Verkostungspäckchen
aus Limburg

[Blick zurück auf April 2025]

„Bis ans Ende der Welt …“, sangen einst die Puhdys, wenn auch nicht über diese Biere.

Ein kleines, aber sehr feines Verkostungspäckchen erreicht mich aus Limburg. Bierdosen aus dem fernen Argentinien! Bis ans Ende der der Welt ist der liebe Herr E. gereist und hat mir diese Biere mitgebracht. Was für ein Aufwand, was für ein Freundschaftsdienst.

Und da er kurz danach auch noch eine Reise nach Portugal machen durfte, sind auch von dort Dosen mit ins Päckchen gekommen.

Ist das nicht wunderbar?

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Verkostungsnotizen

Patagonia – Lager del Sur (5,0%)

Die Farbe ist dunkelgelb bis strohgelb, und das Bier ist blank filtriert. Der Schaum ist schön weiß und mittellang haltbar.

Der Duft ist floral mit feinen, eher ins spielerisch leichte gehenden Honignoten.

Der Antrunk ist sehr gefällig, nicht zu spritzig und eher weich. Auf der Zunge zeigt sich das Bier malzbetont mit einer spürbaren, aber nicht zuckrigen Restsüße, ohne gleich einen kräftigen Körper zu haben. Die Hopfenbittere ist sehr zurückhaltend. Retronasal glaube ich, einen feinen Zitrushauch zu spüren, der ein wenig in Richtung Mandarine geht.

Nach dem Schluck klingen alle Wahrnehmungen recht rasch und gleichmäßig ab.

Das Bier ist ein unauffälliger und gut durchtrinkbarer Begleiter des Alltags, ohne Höhen, aber auch ohne Tiefen.

Dois Corvos – Nepo Baby – Brett Saison w/ Rosehips (5,0%)

Eine robuste, richtig schwere Flasche, verschlossen mit einem Kronkorken und dann mit weißem Wachs versiegelt. Soll edel aussehen, tut das irgendwie auch, ist aber eine üble Plackerei und Krümelei, das Wachs wieder abzukriegen.

Belohnt werde ich aber mit einem richtig interessanten Bier:

Im Glas präsentiert es einen dunklen Orangeton, eine intensive Trübe und einen dezent gelblich schimmernden, kremigen Schaum.

Der Duft ist zwar von ledrigen Brettanomyces-Aromen geprägt, aber bei weitem nicht so intensiv, so ausgeprägt, wie befürchtet. Stattdessen spielen angenehme, weinige Noten mit hinein und eine kräftige, so gar nicht an die auf dem Etikett erwähnten Lactobazillen erinnernde, sondern eher in Richtung Aceto Balsamico tendierende Säure.

Die Säure ist auch das, was den Antrunk und den Eindruck auf der Zunge und am Gaumen prägt. Eine kräftige, aber sehr sympathisch auftretende Säure mit weicher, geradezu kremiger Textur. Dahinter verbirgt sich eine gleichzeitig malzige und weinige Süße, und nach dem Schluck kommen dezent adstringierende, holzige Effekte hinzu – feine Tannine aus den portugiesischen Fässern, in denen dieses Bier zwei Jahre lang reifen durfte. Retronasal spüre ich noch ein zartes, florales Aroma.

Alles in allem ein Bier, das trotz seiner sehr starken Säure harmonisch und weich wirkt und mit in kleinen Schlucken genossen einen ganzen Abend Spaß machen kann.

Fermentage – Sidamo – Coffee Stout (6,0%)

Die quietschbunte Dose fällt sofort ins Auge – die schreiend bunte Grafiken stehen allerdings im krassen Gegensatz zum tiefschwarzen, nahezu blickdichten, aber wohl blanken Inhalt. So schwarz muss ein Coffee Stout sein! Und gekrönt von einem bräunlichen, üppigen Schaum darf es, muss es auch sein!

Der Duft ist prägnant. Intensive Kaffeearomen, die ganz im Hintergrund auch eine mokkaartig-schokoladige Note aufweisen und einen Hauch Säure, einen Hauch Frucht mitbringen.

Ein weicher Antrunk. Intensiv kaffeeartig auf der Zunge. Mokka retronasal. Die orthonasal schon identifizierte Säure blitzsauber hinten im Rachen – wahrscheinlich aus dem Röstmalz stammend. Eine angenehme Röstigkeit mit feiner Bittere, noch mehr Kaffee, ein bisschen mehr Mokka, etwas mehr Bitterschokolade. Bis zum Abgang hin wird das Bier immer komplexer.

Sehr schön!

Fuegian Brewery / Cerveza Beagle – Prison Train – Amber (4,2%)

Was für eine wunderschöne Optik! Leuchtend rot, kristallklar und mit einem üppigen, leicht rötlich-beigefarbenen, festen Schaum, der lange hält. Sooo schön!

Der Duft ist malzig, leicht brotig und ganz leicht melanoidinig.

Der weiche Antrunk ist sehr rund, der Eindruck auf der Zunge zunächst malzig, dann aber an den Zungenrändern auch schon dezent hopfig-bitter. Während retronasal die leichten Brotaromen sich mit feinfruchtigen Estern vergnügen, ist der Abgang eher trocken und für ein Rotbier oder Amber Ale verhältnismäßig schlank.

Mir gefällt das, bleibt das Bier doch so deutlich durchtrinkbarer als so manches mastiges und sehr saturierendes Rotbier aus dem Nürnberger Raum.

Patagonia – Vera IPA – New England IPA (5,8%)

India Pale Ale – das war mal eine Stilbezeichnung. Mittlerweile ist es ein ganzer Katalog von Substilen, an die sich die Brauer halten können. Oder auch nicht. Auf dieser Dose steht jetzt New England IPA drauf, die Sensorik geht aber eher in Richtung klassisches britisches IPA – die relativ niedrige Bittere (20 IBU), die mittelbraune Farbe und der harzige Duft insbesondere.

Also, mittelbraun ist es, leicht und gleichmäßig trüb, und einen dicken, stabilen Schaum hat es auch, das Bier.

Der Duft ist, wie schon gesagt, harzig. Hopfig harzig. Intensiv harzig, mit schönen Nadelwaldaromen im Hintergrund. Der von mir so geliebte Kiefernwald im Sommersonnenschein.

Der Antrunk ist frisch, spritzig und weist einen Hauch von Säure auf. Ob die beabsichtigt ist, weiß ich nicht, aber sie ist nur sehr dezent, durchaus angenehm und erfrischend, und sollte sie nicht Absicht sein, so sei sie aus zwei Gründen entschuldigt: Erstens, weil sie wirklich nur ganz schwach ist und gut ins Bier passt, und zweitens, weil das Bier einen Transport fast rund um die Welt hinter sich hat und das Mindesthaltbarkeitsdatum vor drei Tagen abgelaufen ist.

Sei’s drum. Auf der Zunge ist das Bier malzig, durchaus spürbar herb (ich hätte auch deutlich mehr als 20 IBU getippt), und retronasal erfreut es erneut mit harzigen Aromen. Letztere verstetigen sich auch nach dem Schluck, während gleichzeitig die Schleimhäute ein wenig trocken werden und Lust auf den nächsten machen. Den nächsten Schluck.

Sehr durchtrinkbar.

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