Eigentlich eine gute und durchaus originelle Idee, aber ausgerechnet jetzt, unter Corona-Bedingungen, funktioniert sie gar nicht so richtig – und das ist schade!
Es ist gerade mal ein Jahr her, als zum Boland’s Café auch das Boland’s Taphouse hinzukam. Eine Craftbier-Bar mit Restaurantbetrieb und achtundzwanzig verschiedenen Biersorten vom Fass.
Boland’s Taphouse
Sehr schön für jeden Bierliebhaber, aber was ist daran jetzt originell?
Nun, schauen wir es uns doch einmal genauer an:
Ich spaziere durch die die Mannheimer Fußgängerzone und sehe schon von weitem die große Terrasse vor dem eigentlichen Lokal. Mit Blumenkübeln von den vorbeihastenden Menschen abgetrennt, kann man vor Boland’s Taphouse draußen sitzen und das gute Sommerwetter genießen. Die großen Glasscheiben zum eigentlichen Lokal sind aufgeschoben, und so gehen Gastraum und Terrasse quasi ineinander über. Platz für richtig viele Gäste.
Jetzt, am späten Nachmittag, ist aber noch nicht so viel los, und die, die da sind, suchen sich einen Platz draußen, in der Sonne, so wie ich auch. Kaum habe ich Platz genommen, bringt mir eine freundliche Kellnerin die Karte und erklärt mir das Bierprinzip hier vor Ort, das also, was das Taphouse von anderen Craftbier-Bars unterscheidet. Ich müsse mir nämlich meine Biere selber zapfen, erklärt sie. „Außer vier Standardbiere, die kommen an den Tisch …“, fügt sie noch hinzu.
Bierkauf mit einer Art Geldkarte
An der Theke drinnen könne ich eine Art Geldkarte erwerben und mich mit dieser dann an den vierundzwanzig Zapfhähnen nach Herzenslust bedienen. Der Kollege drinnen würde mir gerne alles genau erklären. „Klingt spannend“, sage ich, „aber wenn ich jetzt schon richtig Durst habe und das erste Bier schnell gehen soll?“
„Dann bringe ich Ihnen ausnahmsweise ein Glas raus, zur Zeit ist wenig los, da mache ich mal eine Ausnahme“, grinst die Dame, und im Handumdrehen habe ich ein Glas Killer Cucumbeer Ale der kanadischen Brauerei Steamworks aus Vancouver, die ihre Biere für den europäischen Markt aber in Berlin braut, vor mir stehen. Leichte 4,7% Alkohol hat es, ist spritzig, und mit frischen, ganz dezent säuerlichen Gurkenaromen ist es das perfekte Bier für den ersten großen Schluck des Tages. Die Apologeten des sogenannten „Reinheitsgebots“ mögen wieder vor Wut schäumen und engstirnig fragen, was denn Gurken in einem Bier zu suchen hätten. Aber solange auch Alsterwasser (in Bayern Radler genannt), also mit Limonade gemischtes Bier, als Erfrischungsgetränk akzeptiert ist, gibt es keinen Grund, die weniger süße und damit viel gesündere Alternative in Form von Gurken zu verschmähen. Mir schmeckt’s hervorragend!
Killer Cucumbeer Ale
Nachdem der erste Durst nun also gelöscht ist, nehme ich mir die Zeit und erkunde das Innere von Boland’s Taphouse.
Im Schankraum fallen sofort die Malereien an den Wänden auf. Dicke Sofas und gepolsterte Bänke, zahlreiche Holztische, und in der Mitte ein riesiger Baum. Eine angenehme Atmosphäre. Ein paar Schritte weiter dann eine endlos lange Reihe von Zapfhähnen an einer hellblauen Wand. Vierundzwanzig Stück, so wie von der Kellnerin bereits angepriesen. Zwischen jeweils zwei Zapfhähnen hängt ein kleiner Bildschirm, auf dem die links und rechts davon angebotenen Biere näher beschrieben sind: Brauerei, Name des Biers, Stil, Alkoholgehalt und natürlich der Preis.
Am unteren Rand des Bildschirms ein Kartenleser. Hier platziere ich meine Chipkarte, die ich mir eben beim Barmann gekauft habe. Zehn Euro Guthaben, zeigt der Bildschirm nun an. Ich nehme mir ein Glas, halte es unter den Hahn und beginne, zu zapfen. Während sich das Glas füllt, sehe ich, wie mein Guthaben in Echtzeit schwindet. Ich kann mir wahlweise einen winzigen Schluck oder ein ganzes Glas füllen – alles wird genau abgerechnet. Ob Volumentrinker oder Bierverkoster – hier kann sich jeder nach seinen persönlichen Vorlieben ausleben.
