Hopfenrausch.
Köln
DEU

Der Kölner Stadtteil Ehrenfeld war ja mal fürchterlich verrufen. Runtergekommen, schmutzig, und jeder, der sich über soziale Brennpunkte in Köln auslassen wollte, hat erstmal tief Luft geholt, dann geseufzt und „Ehrenfeld …“ gesagt,

Mittlerweile sieht das ganz anders aus, und bummelt man die Venloer Straße entlang, dann tobt dort – insbesondere bei schönem Wetter – das Leben. Kneipen, Bars und Cafés, die Menschen sitzen draußen und genießen die laue Luft der Sommerabende. Es ist bunt, abwechslungsreich, lustig und laut. Partymeile.

Biegt man in eine der kleineren Seitenstraßen ab, wird es jedoch schnell ruhiger, man kann zwischen den alten Bürgerhäusern entlangbummeln und die eine oder andere Perle entdecken – sei es eine exotische Botique, ein kleines Lebensmittellädchen mit besonderen Spezialitäten oder ein spezielles Handwerk. Oder ein Craftbier-Lädchen!

Hopfenrausch.

Seit rund einem Jahr betreibt Sabina Esser in einer ehemaligen Metzgerei, die sie ein wenig umbauen und renovieren hat lassen, das Craftbier-Lädchen Hopfenrausch. „Gute Biere überall“, unter diesem Motto werden in dem kleinen „Genussladen“ leckere Craftbiere aus ganz Europa angeboten. Sorgfältig sortiert und beschriftet stehen die Biere in Holzregalen, eine besondere Auswahl auch in einem Kühlschrank und somit quasi verzehrfertig.

Ich habe mich mit Sabina und ihrem Partner Stefan zu einer kleinen Bierprobe verabredet – zusammen wollen wir nach Geschäftsschluss ein paar leckere Biere aus dem kleinen Kühlschrank verkosten und fachsimpeln, gewissermaßen eine kleine kulinarische Europareise machen.

In der Mitte des Raumes steht ein großer Korktisch, langgestreckt, ein idealer Platz für eine schöne Verkostung. Die Korkoberfläche fühlt sich warm und angenehm an, und wir stellen die erste Flasche Bier auf den Tisch, das Candy Kaiser von BrewDog, ein norddeutsches Retro-Altbier, wie das Etikett behauptet. Während wir das dunkelbraune Altbier genießen, erzählt Sabina von ihrem Geschäft.

Nur Biere, zu denen sie irgendeine Beziehung habe, kämen ins Angebot, sagt sie. Also entweder müsse sie den Brauer oder die Brauerin kennen, schon mal in der Brauerei gewesen sein, oder wenigstens den Importeur kennen. Einfach nur mal so etwas ins Regal stellen, ohne genau zu wissen was es ist und dann keine Fragen zum Bier beantworten zu können, oder gar ein Bier anzubieten, dass nur blendet, also Etikettenbier oder reines Werbeprodukt sei, das käme nicht in Frage.

Während wir als nächstes das Bersalis Sourblend, ein blondes Sour Ale von Oud Beersel trinken, kommt wie zum Beweis eine Kundin herein. Die Öffnungszeiten sind lang vorbei, aber die Tür ist halt noch offen. „Guten Abend, haben Sie das Schädelbräu?“

Entsetzte Blicke auf unserer Seite. Schädelbräu, das ist doch dieses Allerwelts-Lagerbier, das mit großem Werbeaufwand so tut, als sei es ein regionales Produkt mit eigenem Charakter. Eine gewaltige Story rundherum, alberne, geradezu lächerliche Heimlichtuerei über seine Produktion („Gebraut wird das Schädelbräu von einer deutschen Traditionsbrauerei und zwar nach dem Reinheitsgebot. ‚Welche das genau ist, wollen wir nicht verraten, weil wir befürchten, dass jemand unsere Idee kopieren könnte‘“) und geschmacklich enttäuschend.

„Nein, Schädelbräu habe ich nicht im Angebot“, sagt Sabina, und ich füge in Gedanken ein „natürlich nicht!“ hinzu. Auf die Empfehlung, doch ein schönes hopfenaromatisches anderes Lager zu kaufen, geht die Kundin nicht ein und verlässt den Hopfenrausch. wieder. „Armes fehlgeleitetes Opfer der Werbefritzen“, denke ich.

Wir verkosten das nächste Bier, das Summer 69 Rock’n’Roll Ale vom Rittmayer aus Hallerndorf. Festes, kerniges Bier mit schön orangener Farbe. Sehr ordentlich.

Verkostung nach Ladenschluss

Sabina und Stefan erzählen derweil von den Bierfesten in Deutschland, den Niederlanden und Belgien, wo sie immer neue Kontakte knüpfen, neue Biere für das kleine Lädchen entdecken. Manches kommt über einen Importeur, gelegentlich wird aber auch der Kofferraum des eigenen Wagens beladen, um ein besonders Bier anbieten zu können.

Bei einem American Pale Ale vom Johannes Heidenpeter aus Berlin beenden wir die kleine Bierprobe. Ich darf noch mein Buch signieren, das Sabina und mich in Kontakt gebracht hat, und dann lade ich mir meinen Rucksack voll mit ein paar Bierspezialitäten für daheim. Insbesondere die fassgereiften Biere aus der Braustelle in Ehrenfeld, nur ein paar hundert Meter weiter, haben es mir angetan. Und so stehe ich schwer beladen wieder vor dem kleinen Biergeschäft, und bei jedem Schritt leise und gläsern klimpernd, mache ich mich auf den Weg zurück zum Hotel.

Das Bierspezialitätengeschäft Hopfenrausch. ist dienstags bis donnerstags von 16:00 bis 19:00 Uhr, freitags von 14:00 bis 19:00 Uhr und sonnabends von 12:00 bis 18:00 Uhr geöffnet; sonntags und montags ist zu. Zu erreichen ist es mit der Straßenbahn, Linien 3und 4, Haltestelle Körnerstraße, etwa 300 m entfernt.

Bilder

Hopfenrausch.
Simrockstraße 47
50 823 Köln
Nordrhein Westfalen
Deutschland

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