Vier Tage lang, vom 9. bis zum 12. September 2016, sollte in Brno in Südmähren das Pivní Festival Brno 2016, das Bierfestival 2016, toben, und zwar im alten, schon baufälligen Fußballstadion Za Lužánkami. Eine Art Crossover sollte es sein, laut Pressemitteilung auf Prag Aktuell „in der Grauzone zwischen klassischem Bierfest und Open-Air-Festival“.
Pivní Festival Brno 2016
Als wir am zweiten Tag des Festivals, am Freitag, in ungewöhnlicher Spätsommerhitze in Richtung Stadion liefen, deutete aber nichts darauf hin, dass hier viel los sein sollte. Keine Menschenmassen, die Richtung Bierfestival strömten, und selbst direkt vor dem Eingang waren noch Parkplätze zu bekommen.
Das alte Stadion grüßt uns mit eingeschlagenen Fensterscheiben, bröckelndem Beton und mannshohen Büschen und Bäumen, die auf den Zuschauertribünen wachsen – sehr einladend… Wir biegen um die Ecke und sehen durch den großen Eingang das Fußballfeld. Links und rechts am Rande ein paar Bierstände, am Kopfende eine Bühne und davor ein paar Gäste, die sich auf dem großen Spielfeld verlaufen.
„Viel los ist nicht“, lässt sich meine holde Ehefrau vernehmen, fügt aber gleich hinzu: „Wir gehen trotzdem rein, ich habe nämlich Hunger und Durst!“ 90,- CZK kostet der Eintritt pro Person, etwa 3,50 EUR, wir erstehen jeder noch einen Plastikbecher (50,- CZK Pfand), und dann machen wir uns auf ins „Gewühl“, soll heißen, wir stehen genauso verloren auf dem großen Spielfeld herum wie all die anderen.
ein Plastikbecher für das Bier
Überraschend gepflegt ist der Rasen, sauber geschnitten, die Linien sind frisch gekreidet, offensichtlich wird hier noch gespielt oder wenigstens trainiert, auch wenn die Tribünen ob ihrer Baufälligkeit gesperrt sind.
Während sich auf der Bühne eine Provinzband Mühe gibt, das Publikum zu vergraulen, schlendern wir die Reihe der Bierstände ab. Viele Regionalbrauereien aus dem Umland, alte Bekannte, die sich nur zum Teil mit neuen Bierstilen in die Craftbierwelt vortasten. Hier mal ein IPA, dort mal ein Saisonbiere, aber nur ein einziger Stand bietet progressiv ausschließlich exotische Bierstile an, Beerserker aus Rajhrad bei Brünn mit seiner Marke Duck & Dog.
Insgesamt sind etwa ein Dutzend Brauereien vertreten und bieten letztendlich schon eine schöne Auswahl, bei der jeder etwas für seinen Geschmack finden kann. Am Stand der Starobrno-Brauerei, die zum Heineken-Konzern gehört, sogar ein langweiliges Industriebier. Wem’s schmeckt …
Ein halbes Dutzend Verpflegungsstände bieten solide Kost als Grundlage für ausgiebige Bierproben. Gewaltige Fleischberge türmen sich auf dem Grill, daneben schmoren in gigantischen Pfannen die Bratkartoffeln und Zwiebeln. Der Tscheche an sich mag’s rustikal und ungesund. Aber lecker!
Ein SMASH, also ein Single Malt and Single Hop Ale von Beerserker gönne ich mir zunächst, gebraut mit Malz direkt aus Rajhrad und mit Citra-Hopfen. Ein wenig unausgewogen wirkt es, kräftig gehopft, knackig bitter, aber ohne dass dies durch einen runden Malzkörper ausbalanciert würde. Trinkbar, aber keine Offenbarung. Und es macht mehr Durst, als es löscht. Die etwas raue, lange nachhängende Bittere macht einen trockenen Gaumen.
Das Hercule, ein halbdunkles Bier im belgischen Stil, gebraut von der Rodinný Pivovar 713 (Familienbrauerei 713 – merkwürdiger Name…) in Hradec Králové (Königgrätz), soll es anders machen, und neugierig nehme ich einen ersten Schluck. Aber anstatt des erhofften Saisonbiers schmecke ich die komplexe Fruchtigkeit eines Dubbels. Kein schlechtes Bier, aber keines, das den Durst löscht.
erst langsam beginnt sich das Stadion zu füllen
Während sich nun am frühen Abend das Stadion doch langsam zu füllen beginnt, machen wir uns wieder auf den Heimweg. Eine lange Reise liegt vor uns, morgen geht es früh aus den Federn. Ein bisschen enttäuscht sind wir, aber wahrscheinlich liegt das daran, dass wir viel zu früh auf dem Bierfest waren.
Pivní Festival Brno 2016
Fotbalový stadion za Lužánkami
Sportovní 486/4
602 00 Brno
Tschechien
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