The House Beer Casco Viejo
Pamplona
ESP

„Wow, das dürfte jetzt der sicherste Platz in ganz Pamplona sein“, denke ich mir.

Ich stehe im Tiefgeschoss der Bierbar The House Beer in der Casco Viejo, also der Altstadt, von Pamplona, und an der Bar drängelt sich ein halbes Dutzend Polizisten in Kevlarwesten, mit Helm am langen Arm und – natürlich! – bewaffnet.

The House Beer – die sicherste Bierbar Pamplonas

Im ersten Moment schrecke ich zurück – ist etwas passiert? Ein Spezialeinsatz? Aber dann sehe ich, dass sie alle ein Bierglas in der Hand halten. Ein Feierabendbier. Kunststück. Direkt gegenüber der Bierbar ist das rund um die Uhr bewachte Regionalparlament der Provinz Navarra, und hinter der Bar das Hauptquartier der Polizei – das Jefatura Superior de Policía. Warum also kein Feierabendbier in der nächstgelegenen Bar? Zumal dann, wenn sie ein ganz hervorragendes Angebot an Bieren hat!

Dass die spanische Polizei dann Weste und Helm anlässt und die Pistole wie selbstverständlich im Holster mit sich rumträgt – nun, dass irritiert wohl nur den deutschen Touristen.

Bestens geschützt und beäugt von den lachenden Polizisten, denen mein erster Schreck natürlich nicht entgangen ist, trete ich an die Bar. Vier Biere gibt’s vom Hahn, und um die Übersicht an den Zapfhähnen lesen zu können, muss ich mich zwischen die Polizisten drängen. „Nimm das Helle“, signalisieren sie mir, und halten die Gläser hoch, aber ich habe keine Lust auf ein einfaches Zischbier. Stattdessen wähle ich das 5,0%ige Ambar Export Tostada der Brauerei La Zaragozana, und für meine holde Ehefrau, die draußen vor der Tür in der Sonne auf mich wartet, etwas Leichtes, und zwar das 3,6%ige Session IPA von Arriaca.

„Ich bring’s Euch raus“, sagt die resolute Bardame zu mir und raunzt die Polizisten scherzhaft an: „Weil Ihr immer so schubst und drängelt, verschüttet der doch sonst alles …“

Zwischen den grinsenden Polizisten öffnet sich eine schmale Lücke, ich schlüpfe hindurch und gehe die Treppe hoch vor die Tür. Dort hat es sich meine Frau schon gemütlich gemacht und sitzt auf einer der Holzbänke, die zur Außengastronomie der Bierbar gehören. „Ich dachte schon, Du kommst gar nicht mehr wieder!“

Gemütlich genießen wir unsere Biere. Nach einer Weile kommen die Polizisten die Treppe hoch und treten aus der Bar auf die Straße. Meine Frau macht große Augen: „Was machen die denn da? War unten irgendwas passiert?“ – „Feierabendbier mit voller Bewaffnung. Ist lockerer als bei uns in Deutschland“, erwidere ich und stelle fest: Es ist noch genug Zeit für ein weiteres Bier.

genug Zeit für vier Biere

Während ich mich erneut für ein Fassbier entscheide, diesmal für das 6,0%ige THB Houseport Vienna Lager, ebenfalls aus der Brauerei in Zaragoza, wähle ich für meine bessere Hälfte das Mistral, ein 8,7%iges Doble IPA der Brauerei Althaia Artesana.

Während die Barfrau das Bier zapft, habe ich nun die Gelegenheit, mir die Bar etwas näher anzusehen – ging ja vorhin nicht. Ständig war ein Helm oder eine Pistole im Weg.

Ein bisschen Industrial Chic, ein bisschen Brauerei-Deko, simple Holztische, aber auch die Möglichkeit, an den Tischen direkt selbst zu zapfen. Ein Zählwerk plottet mit, was gezapft und getrunken wird – allerdings technisch bedingt auf nur eine Biersorte pro Tisch beschränkt. Große Bierfässer auf Europaletten dienen als Raumteiler, und überall finden sich mit Drahtgittern verschlossene Vitrinen, die Bierflaschen und Gläser präsentieren.

