La Brasserie Clermont
Clermont-Ferrand
FRA

Hm, also manche Brauereien vermarkten sich sehr merkwürdig. So ganz ohne richtiges Konzept. Da stehe ich dann manchmal ratlos davor und überlege … warum, zum Teufel, brauen die überhaupt? Und wen locken die dadurch zusätzlich an?

La Brasserie Clermont gehört zu diesen seltsamen Wesen. Auf den ersten Blick von außen denke ich noch, es ist eine ganz normale Gasthausbrauerei, mit dem Ambiente eines Straßencafés. Frohgemut spazieren wir also durch die Tür und schauen uns um.

Kantinenatmosphäre

Tja, die Einrichtung wirkt wie in einer simplen Firmenkantine. Der Speisesaal in der Bundeswehrküche während meiner Grundausbildung vor über vierzig Jahren hatte ein ähnliches Ambiente. Wie damals muss ich mich hier an einem Austeiltresen anstellen und meine Speisen und Getränke abholen. Wie damals wirkt alles etwas kalt, wenig einladend, kaum gemütlich. Wie damals gibt sich das Personal auf der anderen Seite der Glastheke kurz angebunden, wortkarg und nur auf möglichst rasches „Abfertigen“ getrimmt. Wie damals muss ich genau wissen, was ich will, denn auf Nachfragen oder die Bitte um Empfehlungen werde ich nur mit großen Augen angestarrt.

Na gut, jetzt will ich mal nicht übermäßig streng sein – um einen kleinen Hauch Gemütlichkeit bemüht man sich schon. Es stehen Pflanzenkübel auf der Theke, es gibt ein großes Schwarzes Brett, auf dem insgesamt vierzehn Biere verzeichnet sind (auch wenn das alles schlecht lesbar nur mal eben so dahingekrakelt ist), und es gibt links und rechts ein paar Regale, aus denen man sich auch Flaschen zum Mitnehmen heraussuchen kann.

schade, dass vieles ein wenig lustlos wirkt

Zwei der vierzehn Biere sind hier vor Ort entstanden und in den hinter der Theke sichtbaren Speidel Gär- und Lagertanks vergoren worden. Wirkt alles ein bisschen unordentlich, Kartons und leere Plastikkörbe stehen auf und zwischen den Tanks, aber wenigstens sieht alles sauber aus.

„Ich hätte gerne von dem Brown Ale ein kleines Glas, ein Halfpint, bitteschön“, versuche ich mich auf Französisch auszudrücken. Grammatisch sicherlich nicht korrekt, aber eigentlich verständlich. Ich schaue in tote Augen; man scheint sich nicht viel Mühe geben zu wollen, mich zu verstehen. Nach einem kurzen Moment kommt das französische Pendant zu einem dahingebellten „Hamm wa nich!“

„Na gut, dann bitte von dem Saison mit Apricot“, bleibe ich hartnäckig bei meinem Versuch, etwas zu bekommen, was auch wirklich hier vor Ort gebraut worden ist.

Missmutig wird mit ein Halfpint gezapft, genauso missmutig auch ein Glas Berliner Weisse mit Johannisbeeren der Pariser Brauerei BapBap.

Immerhin.

Vermeil Berliner Weisse Groseille & Saison #4 Abricot

Mit den beiden Gläsern gehe ich hinüber zu meiner holden Ehefrau, die mittlerweile die einzigen freien Plätze in der Kantine gefunden hat – hinten in einer Ecke, zwischen Kühlschrank und Fensterscheibe.

Gemütlich ist anders.

Wir verkosten die beiden Biere und stellen fest: Sie sind deutlich besser als die Atmosphäre hier. Das 5,9%ige Saison Apricot lässt zwar die typischen Saison-Aromen vermissen, arbeitet dafür aber die Fruchtaromen in sehr angenehmer Weise heraus. Und das 4,0%ige Vermeil, die Berliner Weisse mit roten Johannisbeeren ist auch nicht schlecht. Nicht übertrieben sauer, spritzig, fruchtig, erfrischend.

Den Menschen scheint die Kantinenatmosphäre aber zu gefallen. Mit großer Begeisterung holen sie sich die fertigen Teller aus der Kühltheke, sammeln sich ihr Besteck zusammen und tragen alles brav an ihre Plätze. Genauso brav stellen sie auch das benutzte Geschirr wieder zurück in die Racks. Jedenfalls die meisten.

Wir schauen in die Speisekarte: Ist das wegen des hohen Anteils an Eigenleistung und Selbstbedienung denn nun wenigstens auch signifikant preiswerter? Nee, eigentlich nicht, stellen wir fest. Und so bleibt uns ein Rätsel, warum dieser Laden so angesagt ist.

immerhin ein gutes Angebot von Bieren zum Mitnehmen

Na gut, die Biere waren ja nicht schlecht, und vielleicht sind wir in der zweiten Hälfte unseres Urlaubs mittlerweile auch zu verwöhnt, was gemütliche und serviceorientierte Gaststätten anbelangt. Wer weiß.

Immerhin haben wir eine weitere Brauerei besucht, und damit zählt der heutige Tag zu den gelungeneren.

La Brasserie Clermont ist täglich ab 11:00 Uhr durchgehend geöffnet, sonnabends ab 15:00 Uhr, sonntags ist zu. Die kleine Brauerei liegt unmittelbar an der Straßenbahnhaltestelle Maison de la Culture der Linie A, ist also perfekt mit den Öffis zu erreichen. Aussteigen und hineingehen. Rausgehen und einsteigen. Ganz einfach.

Bildergalerie

La Brasserie Clermont
78 Bd François Mitterrand
63 000 Clermont-Ferrand
Frankreich

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