Stadtbrauerei Spalt
Spalt
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„Unsere Brauerei hat eine über 500 Jahre alte Geschichte“, erzählt der freundliche Herr, der uns an der Pforte der Stadtbrauerei Spalt zu einer Führung abholt, und geleitet uns an die Verladerampe der Brauerei. Innerlich stöhne ich auf und erwarte als nächstes einen Verweis auf den vom Bayerischen Brauerbund offensichtlich jedem Brauereiführer auf einer kleinen Taschenkarte mitgegebenen Text des sogenannten „Reinheitsgebots“. Ebenfalls 500 Jahre her, und angeblich das älteste durchgängig gültige Lebensmittelgesetz der Welt. Üble Geschichtsklitterung, deren Wahrheitsgehalt durch ständiges Wiederholen nicht besser wird.

Stadtbrauerei Spalt

Aber ich werde positiv enttäuscht: Mit keinem einzigen Wort wird dieses unsägliche Marketing- und Volksverdummungs-Instrument erwähnt. Stattdessen kommen Anekdoten aus der Geschichte der Brauerei und insbesondere die Erläuterung ihres besonderen Rechtsstatus.

Spalt war gefühlt schon immer das Zentrum des hiesigen Hopfenanbaus, aber es wurde in der Stadt mit dem Hopfen nicht nur gehandelt, sondern er wurde natürlich auch innerhalb der Stadtmauern verbraut, und so gab es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Spalt rund ein Dutzend Brauereien. Hervorragenden Hopfen anzubauen und erfolgreich damit zu handeln, ist das eine, eine Brauerei wirtschaftlich zu betreiben und den Bierbedarf der eigenen Bürger und der Wanderarbeiter während der Hopfensaison zu decken aber das andere, und letzteres fiel den Spaltern offensichtlich etwas schwerer als ersteres.

Es kam 1879 jedenfalls aus Gründen der Versorgungssicherheit und der Wirtschaftlichkeit zu einem Zusammenschluss der Brauereien zur Stadtbrauerei Spalt, die fortan kommunales Eigentum war und vom Bürgermeister der Stadt geführt wurde.

Bis heute hat sich an dieser mittlerweile einzigartigen Geschäftsform nichts geändert. Die Brauerei ist die einzige kommunale Brauerei Deutschlands und Eigentum der Stadt Spalt, und Geschäftsführer ist immer – mit einer kurzen Ausnahme von 2003 bis 2006 – der Bürgermeister der Stadt. Alle rund 5000 Einwohner des Städtchens fühlen sich somit – zu Recht – als Brauereibesitzer.

Wir sind mittlerweile von der Rampe bis zur alten Fasswichs vorgedrungen, wo ein kleiner Ausschank steht, der zu Brauereiführungen in Betrieb genommen wird.

Während wir uns wahlweise am Hellen, Dunklen oder Weizen laben (woher kommt mir diese Kombination an Bierstilen nur so bekannt vor…), erfahren wir mehr aus der Geschichte der Brauerei. Vom Neubau des Sudwerks, von der dominanten Position in der städtischen Gastronomie (es gibt keinen gastronomischen Betrieb in der Stadt, der das Spalter Bier nicht ausschenkt), von der Erweiterung des Brauereigeländes innerhalb der Altstadt durch Zukauf von Privatgrundstücken und von verworfenen Plänen zur Verlagerung der Brauerei vor die Tore der Stadt in ein neu erschlossenes Gewerbegebiet.

Nachdem die wichtigsten Fakten aufgezählt sind, verflacht das Gespräch leider zusehends. Die schon leicht angeheiterte Gruppe kommt mit dem Führer ins eher persönliche Gespräch, und statt Interessantem über Bier und Brauerei werden nur noch mehr oder weniger unterhaltsame persönliche Anekdoten ausgetauscht.

Anstalten, mal bis ins Sudhaus zu gehen, macht keiner.

Schön, dass Bier ausgeschenkt wird und das wichtigste Grundbedürfnis so also gestillt werden kann, aber ich hätte ja schon gerne ein wenig mehr über die Technik erfahren.

endlich im Sudhaus

Endlich, endlich, rafft sich ein Teil der Gruppe auf, und es geht die Treppen hinauf in das Sudhaus. Die Masse der Gruppe bleibt lieber beim Ausschank, und so gibt es wenigstens kein zu großes Gedränge zwischen den Sudkesseln.

Eigentlich sind es ja zwei Sudhäuser, erfahre ich. Ein neues und ein altes, aber deren Kessel und Pfannen werden in Kombination betrieben. Während unter der Edelstahlverkleidung im neuen Teil gemaischt und geläutert wird, findet das Hopfenkochen im alten Teil statt, wobei sich dort unter den altertümlich anmutenden Kupferverkleidungen ebenfalls moderne Technik verbirgt. Wir erspähen eine Schonkochinstallation, die mit weniger Energieeinsatz ein ebenso gutes Isomerisieren des Hopfens und das Austreiben unerwünschter Aromastoffe ermöglicht. Leider ist unser Führer kein Brauer und kann daher wenig Erläuterungen zur Technik geben.

Einen Blick können wir noch durch ein großes Panoramafenster in den Gärraum für die obergärigen Biere werfen. Auch hier glänzender Edelstahl – blitzblanke Gärbottiche für die offene Gärung.

offene Gärung – Blick in den Gärkeller

Zurück in der alten Fasswichs haben wir noch die Gelegenheit, ein weiteres Bier zu trinken, bevor sich dann, nach insgesamt rund zwei Stunden, die schmiedeeisernen Tore wieder hinter uns schließen. Die Lagertanks und die Fassabfüllung haben wir nicht gesehen, und einige aus der Gruppe bedauern auch, dass der Schlüssel zum Souvenirverkauf nicht auffindbar war und somit weder Gläser noch Mützen oder T-Shirts erstanden werden konnten.

Die Stadtbrauerei Spalt verfügt über keine eigene Gastronomie, lediglich im Rahmen von angemeldeten (kostenpflichtigen) Führungen wird in der alten Fasswichs Bier ausgeschenkt. Sämtliche Gastronomen der Stadt haben das Spalter Bier jedoch im Ausschank. Die Brauerei liegt mitten in der Altstadt, ist somit gut erreichbar und leicht zu finden. Eine Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist allerdings mühsam – der Spalter Bahnhof ist schon lange stillgelegt, man ist auf Linienbusse angewiesen.

Bilder

Stadtbrauerei Spalt
Brauereigasse 3
91 174 Spalt
Bayern
Deutschland

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