Schlosskeller Kißlegg
Kißlegg
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Kißlegg, ein kleines, aber sehr hübsches Örtchen, irgendwo idyllisch im Alpenvorland gelegen. Ich gebe zu, ich musste erstmal im Atlas blättern, wo Kißlegg überhaupt genau liegt und wie ich da hinkomme. Nicht direkt auf dem Wege, stelle ich fest, aber der Blick aus dem Fenster überzeugt mich: Es ist Sonntag, die Sonne scheint, die Allgäuer Wiesen leuchten saftig grün vom Gras und knallgelb vom Löwenzahn, im Hintergrund die noch schneebedeckten Berge der Nagelfluhkette in den Alpen – da ist es jetzt völlig egal, ob Kißlegg auf dem Weg liegt oder nicht. Da ist eine schöne Spazierfahrt angesagt, die nach unzähligen Kurven auf winzigen Sträßchen irgendwann in Kißlegg enden wird.

Und im Nu sitzen wir im Auto. Der kleine Diesel schnurrt vergnügt vor sich hin, und wir rollen durch eine Idylle, wie sie schöner und kitschiger kaum sein kann. Eine Stunde Fahrvergnügen am Sonntagvormittag, außer ein paar Motorradfahrern sind wir fast die einzigen auf der Straße. Kurve reiht sich an Kurve, und hinter jedem Hügel öffnet sich ein neues Panorama, eine neue beeindruckende Aussicht. Als wir schließlich am winzigen Zeller See in Kißlegg ausrollen, sind die Augen müde von all diesen herrlichen Eindrücken.

im Biergarten

Wir stellen das Auto ab, gehen noch ein paar Meter zu Fuß und finden uns im kleinen Biergarten des Schlosskellers Kißlegg wieder. Eine Terrasse, eine saftig grüne Wiese, durch die sich ein kleines Bächlein schlängelt und vor sich hin plätschert, die Vögel zwitschern, und nur ab und zu wandert mal eine winzige Wolke über den leuchtend blauen Himmel.

Wir nehmen auf der Terrasse Platz und die Speisekarte in die Hand. Vor rund zwei Jahren ist der Schlosskeller nach gründlicher Renovierung und Erweiterung erst wiedereröffnet worden, verfügt nun über ein kleines Sudhaus und braut sein eigenes Bier. Gleich auf der ersten Seite finden wir die Biere, stolz beschrieben.

Aber, ach!, was muss ich da lesen? Hell? Dunkel? Weizen? Ist das alles, was dem jungen Chef und Brauer Patrick Eisenhöfer eingefallen ist? Nichts als das klassische, aber gähnend langweilige Triplett, das in jeder Gasthausbrauerei zu finden ist? Die drei Standard-Rezepte aus dem Büchlein „Erste Schritte mit Deinem neuen Sudhaus“?

Hell? Dunkel? Weizen?

Gleichwohl, ich bestelle mir trotzdem von jeder Sorte ein kleines Probiergläschen, möchte nicht gar so voreingenommen sein. Im Nu bringt mir die freundliche Kellnerin drei kleine Krügerl mit den Bieren, kleine Probier-Portionen. Nett anzusehen und ein schöner Service. Der Geschmack bestätigt aber leider meine Erwartungen. Keine wirklich schlechten Biere, aber gähnende Langeweile. Das „A Goldig’s Kißlegger“ ein Allerwelts-Zwickel. 5,0 % Alkohol, mild gehopft, mit einer zwar feinen und vielversprechenden, leicht heuartig-grasigen Hopfennote, wie sie bester Tettnanger Hopfen erzeugt, aber von diesem wunderbaren Hopfenaroma findet sich im Geschmack nicht viel. Hier hätte ich mir eine ordentliche Handvoll mehr von diesem Hopfen gewünscht, ein bisschen mehr Bittere auch, die dieses Bier zu einem kräftigeren Erlebnis gemacht hätte.

Es folgt das Dunkle, das „A Funzlig’s Kißlegger“. Eine witzige Bezeichnung, aus dem hiesigen Dialekt wohl, von der ich nicht die geringste Ahnung habe, was sie bedeuten soll. Das Bier jedoch, obwohl angeblich etwas stärker als das Helle (5,2 %), nicht so witzig, sondern eher wässrig. Viel zu dünn deucht es mir, und ich mache die Probe: Mit einem großen Schluck ist das Probierkrügerl rasch geleert, aber es bleibt nix. Nach dem Schluck sind Zunge und Gaumen frei von jedem Geschmackserlebnis. Also eher ein Bier zum gedankenlos nebenher trinken. Halt, nein, war da nicht gerade der Hauch von Röstmalz zu spüren? Na? Ach, schon vorbei …

Das Weizen schließlich, das Kißlegger Kellerweizen: Geschmacklich in Ordnung, mit einem Hauch von Banane nur, Spuren von Gewürznelken im Aroma und einer schönen, spritzigen Spundung. Aber auch hier: Ein wenig wässrig, ein wenig dünn.

das Sudwerk

Die Kellnerin merkt, dass ich nicht wirklich glücklich bin, und fragt, ob ich denn auch den Bock probieren wolle. Den gebe es nur derzeit, als Saisonbier. Ob ich davon auch ein Glas haben wolle? Was für eine Frage! Ein kurzer Blick zu meiner holden Ehefrau: „Bei diesem herrlichen Wetter möchtest Du doch bestimmt für ein Weilchen auch mal das Steuer übernehmen?“ Zwinker, zwinker, hüstel, hüstel. Sie nickt, und in Blitzesschnelle steht das Glas Bockbier vor mir.

Na, das ist doch jetzt einmal was. Gold leuchtend in der Sonne, mit einer feinen Trübung, ganz leicht opak nur. Ein leicht malziger Geruch und schön rund, süffig, malzig auf der Zunge. Nicht zu vollmundig, sondern gerade richtig, dass es nicht zu schnell sättigt. Feine Hopfenaromen umschmeicheln noch den Gaumen beim Schluck, und nur ganz dezent spürt man die Kraft dieses Biers. 7,0 % Alkohol. Ein gefährliches Bier. Bei dem heutigen Wetter, in der kräftigen Sonne, einen Krug zu viel erwischt, und schon endet das Wochenende ganz anders als geplant.

Na bitte, es geht doch. Das ist doch jetzt einmal ein schönes Bier. Fernab von der ewigen Langeweile des Tripletts Hell – Dunkel – Weizen.

gemütlich sitzen im Sudhaus

Ich werfe noch einen Blick in das Innere der Gaststätte. Nett mit uralten Bildern dekoriert, und ganz am Ende, hinter einer kleinen Holzmauer, das winzige Sudwerk. Grüne Sitzpolster auf ganz hellen Holzbänken, dazu der kupferne Glanz des Sudwerks. Einladend und gemütlich. Aber heute, bei dem herrlichen Wetter, natürlich gähnende Leere im Innern. Dafür ist der kleine Biergarten ja rappelvoll!

Der Schlosskeller Kisslegg ist täglich ab 17:00 Uhr geöffnet; sonntags zusätzlich von 11:00 bis 14:00 Uhr. Montags und dienstags ist Ruhetag. Die Küche bietet regionale Spezialitäten, und man kann im Schlosskeller auch übernachten. Parkplätze gibt es direkt vor dem Haus, und wer mit der Bahn kommt, hat einen Fußweg von etwa 700 m vom Bahnhof der Regionalbahn.

Bilder

Schlosskeller Kißlegg
Fürst Maximilian Straße 3
88 353 Kißlegg
Baden Württemberg
Deutschland

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