Ogy
Köln
DEU

Nachtrag 30. August 2022: Man hat sich entschieden, die Rezeptur noch einmal anzupassen.

Es bleibt also die Neugierde auf ein neues Produkt, das bald auf den Markt kommt, aber meine Verkostungsnotizen unten sind damit natürlich obsolet. Ich werde Euch über die weitere Entwicklung auf dem Laufenden halten.

Ogy

Ist das ein Bier, oder was?

Ogy. Ein völlig neuer Markenname auf dem deutschen Biermarkt. Spricht sich angeblich aus wie die beiden Endsilben von Technol-ogy. Vielleicht aber auch wie ohgie? Oder oggi?

In anderen Branchen gibt es die Bezeichnung schon. Ogy ist eine Gemeinde in Frankreich, eine Website zur Verkürzung von langen Weblinks, eine Sportswear-Serie, ein Nährmedium für die Mikrobiologie und ein Lichtschrankensystem zur Durchflusserkennung.

In der Bierwelt ist die Bezeichnung aber neu.

Hinter Ogy verbirgt sich ein Erfrischungsgetränk, das irgendwo zwischen Bier und alkoholischer Limo herumlaviert. Rechtlich ist es eigentlich eindeutig: Es ist ein Biermischgetränk mit 95% Bier und lediglich einem verschwindend geringen Anteil von Limonade – gerade einmal 5%.

Rein von den Anteilen der Zutaten also so einer Art Imperial Alster? Oder Imperial Radler?

Oder doch nicht?

Ogy

Schauen wir doch mal genauer hin:

Der Bieranteil ist knochentrocken vergoren. Vom Malzcharakter bleibt dadurch nicht viel. Hopfen ist auch so gut wie keiner drin, vielleicht abgesehen von einer eher symbolischen Hopfendolde, die mit verbraut werden muss, damit sich das Bier auch Bier nennen darf. Ohne Hopfen kein Bier – so will es das Gesetz (das oft als sogenanntes „Reinheitsgebot“ bezeichnet wird). Und Farbe? Ist auch fast weg – aber das liegt jetzt nicht an den Zutaten, sondern an der Filtration. Nimmt man in der Brauerei nämlich zusätzlich zu Kieselgur oder anderen althergebrachten Filtermaterialien eine Schicht Aktivkohle, dann wird die Farbe weitestgehend rausgefiltert.

Der Limoanteil hat ebenfalls keine nennenswerte Süße, und statt mit Orangen oder Zitronen ist die Limonade mit Hopfen aromatisiert. Oder eher: Mit einer Hopfenessenz. Einem Extrakt, in dem alle Aromaöle aus dem Hopfen enthalten sind, aber keine Alphasäuren. Also keine Bitterstoffe. In Deutschland darf für Bier ein solcher Extrakt nicht verwendet werden, für eine Hopfenlimonade aber schon. Und eben eine solche Hopfenlimonade macht den 5-%-Anteil im Biermischgetränk aus. Dann ist der Hopfenextrakt im Endeffekt doch wieder im Endprodukt drin, trotzdem ist den merkwürdigen Vorgaben des sogenannten „Reinheitsgebots“ formal Genüge getan. Versteh einer diese aus meiner Sicht hinrissige Gesetzgebung.

Beide Anteile werden nun im Verhältnis 19:1 gemischt, und fertig ist Ogy.

Ogy soll bald „richtig“ auf den Markt kommen, und einer der Mitentwickler dieses bei der Alpirsbacher Klosterbrauerei für die Ogy GmbH hergestellten Biermischgetränks hat mich gebeten, es doch mal vorab zu verkosten.

Da es mehr als 50% Bieranteil aufweist (immerhin ja sogar 95%!), zählt es für mich als bierähnlich genug, und so widme ich mich diesem Getränk gerne einmal etwas ausführlicher.

Allerdings nicht ohne zuvor mein tiefes Missfallen auszudrücken. Den Werbeclaim auf dem Etikett „Ogy keeps you skinny, bitch.” halte ich nicht nur für rumpeldumm und primitiv, sondern auch für sexistisch und körperfeindlich. Sage ich als „Alter Weißer Mann“, nicht als junge Dame, der gewisse GreiseKreise übertriebene Wokeness vorwerfen könnten.

In zwei blassen, aber ansprechenden Farben steht Ogy nun vor mir – Fruity Pink, basierend auf einem Hopfenextrakt aus Cascade-Hopfen, und Yellow Fresh, basierend auf Citra-Extrakt. Beide Extrakte kommen aus dem Haus BarthHaas und nennen sich PHA® Topnotes. Wofür PHA steht? Da kann ich nur raten. Vielleicht für Propylenglykol-Hopfen-Auszug? Um einen solchen handelt es sich nämlich. Durch chemische Aufbereitung des Hopfens mittels Propylenglykol werden die aromatischen Hopfenöle extrahiert; die bitteren Hopfenharze mit den Alphasäuren bleiben zurück.

