Lot Chmiela, der Flug des Hopfens oder der Hopfenflug oder so. Irgendwie so ähnlich kann man das wohl übersetzen. Aber definitiv nicht mit Hopfenfluch oder Hopfenpflug. Eine kleine Craftbierbar, nur wenige Schritte vom Posener Marktplatz entfernt. Klingt prima, oder?
Vielleicht aber auch nicht, denn um zehn Minuten nach fünf ist hier geschlossen. Eigentlich sollte ab 17:00 Uhr geöffnet sein, so sagt es jedenfalls der Aushang, uneigentlich steht auf dem Aushang aber auch sinngemäß, dass die Öffnungszeiten abhängig seien von Wille und Kraft des Barmanns, und der scheint heute also entweder zu schwächeln oder willenlos zu sein.
Schade!
Soll es heute also bei einem Zielfoto von außen bleiben?
Gute anderthalb Stunden später kommen wir erneut durch die kleine Straße, und siehe da: Jetzt ist geöffnet. Wir hören, dass drinnen Musik gespielt wird – ein energisch gezupfter E-Bass klingt bis auf die Straße. „Komm, auf ein Bier“, höre ich Ellen sagen und traue meinen Ohren nicht. Schnell, bevor sie es sich anders überlegt, flitze ich hinein, Sekundenbruchteile später stehe ich an der Theke.
ein buntes und ansprechendes Durcheinander
„Was darf’s denn sein?“, fragt der Barmann, der jetzt offensichtlich sowohl Kräfte als auch Willen zeigt, und ich entscheide mich für ein Flan Parisien, allein schon wegen des Namens dieses Biers. Es ist ein sechsprozentiges White Chocolate and Raspberry Pastry Sour aus dem Hause Moczy Broda. Während ich das rötlich leuchtende Bier betrachte, murmelt der Barmann irgendetwas, von dem ich nur die Hälfte verstehe. Er verschluckt immer die Endsilben und macht es mir mit meinen etwas eingerosteten Polnischkenntnissen nicht gerade einfach. Irgendwas von „lecker“ und „mal probieren“ verstehe ich, als er mir drei kleine und undefinierbare Würfelchen in die Hand krümelt. Das sieht aus wie Karamellkrümel oder so, und ich überlege, ob das irgendwas mit der weißen Schokolade zu tun haben könnte, die angeblich in dem Bier mit drin ist.
Eines der drei Krümelchen stecke ich in den Mund und verkoste es vorsichtig, als ich erst einen Schrei und dann lautes Lachen höre: „Heh, das ist für den Hund!“
Ah, jetzt bekomme ich auch „lecker“ und „probieren“ unter einen Hut und muss selbst laut lachen. Ich spucke das erste Krümelchen wieder aus und halte meine Hand unter den Tresen. Ein niedlicher kleiner Hund kommt hervorgeflitzt und leckt mir die Leckerlis von der Hand, während der Barmann sich auf der anderen Seite der Theke noch die Lachtränen von der Wange wischt.
Mit dem Glas in der Hand setze ich mich und muss mir natürlich gleich noch eine zweite Lachsalve anhören …
Dann endlich aber, endlich, endlich, komme ich dazu, das Bier zu verkosten. Schön fruchtig ist es, aber auch sehr süß und fast schon klebrig. Eine interessante Trinkerfahrung, aber ob ich davon jetzt öfter etwas trinken wollen würde? Ich bin mir nicht sicher.
Aber egal. Die Atmosphäre ist gerade sehr nett, und so bleiben wir noch ein Weilchen sitzen. Lauschen der Improvisation auf dem E-Bass, beobachten, wie der Hund anderen Gästen, die es offensichtlich von Anfang an besser wissen als ich, die Krümel von der Hand leckt und studieren die Bierliste. Eine schöne Auswahl, ein netter Querschnitt dessen, was die polnische Craftbierszene derzeit zu bieten hat.
Die Zeit verrinnt. Wo ist eigentlich mittlerweile der Barmann? Haben ihn Wille oder Kraft verlassen? Vor der Theke bildet sich eine kleine Schlange ratloser Gäste. Der Gitarrist unterbricht sein Spiel: „Der Barmann kommt gleich wieder, der muss sich erst eine Stärkung holen, der ist nebenan im Imbiss!“
wir lauschen den Klängen des E-Basses
Was für ein relaxter Umgang, irgendwie hat das Charme. Und so bleiben wir halt noch ein wenig länger sitzen, lauschen den Klängen des E-Basses und warten geduldig darauf, dass wir unsere Rechnung begleichen und dem Hund noch ein paar Krümelchen von den geliebten Leckerlis geben können …
Die kleine Craftbierbar Lot Chmiela ist täglich ab 17:00 Uhr, donnerstags, freitags und sonnabends bereits ab 15:00 Uhr durchgehend geöffnet … wenn der Barmann willens ist und Kraft hat … Zu erreichen ist sie in zwei Minuten zu Fuß vom Posener Marktplatz in Richtung Norden.
Lot Chmiela
Żydowska 4
61-761 Poznań
Polen
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