Eine Cervecería? Ist das eine Brauerei?
Nicht unbedingt. Ähnlich wie die Begriffe „Brauhaus“ in Köln oder „Brasserie“ in Frankreich benennt auch das spanische „Cervecería“ nicht zwingend eine echte Braustätte, wo Bier gebraut wird, sondern steht stellvertretend auch für Bierhalle, Bierbar oder Bierkneipe. Halt für alle Gastwirtschaften, in denen das Bier mehr oder weniger im Mittelpunkt steht.
Cervecería Arambarri
So ist auch die Cervecería Arambarri in der Markthalle in Bilbao keine Brauerei, sondern nur eine Bierbar. Aber eine, deren Besuch sich trotzdem rundum lohnt! Auch wenn es ein Touristen-Hotspot ist. Das muss man als Besucher aushalten. Es hilft, das Gedränge und Geschiebe als „Atmosphäre“ zu interpretieren, die Ohren auf Durchzug zu schalten und sich ganz auf das Bier und die Pintxos zu konzentrieren.
Was uns zu der nächsten Frage führt: Was sind denn Pintxos?
Wohl jeder Spanien-Urlauber weiß, was Tapas sind. Kleine Häppchen, die als Beilage zum Bier serviert werden und dafür sorgen sollen, dass der Durst nicht nachlässt. Eine Handvoll salzige Erdnüsse, ein paar salzige Oliven, ein winziges – salziges! – gebackenes Eckchen oder so etwas. Tapas sind nicht dafür gedacht, satt zu werden, sondern sollen wirklich nur das Bier ergänzen.
Trotzdem gibt es in guten Bierbars eine fantastische Auswahl an hervorragend zubereiteten Tapas – manche Bar- und Restaurantbesitzer legen ihren ganzen Ehrgeiz auf Qualität und Exklusivität.
Pintxos sind gewissermaßen die großen Geschwister der Tapas. Ebenso liebevoll zubereitet und vielseitig sind sie etwas größer und gehen schon als Vorspeise durch. Soll heißen, wenn man ein halbes Dutzend Pintxos gegessen hat, braucht man keinen Hauptgang mehr.
Dadurch, dass sie etwas größer sind als Tapas (und auch nicht mehr als Gratisbeilage zum Bier serviert werden, sondern bezahlt werden müssen), bieten sie dem Koch noch mehr Möglichkeiten, zu zaubern und zu zeigen, was er kann. Aber sie sind immer noch klein genug, dass man bei einem einzigen Barbesuch mindestens fünf, sechs verschiedene Pintxos probieren kann.
Für die spannende Kombination von einigen guten Bieren mit einer unüberschaubaren Vielfalt von Pintxos, das Ganze garniert mit einem herrlichen Blick auf den Ribera-Markt, ist die Cervecería Arambarri bekannt.
im ersten Moment schreckt das Gedränge fast ab
Im ersten Moment schreckt uns das Gedränge fast ab, aber dann erinnern wir uns an die schon so oft bewährte Taktik: Ich stelle mich an der Theke an und besorge Bier und Häppchen, und meine holde Ehefrau streift zwischen den Tischen hindurch und sucht eine Lücke, in die wir uns quetschen können.
Jeder hat zehn Minuten. Mal sehen, wer seine Aufgabe zuerst erfüllt hat …
Es läuft auf ein Unentscheiden raus. Als ich mich mit Bier und Pintxos umdrehe, sehe ich, wie meine Frau winkt – sie hat ein Plätzchen gefunden.
Gemeinsam genießen wir nicht nur das unfiltrierte El Àquila Bier (das jetzt zwar keine ganz große Besonderheit darstellt, aber ich wollte unbedingt ein Bier vom Fass, nicht aus der Flasche, und dafür war es durchaus ordentlich) und dazu die hervorragenden Pintxos. Schafskäse, iberischer Schinken, fritierte Pepperoni, gebackene Teigtaschen, Kroketten – das ist alles wirklich fein.
Eine ganz besondere Spezialität wären aber, und dafür ist Bilbao bekannt, die Glasaale, also ganz kleine Fischchen, gerade mal ein paar Zentimeter lang. Sie heißen so, weil das Jungfischstadium des Aals noch eine durchscheinende, fast gläsern wirkende Haut hat. Da sie gnadenlos überfischt wurden und die Bestände des Aals daher gefährdet sind, hat sich die Fischindustrie in der Region eine Art Ersatz ausgedacht: Statt der Angulas, der Glasaale, kommt in Form gepresstes und mit Lebensmittelfarbe verziertes Fischprotein auf den Tisch – Gulas. Sieht fast echt aus und schmeckt ebenfalls hervorragend.
Ein Pintxo mit Gulas und einem winzigen Spiegelei (wird wohl Wachtel gewesen sein) kostet gar nicht mal so viel und schmeckt ganz vorzüglich.
hervorragend gezapftes Bier und schmackhafte Pintxos
Hier könnten wir länger sitzen bleiben, stellen wir fest. Immer mal wieder ein paar Pintxos von der Theke holen, und im Kühlschrank sind auch noch ein paar interessante Flaschenbiere zu entdecken. Keine wirklich exotischen Craftbiere, aber schmackhafte Kompositionen, die sich harmonisch auf die verschiedenen Pintxos abstimmen ließen.
Aber Bilbao hat noch so viel anderes zu bieten.
Schweren Herzens verlassen wir die Cervecería Arambarri schon nach einer Stunde wieder – aber diese eine Stunde haben wir genossen. Und das ist das Wichtigste!
Die Cervecería Arambarri ist täglich von acht Uhr morgens bis in die Nacht durchgehend geöffnet; nur sonntags geht es erst um elf Uhr los. Zu erreichen ist sie bequem mit dem Zug – man überquert vom Hauptbahnhof Bilbao den Fluss Nervión auf der kleinen Brücke, geht ein paar Schritte nach rechts, und schon ist man da.
Cervecería Arambarri
Mercado de la Ribera
48 005 Bilbao
Spanien
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