ROESEL – beer & food, Praha, CZE

[Blick zurück auf Ende Juni 2024]

Woran man merkt, dass ein Geheimtipp wirklich ein Geheimtipp war? Wenn man dorthin geht und feststellt, dass man wirklich nur von Eingeborenen umgeben ist.

Zuerst hatten wir ja ein bisschen gezögert, als unser lieber „Informant“, der Herr N., uns eine Adresse auf der Kleinseite gab und sagte: „Das ROESEL – beer & food, da müsst Ihr unbedingt hin. Da gibt es Biere der Pivovar Clock aus Potštejn vom Fass, es ist urgemütlich, und kein Tourist verirrt sich dorthin!“

Kein Tourist? Wir googelten die Adresse. Keine hundert Meter von der Karlsbrücke entfernt, in ihrer direkten Verlängerung. Jeder noch so strunzdoofe Amerikaner, jeder noch so desorientierte Chinese läuft doch geradewegs darauf zu! Keine Touristen? Hahaha, schön wär’s!

Wir laufen die Mostecká, also die Brückenstraße (sic!) hinunter und … prompt fast am ROESEL vorbei. Im letzten Moment erst sehen wir das kleine und unauffällige Schild, biegen rechts in den Häusereingang und müssen erst an einer anderen Bar oder Werkstatt oder was auch immer das ist entlang gehen, bis wir nach etwa zwanzig Metern einen winzigen Innenhof betreten – vielleicht vier auf vier Meter groß. Drei, vier Tische stehen hier, und dahinter geht es in einen offenen Schankraum. An der Theke vier handgemalte Papptafeln, die an die Zapfhähne gehängt sind und vermelden, was es heute vom Fass zu trinken gibt.

simpel und doch sooo schön

Wir sehen uns einmal um. Eine große Gruppe Gäste (Einheimische!) im schon fortgeschrittenen Bier-Stadium erfüllt den Raum mit einer Lärmwand, die der eines startenden Eisenschweins, also einer F-4 Phantom, kaum nachsteht.

„Setzt Euch in den Innenhof, ich komme gleich zu Euch!“ Die Stimme der Kellnerin überschlägt sich fast, als sie die Gästegruppe zu übertönen versucht.

Zurück in den Innenhof, die Glastür fällt hinter uns zu. Die Ruhe ist wohltuend. Wieviel Lärm kann man nach einem halben Dutzend großer Biere machen …

Ich schaue auf mein Telefon. Geistesgegenwärtig habe ich von den vier Pappschildern schnell ein Foto gemacht, und so können wir in Ruhe aussuchen, was wir trinken möchten, bevor die nette Dame mit vom Krach gestresstem Gesicht, aber freundlichen Lächeln auf uns zu geschossen kommt: „Habt Ihr schon gewählt?“

Jawohl, haben wir, und zwar das Hektor, ein leichtes Lagerbier mit10° Stammwürze und 4,0% Alkohol. Spritzig, würzig, aromatisch und erfrischend. Ein schönes Bier, um unseren Stadtspaziergang nach rund fünfzehn Kilometern in praller Sonne vergessen zu machen.

Die Speisen dazu? Es gibt eine Reihe verschiedener Brotaufstriche, die jeweils mit drei Scheiben Bauernbrot und einem kleinen Salat serviert werden. „Einmal den Balkankäse, einmal das Schmalz, bitte!“

So einfach kann es sein.

Die Teller mit dem Essen kommen. Sieht ja lecker aus. Ein kleines Einmachglas mit dem Aufstrich. Check! Drei Schreiben frisches Bauernbrot, dick geschnitten mit viel knuspriger Kruste. Check! Zwei einzelne Salatblätter mit einem Tropfen Balsamico-Essig. Cheeeck?

Wir sehen uns an und müssen grinsen. Formal ist das, was in der Karte steht, nicht falsch. Ist es Salat? Ja! Ist es klein? Ja, sogar sehr! Also, bitteschön: Kleiner Salat!

Ach, wir sind in Tschechien. In dem Land, von dem man sagt, dass das Servieren von Salat oder Gemüse immer noch als Beleidigung des Gastes gilt!

Bier, Brot, Aufstrich und … Salat

Entrüstung beiseite: Das Brot und der Aufstrich schmecken klasse, sind außerordentlich preiswert, und die Atmosphäre hier im Innenhof ist so authentisch, wie sie nur sein kann. Und wir sind tatsächlich allein unter Einheimischen, wer hätte das hier gedacht!

Wir feiern die Erkenntnis mit noch einem zweiten Bier, diesmal dem Twist, einem American Red IPA mit sechs Prozent Alkohol. Ebenfalls aus dem Hause Clock. Kräftig aromatisch, intensiv hopfig, dominant malzig, aber letzteres ohne, dass es zu mastig, zu saturierend, zu sättigend wirken würde. Ein feines Bier!

Übermütig geworden, bestellen wir noch eine dritte Portion Brotaufstrich – diesmal Möhren mit Koriander. Auch hervorragend.

Zwei Biere, neun dicke Scheiben Brot, drei Gläser mit Brotaufstrich und sechs Blätter Salat. Alls zusammen für weniger als zwanzig Euro. Und das in Prag! Wer hätte das gedacht?

In der Tat also ein Geheimtipp für all die Bierliebhaber und Bierliebhaberinnen, die abseits der ausgetretenen Pfade ein bisschen Authentizität genießen wollen. Sehr schön hier!

Das ROESEL – beer & food ist täglich ab 11:00 Uhr durchgehend geöffnet, sonntags erst ab 12:00 Uhr. Kein Ruhetag. Man geht über die Karlsbrücke in Richtung Kleinseite, und rund hundert Meter hinter dem Brückenturm liegt die nette kleine Bar auf der rechten Seite.

Bildergalerie

ROESEL – beer & food
Mostecká 45
118 00 Praha
Tschechien

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