24 elektronisch überwachte Zapfhähne
Aber ach: Jetzt kommt leider die CoViD-19-Pandemie ins Spiel, die diesen fröhlichen Zapfspaß ganz erheblich beeinträchtigt und das Prozedere (aus gutem Grund!) beliebig kompliziert macht. Zuerst muss ich mir den Mund-Nase-Schutz aufsetzen, dann meine Hände desinfizieren, dann am Kühlschrank ein gespültes und vorgekühltes Glas holen. Jedes Mal ein frisches Glas, denn die kleinen Spülköpfe unter den Zapfhähnen dürfen aus Hygienegründen nicht benutzt werden.
Dann darf ich unter den vierundzwanzig Zapfhähnen diejenigen suchen, die überhaupt angeschlossen sind, denn um ein zu enges Beisammenstehen der Gäste zu verhindern, ist nur rund jeder dritte Zapfhahn tatsächlich belegt. Abstand, Abstand, Abstand … Und dann erst kommt der Zapfspaß, und bevor zum krönenden Abschluss auch noch der Trinkspaß kommen kann, muss ich das Glas erst raus an meinen Tisch bringen und den Mund-Nase-Schutz wieder absetzen.
So spannend, wie die Bierauswahl auch ist, so schade ist es, sie nur mit gebremstem Schaum genießen zu können.
Mein fruchtiges Pale Ale der Welde-Brauerei mit 4,5% Alkohol schmeckt mir trotzdem gut. Auch wenn der Spaß des Selberzapfens aus Hygienegründen auf der Strecke bleibt, so sind die Biere doch trotzdem prima. Und dieses hier passt auch ganz vorzüglich zu meinem großen Burger mit Ziegenkäse.
Burger mit Ziegenkäse
Und nicht nur dieses eine, denn der Burger ist groß genug um mehr als nur ein Bier als Begleitung zu vertragen. Es folgen also noch das India Pale Ale der Welde-Brauerei mit 6,7%, ein klassisches britisches IPA mit intensiv harzigen Hopfennoten, und das ebenso starke Flagship-IPA von Steamworks, das statt der harzigen Noten ganz auf intensive Fruchtaromen setzt.
Der Burger war vorzüglich, der Service sehr freundlich und aufmerksam, die Biere durch die Bank gut. Wenn auch das Zapfen etwas umständlich war, hat es mir bis jetzt doch ausnehmend gut gefallen.
eine bunte und durchaus ansprechende Inneneinrichtung
Ein kleines Guthaben habe ich noch auf der Karte, und theoretisch könnte ich mir das jetzt auszahlen lassen. Praktisch aber hole ich mir noch ein letztes, kleines Bier zum Abschluss. Noch einmal die Welde-Brauerei, jetzt mit der Badisch Gose, 4,6% Alkohol. Ich halte das Glas unter den Zapfhahn und lasse das Bier fließen, bis das Guthaben auf Null gesunken ist und die Automatik abschaltet. Es ist doch noch eine schöne Probierportion zusammengekommen.
Die Gose schmeckt nur ganz leicht säuerlich, nur leicht mineralisch – schön ausgewogen. Ein sehr edler Vertreter dieses Bierstils.
im oberen Stockwerk kann man sich in einer Art Lounge hinlümmeln und von oben auf die Zapfhähne kucken
Noch einmal sehe ich mich im Schankraum um. Die Atmosphäre ist ansprechend. Im oberen Stockwerk kann man sich in lounge-artigen Ecken herumlümmeln, unten ist eher sitzen an Tischen angesagt. Eine schöne Anlaufstelle für Bierliebhaber, und wenn wir irgendwann in der Zukunft die Pandemie durch Impfung oder Medikamente im Griff haben werden, dann wird auch an den vierundzwanzig Zapfhähnen wieder ein fröhliches Gedränge der Bierliebhaber herrschen.
Hoffentlich bald.
Boland’s Taphouse ist täglich ab 12:00 Uhr durchgehend mindestens bis Mitternacht geöffnet; sonntags ist zu. Zu erreichen ist die Craftbier-Bar mit den Straßenbahnlinien 2, 3, 4, 6 und 7, Haltestelle Strohmarkt, und von dort zwei Minuten zu Fuß in Richtung Süden.
Boland’s Taphouse
O4, 3
68 161 Mannheim
Baden-Württemberg
Deutschland
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