Kolumne
Bierige Bemerkungen
vom Brunnenbräu

{Blick zurück auf Januar 2024]

Es ist Januar. Graue, düstere Tage. Der Sommerurlaub liegt schon ein halbes Jahr zurück. Und der nächste ist erst in einem halben Jahr … Die Gedanken schweifen in die Ferne – Sonne, Strand und Meer.

Da fällt mir eine Sommergeschichte ein, die Ihr doch alle schon so oder ähnlich erlebt habt, oder?

Ich sitze in einem kleinen Café irgendwo auf einer winzigen griechischen Insel in der Ägäis. Es ist ein warmer Abend nach einem glutheißen Tag. Die Sonne scheint in den intensivsten Orangetönen, brennt aber nicht mehr auf der Haut. Ein tiefes Gefühl der Entspannung macht sich breit. Durst kommt auf.

Vor mir auf dem kleinen Tischchen steht ein frisch eingeschenktes Bier. Eiskalt. Goldgelb leuchtet es in der Abenddämmerung. Der schneeweiße Schaum steht im Glas exakt bis zum Rand. Kleine Kondenswassertropfen bilden sich auf der Außenseite des Glases. Langsam fließen sie ineinander und rinnen als kleine Perlen hinunter.

In tiefer Vorfreude ergreife ich das Glas, führe es zum Mund, und in ein, zwei großen Schlucken ist es geleert. Die frische, bizzelnde Kohlensäure, das feine, nur dezente Malzaroma, die leichte Bittere – alles zusammen rundet einen ohnehin schon fast perfekten Tag ab, erfrischt und löscht den Durst.

Ich frage den Kellner, was das denn für ein Bier gewesen sei. „Mythos“, lautet die stolze Antwort. „Ein Bier, so griechisch wie sein Name!“

Voller Begeisterung nehme ich ein paar Flaschen mit nach Deutschland, stelle sie in den Kühlschrank, und am nächsten Wochenende setze ich mich auf den Balkon in die untergehende Sonne. Ich denke an die griechische Insel und an das kleine Café, setze das Glas an die Lippen, nehme einen großen Schluck und … bin zutiefst enttäuscht. Überspundet, dünn, geradezu wässrig und langweilig wirkt es. Ein austauschbares Allerweltsbier.

Ob das den Transport nicht überstanden hat?

Oh, nein. Dazu ist die Mythos-Brauerei viel zu professionell. Deren Biere sind technisch perfekt, die überleben ein paar Flugstunden und ein paar Tage im heimischen Kühlschrank völlig problemlos.

Der Grund ist ein anderer: Genuss ist immer kontextabhängig. Ein erfüllter Urlaubstag in Griechenland, der Blick auf das Meer, die Füße vielleicht noch im feinen Sand vergraben, lässt uns die Entspannung ganz anders erleben als der heimische Balkon, wo wir auch am Abend immer noch an die Arbeit denken, an die Einkäufe, die noch erledigt werden müssen und an den Keller, den wir schon vor Wochen haben ausmisten wollen. Schon schmeckt das Bier ganz anders.

Und nicht nur das Bier …

Vielleicht denkt Ihr ja mal an diese kleine Geschichte, wenn Ihr in einem halben Jahr im Sommerurlaub unterwegs seid. Denn alles hat seine eigene Zeit und seinen eigenen Ort.

Wenn Ihr aber für den Sommer ein schönes, schlankes Lagerbier selbst brauen wollt, dann wäre jetzt bald die Zeit, anzufangen. Ehe man sich versieht, kommt schon wieder die Sonne heraus – wohl dem, der dann seine Braufreunde schon mit einem schönen, selbstgebrauten Zischbier überraschen kann!

Dieser Text ist im Januar 2024 im Kundenmagazin „Brauerlebnis – Das Magazin für Hobbybrauer“ von Hopfen und mehr erschienen.

2 Kommentare

  1. Genau das haben wir auch schon erlebt, wenn wir z.B. Vanillevla aus den Niederlanden mit heimgebracht haben, und er nie so gut schmeckte, wie vor Ort. „Es gehört einfach das passende Land drumherum“ ist auch unsere Feststellung oder wie Du es formuliert hast: der kontextabhängige Genuss.

    • Ja, Julia, nicht nur bei Bier ist das kontextsensitiv. Oft hört man das ja auch in Bezug auf den schönen Rotwein, der an der Mittelmeerküste oder in Südspanien so hervorragend geschmeckt hat und zuhause fad war … Aber es ist ja ein Bier-Blog … ;-)

      Vanillevla, Bitterballen, Frikandel, Pindakaas … Die Liste könnte man ewig weiterführen.

      Liebe Grüße,

      VQ

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