Beaver Brewing Company
Wien
AUT

Es herrscht ein gewaltiger Lärmpegel. Der Schankraum der Beaver Brewing Company ist brechend voll, es läuft laute Rockmusik und die Gäste versuchen, sich trotzdem zu unterhalten, schreien im verzweifelten Versuch, die Musik zu übertönen, aufeinander ein. Es ist das, was die jüngere Generation Atmosphäre nennt.

Nicht, dass ich etwas gegen gute Rockmusik hätte, ganz im Gegenteil – ich liebe sie. Hardrock und Metal könnte ich den ganzen Tag hören. Und auch gute Gespräche sind wichtig. Aber nicht gleichzeitig. Zum Scheitern verurteilt.

Heiser brülle ich die mir gegenüber sitzenden Mitreisenden an: „Was haltet Ihr davon, wenn wir jetzt mal rübergehen und uns das Sudwerk ein wenig näher anschauen? Deswegen sind wir doch hier!“

statt Unterhaltung wird nur noch auf dem Smartphone gewischt

Keiner schaut von seinem Smartphone auf. Tiefenentspannt wird auf dem Display herumgewischt und ‑getappt. Lediglich unser mitreisender Ingenieur, Herr F., schaut aus dem Augenwinkel kurz zu mir rüber, lässt sich aber nicht ablenken. „Hier, die Braukessel. Die sehen nicht sehr groß aus!“, brüllt er und lässt mich kurz auf den Bildschirm seines Telefons schauen.

„Natürlich nicht. Auf dem Telefon sind die nicht größer. Aber da, vorne im Nachbarraum, da stehen sie im Original!“ Ach, es ist vergeblich. Scheinbar bin ich der einzige alte Sack in unserer Gruppe, der erstens einen rauen Hals bekommt beim vergeblichen Versuch, die Musik zu übertönen, und zweitens die Braukessel gerne im Original sehen würde und nicht nur auf dem Smartphone.

zehn Zapfhähne

Resigniert stehe ich auf, schiebe mich an der Theke mit den zehn Zapfhähnen vorbei und zwänge mich durch die Menschenmassen in den Nachbarraum. Endlich stehe ich vor ihr, vor der Brauerei.

Nun ja, was soll ich sagen. Der Herr Ingenieur hatte wohl recht. Groß sind die Braukessel wirklich nicht. Im Gegenteil, für so einen großen Laden mit dermaßen viel Andrang sind sie sogar recht klein. Winzig gar. Ich fange an zu überlegen, wie oft man hier wohl brauen muss, um die Nachfrage zu bewältigen, und komme zum Schluss, dass hier wohl an fast jedem Werktag eingemaischt wird.

Lange komme ich nicht zum Rechnen und Überlegen. Von links werde ich geschoben, von rechts geschubst, und von hinten wird der Druck der Menge auch immer stärker. Bevor ich jetzt noch über die kleine Absperrung stolpere und mich unter dem Läuterbottich wiederfinde, dränge ich mich langsam wieder zurück an unseren reservierten Tisch.

„Hier, die Braukessel. Die sehen nicht sehr groß aus!“

„Du hast Recht gehabt, groß sind die Braukessel wirklich nicht“, schreie ich mein Gegenüber an, ernte aber nur ein Achselzucken. Ob er irgendetwas verstanden hat? Immerhin, er legt sein Telefon aus der Hand und greift sich stattdessen das Bierglas. „Prost!“, lese ich von seinen Lippen ab. „Das ist wohl eine Szenekneipe hier!“

Ach! Hat er das jetzt im Internet gelesen oder doch von selbst gemerkt, dass hier viel los ist?

Ich leere mein Glas. Sunday Morning, ein sehr leckeres und fruchtiges Golden Ale war das, ein gelungenes Bier. Ich spüre eine kräftige Hand auf meiner Schulter. Die nette, aber gruselig gepiercte Bedienung steht neben mir. Irgendwo hat sie wohl mal gelesen, dass Gäste, insbesondere Männer, mehr Trinkgeld geben, wenn man sie während des Bestellens oder Zahlens leicht berührt. Mit ihrem festen Griff scheint sie es auf mehr als die üblichen zehn Prozent abgesehen zu haben, denke ich. Oder ist es nur die laute Musik? Statt sich heiser zu brüllen, setzt sie wahrscheinlich auf taktile Kommunikationsformen. Einmal drücken: „Was möchtest Du trinken?“ Zweimal drücken: „Hier ist Dein Bier.“ Fünfmal drücken, dann kräftig zuschlagen: „Wach‘ auf und geh‘ raus, wir schließen jetzt.“

Ich bevorzuge visuelle Kommunikation, deute mit meinem Finger auf die Getränkekarte, fahre von oben nach unten langsam die Positionen ab, hebe einen Finger, deute dann mit Daumen und Zeigefinger eine kleine Portion an. Sie hat verstanden, und bringt mir fortan nach und nach von jeder Sorte ein kleines Glas.

die Biere schmecken fein

Das Beaver Blue Ribbon, ein Zwickl, schmeckt leider ein wenig dumpf, aber die anderen Biere sind samt und sonders sehr lecker. Das Wandering Aengus, ein Black IPA, schmeckt knackig hopfig und röstig gleichzeitig; das Old Dog Porter ebenfalls röstig, aber süßlicher, vollmundiger. Das Sgt. Peppers, ein belgisches Saison, überzeugt mit seinen ausdrucksvollen, charakterstarken Hefenoten, rau und ungestüm. Je öfter ich ihn trinke, desto mehr liebe ich diesen Bierstil! Und zum Abschluss ein Russian Imperial Stout mit dem Namen The Princess Bride. Ein mächtiges Bier, das mit einem gewaltigen Malzkörper und genauso gewaltiger alkoholischer Wärme auftrumpft. Leckere Biere. Wer immer hier braut – der Mensch kann was! Das Gastbier, der Affenkönig von der Brauerei BrewAge, fällt demgegenüber etwas ab. Nicht, dass es ein schlechtes Bier wäre, nein, aber im direkten Vergleich zu den hauseigenen Produkten hat es heute einen schweren Stand, vermag sich nicht zu positionieren.

Das Essen dazu ist herzhaft. Burger oder Salate mit dicken Speckstreifen, beispielsweise. Nett dekoriert, schmeckt gut, allerdings könnten die Portionen etwas größer sein.

„Ich nehme einen Salat, das ist gesund!“

Heiser und mit klingelnden Ohren stehe ich später wieder an der Straßenbahnhaltestelle. Eine schöne Kneipe, prima Stimmung, jederzeit wieder. Aber um die Biere systematisch zu probieren oder sie gar mit den anderen zu besprechen, dazu war es wohl die falsche Tageszeit. Wahrscheinlich geht es mittags oder nachmittags ruhiger zu, und dann kann man auch mal über die Hopfennase diskutieren oder über die verwendeten Hefesorten mutmaßen. Genüßlich degustieren also. Abends kann man nur feiern. Aber was heißt nur? Immerhin!

Die Beaver Brewing Company ist täglich ab 11:30 Uhr durchgehend geöffnet; die Küche hat von 15:00 bis 18:00 Uhr Pause, Bier gibt’s immer. Bis zur Straßenbahnhaltestelle Alserbachstraße sind es drei Minuten zu Fuß.

Bilder

Beaver Brewing Company
Liechtensteinstraße 69
1090 Wien
Österreich

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