Nachtrag 24. Januar 2023: Mich hat es beruflich für ein paar Tage nach Bydgoszcz verschlagen, und ich streife im leichten Nieselregen bei unangenehmen Temperaturen durch die hübsche, immer noch weihnachtlich geschmückte Altstadt.
Ach ja, da vorne … die Warzelnia Piwa!
„Viele Jahre ist der letzte Besuch her“, denke ich mir, und wie von selbst lenken mich meine Schritte unten am Ufer der Brda entlang. Da ist er auch schon, der Hintereingang zur Warzelnia Piwa. Ein paar Stufen die alte Treppe hoch, und ich stehe an der Theke im Tiefgeschoss.
Der junge Mann an der Bar ist zwar ein bisschen kurz angebunden, aber wenigstens schnell, und so habe ich nach wenigen Augenblicken bereits mein Bier in der Hand – ein Koźlak, also ein Bockbier. 6.8% Alkohol hat es laut Aushang. Es schimmert rötlich im Glas, trägt einen leicht gelblichen Schaum, riecht dezent malzig und schmeckt … tja, nicht so richtig voll und rund, wie ein Bock sein sollte, sondern eher süßlich. Zuckrig, geradezu. Schon gut trinkbar, aber ein Star unter den Bockbieren ist dieser Koźlak leider nicht.
schmackhaft, aber nicht ganz stilgerecht …
Nicht wirklich enttäuscht, aber auch nicht ganz zufrieden, gehe ich die Treppe hoch in den oberen Schankbereich, verlaufe mich fast im Gewirr der Nebenräume des Altbaus und stehe irgendwann vor dem Haupteingang in der ulica Poznańska, der Posener Straße.
Der regnerische Januarabend hat mich wieder.
Warzelnia Piwa
Das Bromberger Venedig, oder polnisch Bydgoska Wenecja ist ein Gebäudekomplex am Ufer des kleinen Bachs Młynówka, der zusammen mit der Brda die Mühleninsel (Wyspa Młyńska) im Zentrum von Bydgoszcz umspült. In dem steinernen Gebäude „Willa Wenecja“ aus dem neunzehnten Jahrhundert befindet sich seit April 2011 eine Gasthausbrauerei unter dem Namen Warzelnia Piwa. Auf einer 3,2 hl Anlage der Firma Dreher entstehen hier mehrere verschiedene, mit der Saison wechselnde Biersorten, von denen jeweils vier gleichzeitig im Ausschank sind.
Neben selbstgebrautem Bier rühmt sich die Gastronomie der Willa Wenecja mit indischer Küche und einem Weinhandel mit einer riesigen Auswahl. Dieses Weinangebot wird auch im Restaurant für einen fairen Preis ausgeschenkt: Geschäftspreis (Straßenverkaufspreis) plus eine Korkengebühr von 12 polnischen Złoty, etwa drei Euro. Deutlich attraktiver als in den meisten anderen Restaurants.
Doch zurück zur Brauerei: Als wir am 23. Juli 2011 die Warzelnia Piwa besuchten, staunten wir zunächst über die großzügige Anlage. –die dritte Dimension spielt in der Architektur eine wichtige Rolle. Auf mehreren Ebenen kann man sitzen, speisen und die Biere verkosten, und zum Ufer der Młynówka hinunter findet sich ein Biergarten auf einer großen Terrasse, der ebenfalls über mehrere Ebenen geht und einen idyllischen Blick auf das Flüsschen und die Mühleninsel bietet.
Die Sudanlage greift das Thema „Dritte Dimension“ auf – einer der beiden Kessel ist übertrieben hoch konstruiert und präsentiert sich über zwei Stockwerke hinweg. Das polierte Kupfer harmoniert gut mit den Glas- und Ziegelelementen, die die Schankräume dominieren. Lediglich die Beleuchtung ist so extrem auf modern und technisch dominiert getrimmt, dass es ein wenig an Gemütlichkeit und behaglicher Geborgenheit mangelt.
Blick auf das Sudwerk und Teile des Schankraums
Die Speisekarte ist dreigeteilt – ein Teil „Gerichte zum Wein“, ein Teil „Gerichte zum Bier“ und ein Teil „Indische Küche“. Die Gerichte zum Bier entsprechen den Klassikern, wie man sie fast überall in den Gasthausbrauereien antrifft. Und die indische Küche lässt leider ein wenig zu wünschen übrig. Klassisch europäische Küche mit ein paar exotischen Gewürzen ist noch nicht gleich indisch. Auch wenn das Essen gut schmeckt – es hat den selbst gestellten Anspruch verfehlt.
Die vier Biere, die heute angeboten wurden, konnte man in einem kleinen Tester bestellen: vier mal 0,125 Liter. Sehr schön, vor allem, wenn man schon mittags da ist und sich nicht gleich in den alkoholischen Orbit beamen möchte. Das „Venediger Pils“ machte seine Sache gut – ordentlich gehopft, frisch und aromatisch kam es stimmig daher. Etwas aufdringlich, aber dennoch lecker das dunkle Honigbier, dem der Honig aber offensichtlich erst nach der Endvergärung zugesetzt worden war. Das englische Ale unter dem Namen „Ale Budegac“ ist angeblich doppelt gehopft, seine Bittere war aber nicht sehr fein, sondern breit, die Zunge belegend und kratzig. Schade. Und zum Weizen sage ich lieber nicht viel. Faulig wirkte es und war leider untrinkbar. Von „sehr gut“ bis „sehr schlecht“ war also alles dabei.
Die Bedienungen waren durchweg schnell, sehr aufmerksam und wirklich rundum freundlich, so dass wir trotz des abgrundtief schlechten Weißbiers nicht unzufrieden gingen. Hoffen wir, dass die Qualität der Biere sich im Laufe der Zeit noch stabilisieren wird und dass das Personal so angenehm bleibt.
Warzelnia Piwa Bydgoszcz
ulica Poznańska 8
85-129 Bydgoszcz
Polen
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