Eine etwas eigenwillige, aber durchaus ansprechende Inneneinrichtung. Wenn’s regnet oder im Herbst doch mal etwas kühler sein sollte, kann ich mir gut vorstellen, dass es hier recht gemütlich wird.

eine durchaus ansprechende Inneneinrichtung

Ein bisschen blättere ich noch in der sehr umfangreichen Karte mit den Flaschen- und Dosenbieren. Die Auswahl könnte besser nicht sein – eine Reise um die Welt in Sachen Bier lässt sich hier problemlos bewerkstelligen. Ich finde wirklich spannende Sachen.

Das Noir de Dottignies der Brouwerij De Ranke sticht mir ins Auge – ein 8,5%iges Strong Dark Ale aus dem Jahr 2020, mithin zwei Jahre gereift. Das wäre doch was für heute Abend im Hotel, als Tagesabschlussbier, oder? Ich frage die Barfrau, ob ich die Flasche auch verschlossen mitnehmen könne, und es ist kein Problem. Wie schön!

Gerade als ich die Bierkarte wieder zur Seite legen möchte, fällt mir noch ein Eintrag ins Auge: Das Trappist Imperial Stout der amerikanischen Trappistenbrauerei Spencer. Die Brauerei, die als erste und einzige Trappistenbrauerei Amerikas weltweit Schlagzeilen gemacht hat, und die vor wenigen Wochen leider den Entschluss gefällt hat, den Braubetrieb nach gerade mal acht Jahren wieder einzustellen.

Zu viel Aufwand musste in die Brauerei gesteckt werden, zu wenig Ertrag kam angesichts der gewaltigen Konkurrenz auf dem US-amerikanischen Craftbier-Markt heraus. Die Mönche in Spencer in Massachusetts haben sich die Entscheidung nicht leicht gemacht und nach eigenen Angaben mehr als ein Jahr über diesen Schritt nachgedacht. Aber der Entschluss steht fest: Der Braubetrieb wurde bereits eingestellt, die letzten Vorräte werden noch abverkauft, und dann geht die kurze Geschichte der Brauerei Spencer auch schon wieder zu Ende.

Vielleicht ist das für mich die letzte Gelegenheit, noch ein Bier aus Spencer zu trinken, denke ich mir, und ohne lang nachzudenken, nehme ich auch eine Flasche des 8,7%igen Trappist Imperial Stout mit.

Die Barfrau ist zufrieden. Da kommt so ein merkwürdiger deutscher Tourist und kauft bei ihr zwei Flaschenbiere zum Restaurantpreis, nur um sie mitzunehmen. Leicht verdientes Extra-Geld.

zwei wunderbare Biere, genossen auf dem winzigen Balkon unseres Hotels mitten in der Altstadt

Trotzdem aber eine gute Entscheidung, wie sich am Abend im Hotel herausstellt. Zwei wunderbare Biere, genossen auf dem winzigen Balkon unseres Hotels mitten in der Altstadt, mit Blick auf die historische Häuserfront gegenüber und auf das alte Rathaus nebenan. Idylle pur, untermalt von hervorragenden Aromen bester Biere.

Ein gelungener Bierbarbesuch mit einem etwas erweiterten Abschluss. Schön!

Die Bierbar The House Beer Casco Viejo ist täglich von 09:30 bis 16:00 Uhr und von 19:00 Uhr bis Mitternacht geöffnet; sonnabends von 12:00 Uhr bis Mitternacht. Sonntags ist Ruhetag. Da kommen dann auch keine Polizisten. Zu erreichen ist die Bar problemlos zu Fuß von der Plaza del Castillo, man geht nur ein paar hundert Meter in Richtung Westen. Alternativ ist die Bushaltestelle c/ Padre Moret (Baluarte) mit den Linien L16, L17 und L21 nur eine Minute entfernt.

Bilder

The House Beer Casco Viejo
C/ Rozalejo nº4 Bajo
31 001 Pamplona
Spanien

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