Conrad Seidl
Biermythen

Ein Mythos, das ist eine Erzählung, die irgendetwas behauptet und den Anspruch erhebt, dass diese Behauptung wahr ist. Meistens ohne dies belegen oder nachweisen zu wollen und zu können. Viele haben religiösen Ursprung, ja, eigentlich beruhen alle Religionen nur auf Mythen, andere sind teils gezielt lanciert („Fake News“) oder einfach nur unterhaltsam („Urban Legends“). Biermythen sind dann wohl all die Biergeschichten, die man sich abends beim Stammtisch erzählt, und je größer der Bierkonsum, desto gewaltiger (und unglaubwürdiger …) werden diese Geschichten.

Conrad Seidl
Biermythen

Bierpapst Conrad Seidl erhebt mit dem Buch Biermythen den Anspruch, „Richtigstellungen zu unserem liebsten Getränk“ zu liefern. Tut er auch.

Klar, dass ich persönlich als allererstes die Seite 123 aufgeschlagen und den Text „Was hinter dem Reinheitsgebot steckt“ gelesen habe.

Und ich bin zufrieden. So viel Unsinn wird über das sogenannte „Reinheitsgebot“ geschrieben (das ja mit Reinheit eigentlich gar nichts zu tun hat), da ist es dringend nötig, einiges richtig zu stellen. Macht Conrad sehr zuverlässig, und zwar ohne dabei die Grundregel, sich auf vier Zutaten zu beschränken, in ihrer Werbewirksamkeit in Frage zu stellen. Spot on, kann ich da nur sagen.

Was hinter dem Reinheitsgebot steckt

Auch die angebliche Erfindung des Radlers (das hier im Norden sowieso nicht so heißt, sondern Alster …) auf der Kugler-Alm entlarvt Conrad als (immerhin schön) erfundene Geschichte. Auch wenn’s den gestandenen Bajuwaren in der Seele weh tut – schließlich haben sie die Geschichte vom warmen Sommertag und dem zur Neige gehenden Bier schon so oft und so gerne erzählt …

So blättere ich mich durch das Buch, vor und zurück, lese mal hier und mal da und habe Spaß daran. So viel Spaß, dass ich mir zum Abschluss noch das Vergnügen gönne, Seite für Seite von vorne nach hinten durchzugehen, auf dass ich nicht bei der ganzen Hinundherblätterei einen der vierundfünfzig Texte übersehe.

Liest sich prima, ist lehrreich und unterhaltsam. Allerdings: Nicht jeder Text räumt mit einem Mythos auf. Beschäftigt sich noch nicht einmal mit dem, was einen Mythos ausmacht. Sondern ist einfach nur lehrreich, wissenswert, kurzweilig geschrieben. Was ja auch nicht schlecht ist.

Das kann er nämlich, der Conrad. Eingängige Texte, leicht und fluffig, und man merkt als gespannter Leser gar nicht unbedingt, wieviel man bei dieser Lektüre so ganz nebenbei über das Bier und die Kultur rundherum lernt.

Trotz nicht zu hundert Prozent eingelöstem Untertitelselbstanspruch eine rundum empfehlenswerte Lektüre. Kleine Häppchen für den Geist. Zu jeder Geschichte ein Bier, empfehle ich!

Und die Cover-Gestaltung aus der Feder von Conrads Tochter Titania Seidl gefällt auch. Sehr ansprechend gemacht.

Conrad Seidl
Biermythen
Richtigstellungen zu unserem liebsten Getränk
Verlag Der Apfel
Wien, 2024
ISBN 978-3-85450-011-7

4 Kommentare

  1. Mit einem der größten Mythen – zumindest in unserem einzigartigen Bierkeller – wurde leider nicht aufgeräumt: der Hopfen bringt den Alkohol ins Bier. Ich habe aber Conrad schon darauf aufmerksam gemacht.

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