitzt. Ältere Damen, Handwerker, junge Pärchen, Geschäftsleute – hier kommt, so wie es sich für einen richtigen Biergarten gehört, alles zusammen.
Ein Blick in die Getränkekarte macht deutlich, dass man das Augustiner-Bier hier wirklich in den Mittelpunkt stellt. Ganze zehn Zeilen Text werden dem Lagerbier Hell gewidmet – eine ausführliche Beschreibung der sensorischen Eigenschaften des Bier, wie sie leider viel zu selten in Bierkarten zu finden ist. Und zum Abschluss die beiden Servierempfehlungen: Entweder ein Halbliter-Willibecher, ganz normal gezapft, oder ein Schnitt, hier als „0,3 Schaumige“ bezeichnet. Bei letzterem wird das Glas mit Schwung gefüllt und es bildet sich eine Menge Schaum. Wenn der sich gesetzt hat, ist das Glas zu etwas mehr als der Hälfte gefüllt – ideal als Abschluss, wenn man eigentlich schon keinen großen Durst mehr hat und ein halber Liter viel zu viel ist, man aber andererseits noch nicht gehen möchte.
Wer statt des Lagerbier Hell lieber auf das etwas kräftiger und ausdrucksstärkere Edelstoff setzt, wird natürlich auch nicht enttäuscht, muss sich allerdings auf Flaschenbier beschränken – klassisch aus dem Fass gibt es nur das Lagerbier Hell. Natürlich wird das Bierangebot mit dem Augustiner Dunklen, dem Hefeweißbier und – saisonabhängig – auch dem Maximator Doppelbock abgerundet, aber im Mittelpunkt steht das simple und doch so ausgewogene Lagerbier.
Die freundliche Dame, die für unseren Tisch zuständig ist, serviert uns zum Bier ganz vorzügliche Brauhausgerichte: Deftigen Gulasch, Wiener Schnitzel, Obatzda, Tafelspitz, Weißwürste oder faschierte Laibchen. Die Speisekarte ist eine länderübergreifende Kombination aus bayerischen und österreichischen Gerichten, so dass jeder etwas nach seinem Gusto finden sollte.
Ein Innenstadt-Biergarten mit nur einem Flaggschiff-Bier, gleichwohl aber aufgrund der hervorragenden Pflege des Biers und der netten Atmosphäre nebst deftiger Küche einen Besuch wert!
Die Geschichte des Hauses reicht mehrere Jahrhunderte zurück. 1728 ist das Gebäude als klassisches Stadthaus in leicht barockem Stil errichtet worden und hat 2004 nach Um- und Rückbau seine heutige Bestimmung gefunden. Seit 2009 gehört es der Augustinerbräu in München, was die Pflege des Biers natürlich garantiert, und wird seit letztem Jahr von einem neuen Pächter betrieben.
Das Gasthaus Kornmesser ist täglich von 09:00 Uhr morgens bis Mitternacht geöffnet; kein Ruhetag. Zu erreichen ist es vom Bahnhof Bregenz Hafen in zwei Minuten zu Fuß.
Gasthaus Kornmesser
Kornmarktstraße 5
6900 Bregenz
Österreich
Verstehe ich das richtig, daß dieses Lokal in den Blog gefunden hat, weil es im österreichischen Märzenland Augustinerbier als besondere Spezialität gilt?
Den Kult um Augustiner krieg ich jetzt schon seit meiner Studentenzeit mit. Das Bier glänzt insbesondere dadurch, daß die anderen Münchner Sorten einfach grottenschlecht sind, wenn man mal vom Oktoberfestbier absieht. Oder an was kann es liegen, daß ich an Silvester in München mit ganzen 3 Halben dieser Brauerei abendfüllend auskomme? Als Münchner Biererlebnis ok, aber außerhalb eher eine Art Bierkolonialismus, der von der betroffenen Landbevölkerung akzeptiert wird, transportiert er doch das Gefühl der Bierweltstadt in die paralysierte Bierlandschaft auf dem Lande. Ansonsten das Führende der überschätzten Biere, gefolgt von Tegernseer, Rothaus und anderen.