So viel also noch mal zur Technik, und jetzt kommen sie, meine …

Verkostungsnotizen

Fruity Pink; Yellow Fresh

Ogy – Fruity Pink (4,0%)

Die Farbe ist altrosa oder schweinchenrosa, vielleicht aber auch pink oder rosé? Das Bier ist leicht trüb (nur bei ganz vorsichtigem Einschenken bleibt der feine Bodensatz in der Flasche zurück), die dünne Schaumschicht ist fast weiß. Der Duft erinnert an frisch gezupften Hopfen mit einer feinen Zitrusschalennote. Grapefruit, glaube ich, fühle mich aber von der Farbe des Biers diesbezüglich beeinflusst. Rosa Grapefruit.

Der Antrunk ist spritzig und ganz leicht kohlensauer-spitz, auf der Zunge ist das Bier dann knochentrocken. Restsüße? Suche ich vergeblich. Bitter ist es aber auch nicht wirklich. Einfach nur knochentrocken. Retronasal spüre ich die Grünhopfenaromen und die sehr zurückhaltenden Grapefruitschalenaromen. Wie ein Grünhopfenbier, dem man Malzsüße und Hopfenbittere entzogen hat. Der Schluck setzt diesen Eindruck harmonisch fort. Keine Süße, keine richtige Bittere, aber ein leicht trockenes Gefühl auf den Schleimhäuten spüre ich dennoch. Und das versuche ich mit einem weiteren Schluck zu bekämpfen, wohlwissend, dass das nur für den Augenblick gilt und doch gleich wieder das Gefühl der Trockenheit zurückkommen wird. Ein Bier, das also zum Weitertrinken animiert. Höchst durchtrinkbar.

Aber dann: Flasche und Glas sind leer. Was bleibt? Ein irgendwie leicht unbefriedigendes Gefühl. Zu glatt? Zu schlank? Zu trocken? Zu wenig süß? Zu wenig bitter? Ich weiß es nicht – wahrscheinlich missfällt mir der Bruch mit meinen Trinkgewohnheiten.

Ogy – Yellow Fresh (4,0%)

Und gleich noch ein Ogy, diesmal in leuchtendem Goldgelb. Ebenso fast klar (mit Bodensatz in der Flasche), ebenso mit einer feinen Schaumschicht, die aber nicht ganz so lang hält wie beim roséfarbenen Schwestergetränk. Der Duft ist erneut grünhopfig, diesmal aber mit limonenartigen Aromen. Glaube ich nicht sogar einen leicht neongrünlichen Limonenschimmer in der Bierfarbe zu identifizieren? Ach, nein, es ist wohl nur das Gras der Weide im Hintergrund …

Auch hier ein spritziger, leicht spitzer, kohlensäuregeprägter Antrunk und ein knochentrockenes Gefühl auf der Zunge. Keine Restsüße, eigentlich auch keine Bittere. Die Trockenheit täuscht letztere eher nur vor. Ebenso harmonisch wie das andere Ogy bleibt auch das Yellow Fresh sehr konsistent in seiner Sensorik. Knochentrocken, keine Süße, keine Bittere, aber ein leicht adstringierendes Gefühl auf den Schleimhäuten. Sehr durchtrinkbar, aber auch wieder das Gefühl, dass das alles ein wenig zu glatt ist, zu wenig gehaltvoll.

Fazit

Fazit zu beiden Bieren beziehungsweise „Imperial Alsterwässern“: Schöne Erfrischungsgetränke, die insbesondere nach einem heißen Sommertag – so wie jetzt gerade – wunderbar weggeext werden können.

Aaaber …

… warum nicht gleich eine Art Hopfenlimonade ohne Alkohol? Alkohol ist in den meisten Bieren ein Geschmacksträger – das ist auch der einzige Grund, warum ich ihn akzeptiere. Weder mag ich seine gesundheitsschädigende Wirkung als Zellgift noch den aus seinem Konsum resultierenden Rausch. Meistens jedenfalls nicht. Und schon gar nicht mag ich, dass er verhindert, dass ich Auto fahren kann. Aber er ist bei nahezu allen Bieren als Matrix nötig, in die sich die Aromen einbetten können.

Hier bei Ogy habe ich allerdings nicht den Eindruck, dass Alkohol für den Geschmack notwendig ist. Wofür dann 4,0%? Um sich nach einem heißen Sommertag blitzschnell einen Rausch antrinken zu können?

Ich lasse diese Frage mal so offen stehen.

3 Kommentare

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