Deutscher Brauertag 2025
Berlin
DEU

Der Wettergott meint es gut – die schweren Regenfälle flauen gerade rechtzeitig ab, und der Deutsche Brauertag 2025 beginnt in der KulturBrauerei, dem Komplex der Abteilung I der früheren (ganz früheren …) Schultheiss-Brauerei, mit einem bunten Programm.

Nicola Buchner, die Geschäftsführerin des Verbands der Diplom-Biersommeliers, führt souverän und bestens aufgelegt durch den Nachmittag und Abend. Christian Weber, der Präsident des Deutschen Brauer-Bunds und der Brewers of Europe, spricht ein kurzes Grußwort, und im Anschluss werden die deutschen (und mitteleuropäischen) Preisträger des World Beer Cup 2025, der World Beer Awards 2025, des Bundesehrenpreises der DLG für Bier und der Deutschen Meisterschaft der Hobbybrauer geehrt. Die Preisträger des Henrich-Funke-Pschorr-Forschungspreises und die beiden besten Azubis des Brauer und Mälzer Handwerks erhalten ihre Auszeichnungen, und obwohl der eine oder andere Geehrte nicht persönlich auf der Bühne erscheinen kann – es ist immer wieder die Rede von einem verspäteten Zug, und die Zuhörer bekommen langsam den Eindruck, als sei es DER Zug, in dem gefühlt alle vermissten Gäste sitzen … – ist die Stimmung schon am Nachmittag hervorragend.

eine von vielen Ehrungen heute Nachmittag

Schön, zu sehen, dass die in der Vergangenheit noch an der ein oder anderen Stelle spürbaren Animositäten zwischen Vertretern der alten, traditionellen Brauereien und der neuen, kreativen und teils sehr wilden Braukunst abgeklungen zu sein scheinen und die Preisträger in den Kreativbierkategorien ebenso heftigen Applaus bekommen wie die in den klassisch-europäischen Bierstilen. Das Genussmittel Bier verbindet über alle Grenzen hinweg, und es gibt neben dem als Claim sicherlich hoch zu schätzenden, als gesetzlich verankertes Verbot aber aus der Zeit gefallenen, sogenannten „Reinheitsgebot“ auch viel Raum für kreative Biere mit anderen als den klassischen vier Zutaten. Das bis vor wenigen Jahren noch zu hörende Geblöke, Biere jenseits des sogenannten „Reinheitsgebots“ seien doch nur wahlweise die Gesundheit oder die deutsche Brauwirtschaft gefährdende Chemiecocktails, ist verstummt; der unsäglich unreflektiert auftretende Vorsitzende des Deutschen Instituts für Reines Bier, Max Straubinger, bekommt heute keine Gelegenheit, seine dumpfbackigen, es mit der Wahrheit nicht immer sehr genau nehmenden Parolen unter das Volk zu streuen. (Notabene: Im späteren Verlauf des Abends erfahre ich, dass Max Straubinger mittlerweile die Funktion an Michael Kießling übergeben hat. Hoffnung keimt auf, dass die Diskussionen nun konzilianter werden und die Dampfplauderei ihr Stammtischniveau verlässt.)

Nicola Buchner und Christian Weber

Nach einer kurzen Pause, die vornehmlich dafür genutzt wird, etwas frische Luft zu schnappen und sich mit noch frischerem Bier zu versorgen, beginnt der eigentliche Brauerabend. Eine trotz auch offen angesprochener Probleme in einer Zeit großer Umbrüche gut gelaunt vorgetragene Begrüßungsrede von Christian Weber, und anschließend die obligatorischen Auftritte der Politiker. Der scheidende Botschafter des Biers, der Bundestagsabgeordnete und Generalsekretär der CDU Carsten Linnemann, übergibt begleitet von einer launigen und teils selbstironischen Rede sein Amt an die Ministerpräsidentin des Saarlands und Präsidentin des Bundesrats Anke Rehlinger, versteigt sich allerdings zwischendurch auch zur Aussage „Hopfen und Malz – die KI erhalt’s!“, bei der gar nicht so offensichtlich ist, wie sarkastisch er sie meint.

Anke Rehlinger wiederum gefällt mit einer trotz immer wieder durchklingendem Polit-Sprech („Warum müssen Politiker eigentlich immer so kurze Sätze auf’s Podium hämmern, meine Damen und Herren? Und warum, verehrte Gäste, müssen sie dabei immer so schreien? Und vor allem, liebe Anwesende, und das muss jetzt einfach mal gesagt werden, warum werden Sprachmelodie und Betonung so vernachlässigt?“) humorigen, energiegeladenen Rede, der nicht nur die Begeisterung für das Kulturgut Bier, sondern auch für ihr kleines Saarland überdeutlich anzumerken sind.

Viel schwächer der zum Glück kurze Auftritt des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft. Ach, und für Heimat, die ja offensichtlich kein Teil deutscher Kultur ist, andernfalls sie ja im Kultusministerium verankert wäre … Alois Rainer fühlt sich qua Amt für Bier zuständig und versucht, sich in doch recht plump anbiedernder Art für die Zukunft als möglicher Nachfolgekandidat als Botschafter des Biers ins Gespräch zu bringen. Man spürt den nur verhaltenen, gerade noch höflichen Applaus.

Der formale Teil ist beendet, nun ist Zeit für leiblichen Genuss und das Netzwerken. Ein vorzügliches Buffet, dessen Stärken nicht nur in der Auswahl, sondern insbesondere auch in der spannenden und raffinierten Zubereitung auch einfacher Speisen liegt, erfreut den Gaumen ebenso wie die angebotenen Biere. Vom Fass gibt es Früh Kölsch und Veltins Pils – anlässlich des 125. Jahrestags des Brauereiverbands Nordrhein-Westfalen und des 200jährigen Bestehens der nach wie vor von der Familie Veltins geführten sauerländischen Brauerei. Für die Gäste, denen der Sinn nach etwas Ungewöhnlicherem steht, gibt es mehrere Kühlschränke mit Flaschenbier – hier finden sich Biere aus den geehrten Kleinbrauereien gleichberechtigt neben Kreativbiersuden, die auf Basis der Gewinnerrezepte aus den Hobbybrauerwettbewerben in großem Maßstab gebraut worden sind – ein Imperial Pils als Gemeinschaftssud der Deutschen Hobbybraumeister sowie ein Belgian Blonde Ale nach einem Rezept von Florian Nahrwold und ein Guave-Maracuja Vanille Sour nach einem Rezept der Hobbybrauerei Der Hopfengärtner alias Luise Redetzky und Gregor Gärtner als Siegerbiere der Hobbybrauermeisterschaft 2024 in Stralsund.

Bier – der beste Begleiter für gute Gespräche

Gespräche hier, Diskussionen dort, Pläne schmieden, unvorhergesehene Spontantreffen, schon lang geplante Verabredungen – der Deutsche Brauertag macht es wieder einmal möglich, sich dank einer hervorragenden Organisation und eines unauffällig-effizienten Services im Hintergrund ganz auf die Mitmenschen und das Bier zu konzentrieren. So, wie es sein soll!

KulturBrauerei
Schönhauser Allee 36
10 435 Berlin
Berlin
Deutschland

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