Franken – die Region mit der höchsten Brauereidichte der Welt. Aber gleichzeitig auch die Region, in der das Bier so gebraut wird, wie es immer schon gebraut wird. Der Tradition verhaftet. Dem Neuen gegenüber nicht aufge- sondern verschlossen.
Oder?
Nein, eben nicht mehr.
Schon seit einiger Zeit nicht mehr.
Ganz im Gegenteil – Tradition und Moderne gehen in Franken mittlerweile Hand in Hand, und die Bierszene entwickelt sich in einer Art und Weise, die man dieser Region so vielleicht nicht unbedingt zugetraut hätte. Und das Autorenduo Martin Droschke und Norbert Krines hat sich die Mühe gemacht, die neue Bierszene im Detail zu erkunden und uns ihre Erkundungsergebnisse in Form eines absolut lesenswerten Büchleins, dem Craft Beer Führer Franken, verfügbar zu machen.
Martin Droschke & Norbert Krines
Craft Beer Führer Franken
Auf rund 250 Seiten unternehmen sie eine Tour kreuz und quer durch Franken, erkunden kleine und etwas größere Brauereien, entdecken Biergeschäfte, Bierprojekte, Bierakademien, die eines vereint: Die Freude am handwerklich produzierten Bier mit spannendem Geschmack, die Freude an der Innovation, die Freude, althergekommene Normen einmal außer Acht zu lassen und etwas Neues zu schaffen.
Nach einer pointierten Einleitung und einer sehr eigenen Definition, was sie unter Craftbier verstehen, beschreiben die Autoren die Szene Region für Region. Von Nürnberg und dem Umland arbeiten sie sich vor über den Süden, den Aischgrund und den Westen, die Fränkische Schweiz, den Bamberger Raum und den Nordosten bis zum Untermain und der Fränkischen Saale.
Bild und Text wechseln sich ab
Jeder dieser Abschnitte beginnt mit einem kurzen Absatz, der die Region aus Craftbier-Sicht charakterisiert, und danach folgt eine Reihe von kurzen, mit professionellen Bildern ergänzten Artikeln, Vignetten gleich, in denen bierige Anlaufstellen humorvoll und gelegentlich provokant beschrieben werden. Am Ende jedes Abschnitts kommen noch ein paar Ausflugstipps sowie eine kurze Zusammenfassung von Bierzielen, bei denen es nicht für einen jeweils eigenen Bericht gereicht hat, die aber trotzdem der Erwähnung (und vielleicht auch eines Ausflugs) wert sind. Hier und da sind Interviews mit Vertretern der Bewegung eingestreut – Brauer, Gastwirte, Bierkenner kommen zu Wort und stehen Rede und Antwort.
Abgerundet wird das Buch durch ein paar kritische Gedanken zum sogenannten Reinheitsgebot, durch Wissenswertes über die wichtigsten Rohstoffe, die zum Bierbrauen benötigt werden, und ein Glossar.
Großes Lesevergnügen. Beide, Martin und Norbert, haben einen peppigen Schreibstil, gelegentlich regelrecht frech, und ich ertappe mich als Leser dabei, wie ich nicht nur die Informationen gierig aufsauge, sondern an der einen oder anderen Stelle geradezu sehnsüchtig auf die nächste Spitze, auf die nächste Stichelei warte. Sehr schön.
Die Anmutung des Buchs ist auch schön. Das Cover schwarz, die darauf abgebildete Bierflasche, die Autoren, Titel und Verlag den Rahmen gibt, geprägt – eine schöne Haptik. Allerdings mit dem Nachteil, dass die eine Prägekante, die linke Seite der Bierflasche, auch eine Soll-Knickstelle ist, und bereits nach den ersten gelesenen Seiten der vordere Umschlagteil an dieser Knickkante beginnt, unschön nach oben zu stehen. Verstärkt wird dieser Effekt dadurch, dass die Textseiten nur schmale Ränder haben, insbesondere auch innen, zur Bindung hin, so dass der Leser gezwungen ist, das Buch sehr weit aufzubiegen. Menschen, die Bücher am liebsten so lesen, dass man ihnen nicht ansieht, dass sie überhaupt in die Hand genommen worden sind, werden hier grandios scheitern. Einmal gelesen, und das Buch ist sichtlich gealtert. Mich stört es nicht, aber ich habe genügend bibliophile Freunde, die daran verzweifeln würden.
farbiger Text auf schwarzem Hintergrund
Sehr schön wiederum das hochwertige Papier und der durchgehend farbige Druck, die vielen bunten Fotos. Vollfarbseiten, bei denen der Text auf farbigem Untergrund steht, helfen, das Lesevergnügen zu strukturieren. Die Einleitung zu jeder Region weiß auf schwarzem Untergrund, die Ausflugstipps auf rotem, das Sammelsurium kleinerer Berichte auf grünem Untergrund. Die eingestreuten Interviews erneut auf schwarzem Untergrund. Die auf dem schwarzen und dem grünen Untergrund verwendete dunkelrote Farbe für die Überschriften ist leider bei schwachem Licht kaum lesbar; beim Durchblättern abends im Bett, bei gedimmter Nachttischlampe, um die holde Ehefrau nicht zu stören, habe ich sie definitiv nicht entziffern können. Aber das soll es auch schon an handwerklicher Kritik gewesen sein. Ein wirklich schönes Buch, und sorgfältig lektoriert.
Vielleicht hätten die Fragen in den Interviews ein wenig kritischer sein dürfen – einige der Interviewten kenne ich selber und wundere mich beim Lesen über deren ungewohnt gefällige und recht brave Antworten. Insbesondere im Kontrast zum manchmal bewusst provokanten Stil der beiden Autoren fällt dies auf. Habt Ihr Euch nicht getraut, hier noch ein wenig kritischer nachzufragen?
Aber ich meckere auf hohem Niveau – ich wäre froh, wenn alle Bierbücher so viel Vergnügen beim Lesen bereiten würden, wie dieses. In der Summe also: Lob! Lob! Lob!
Martin Droschke & Norbert Krines
Craft Beer Führer Franken
ars vivendi verlag GmbH & Co. KG
Cadolzburg, 2016
ISBN 978-3-86913-638-7
Anmerkung: Das Buch wurde mir von den Autoren zu Rezensionszwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Ich habe versucht, mich davon nicht beeinflussen zu lassen.
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