Automat Matuška
Praha
CZE

„Milujeme pivo, pivo miluje nás.” – “Wir lieben Bier, das Bier liebt uns.“ Das ist schon mal ein sehr selbstbewusster Claim, mit dem Automat Matuška seinen Auftritt begleitet.

Nur ein paar Schritte von der Metrostation entfernt ist im Erdgeschoss eines ganz normalen Eckhauses eine Craftbierbar entstanden, in der vornehmlich Biere der Brauerei Matuška aus Broumy, ein paar Dutzend Kilometer westlich von Prag, ausgeschenkt werden. Aber nicht nur …

Stylish? Oder doch eher unterkühlt?

Die Atmosphäre ist, hm, nun ja, wohlwollend mag man sie als stylish beschreiben, aber man liegt auch nicht verkehrt, wenn man sie als etwas unterkühlt beschreibt. Weiße Wände, weiße Wandfliesen, hellgraue Fußbodenfliesen und Kantinenmobiliar aus hellem Holz von der Konstruktion, die mich in Speisesälen der Bundeswehr jahrzehntelang verfolgt hat: Einfaches Stahlrohr, dünne (teils gewölbte) Furnierholzplatten als Sitz- oder Tischfläche. Die Sorte Mobiliar, die beim Hin- und Herschieben über den Fußboden einen Höllenlärm macht.

Die Essenstheke aus Stahl mit viel Glas sieht nun endgültig aus, wie in einer Armee-Kantine, und auch dort, wo die Biere gezapft werden, wird es nicht gemütlicher. Ebenfalls alles Stahlflächen, glänzend, kalt, schmucklos. Sowohl Speisen als auch Biere werden mit weißen Buchstaben auf einer schwarzen Tafel angepriesen. Minimalistische Informationen.

Und trotzdem ist der Laden voll. So voll, dass wir nur mit Mühe einen Stehtisch finden – an sitzen ist gar nicht zu denken.

Ich reihe mich brav in die lange Warteschlange ein, gebe meine Bestellung auf, zahle und wandere mit dem Kassenbon vor bis an die Zapftheke. Dort zeige ich den Bon oder sage einfach nur selbstbewusst, was ich glaube, eben bezahlt zu haben, und ohne viel Federlesens zapft der Profizapfer blitzschnell mein Bier.

Ich hatte mich schon beim Reinkommen für das 7,0%ige India Pale Ale Zlatá Raketa entschieden, und wenn ich das dezent orange leuchtende Bier im mit bunten Wölkchen bedruckten Willibecher so anschaue und seine fruchtig-herben Aromen erschnuppere, bereue ich das jetzt definitiv nicht. Zwar habe ich eigentlich keinen wirklichen Bierdurst mehr, der Tag in Prag war zu lang und hat schon reichlich Bier geboten, aber trotzdem läuft mir das Wasser im Mund zusammen.

Zlatá Raketa IPA

Ich nippe vorsichtig, und dann nehme ich gleich einen großen Schluck. Jawoll, das passt. Herbfrische Fruchtaromen, ein runder Körper, eine knackige Bittere, ein sauberer, herber Abgang, der die Schleimhäute ein wenig austrocknet und Lust auf den nächsten Schluck macht.

Ein India Pale Ale, wie es sein soll. Mehr braucht man dazu eigentlich nicht zu sagen.

Die insgesamt zehn Zapfhähne bieten eine große Auswahl unterschiedlicher Biere an, die aber fast alle eines gemeinsam haben: Sie sind nicht übermäßig alkoholstark, sondern bewegen sich mit Ausnahme des Zlatá Raketa um die fünf Prozent, meistens sogar ein Stück darunter. Gute, durchtrinkbare Biere sind das. Nicht zum Verkosten, sondern zum in größeren Schlucken Trinken.

So, wie es die Tschechen gerne mögen: Sich nicht mit Probiertröpfchen begnügen, sondern auch die geschmackstarken Biere in kräftigen Zügen trinken.

Und das Konzept kommt an. Heute, am 27. Juni 2024, einem ganz normalen Donnerstag, ist der Laden rappelvoll – die Menschen nehmen’s an. Trotz Minimaldesigns und – für Tschechien – relativ hoher Preise.

Schön!

Automat Matuška ist täglich ab 11:00 Uhr, sonnabends und sonntags erst ab 12:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Es herrscht Selbstbedienung und Sofortkasse. Zu erreichen ist der Taproom, der auch einfache Gerichte anbietet, in einer Minute zu Fuß von der Metrostation Hradčanská (grüne Linie). Man muss lediglich den richtigen Ausgang nehmen, und dann läuft man direkt darauf zu.

Bildergalerie

Automat Matuška
Dejvická 184/4
160 00 Praha
Tschechien

2 Comments

  1. Imho macht Matuška das beste Craftbier in CZ. War vor Jahren in Broumy und habe es, weil die Brauerei geschlossen war, in der Pinte am Sportplatz getrunken. Kaum vorzustellen, das ein Sportlerheim in Dtld. jemals so ein klasse IPA ausschenkt.

    • Das stimmt, Ludger – bis das bei uns mal so weit ist, das eine x-beliebige Kneipe oder ein Sportlerheim so etwas ausschenkt, das wird wohl noch dauern.

      Ich kann mir aber vorstellen, dass das nicht am Unwillen der Gastronomen liegt, sondern eher an der Brauereibindung der meisten Sportlerheime und Dorfkneipen. Wenn da die Groß- oder Regionalbrauereien nicht die Zapftechnik, die Gläser, die Sonnenschirme und Bierbänke sponsern würden, wären die Kneipen nur schwer wirtschaftlich zu betreiben. Und wenn Du den Sponsorenvertrag erstmal hast, kommst Du da gefühlt „nie wieder“ raus …

      Mit bestem Gruß,

      VQ

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