Nur drei oder vier Stationen mit der Straßenbahn vom Brünner Hauptbahnhof entfernt liegt die altehrwürdige Brauerei Starobrno a.s., die wir am 18. März 2010 besuchten. Obwohl – rasch sollte sich herausstellen, dass es mit der Altehrwürdigkeit nicht mehr so weit her ist. Hatte die Brauerei die Jahrzehnte des Kommunismus noch weitgehend gut überstanden und anschließend für einige wenige Jahre ihre neugewonnene Freiheit und Unabhängigkeit genossen, war sie dann doch vor einiger Zeit vom Heineken-Konzern übernommen worden. Ein gnadenloses Modernisierungsprogramm rollte über die Brauerei hinweg, und riesige Edelstahl-Sudkessel und zylindrokonische Gärbehälter zeugen von neuer Effizienz.
Originalität und Eigenständigkeit der hier produzierten Biere blieben dabei auf der Strecke – und nicht nur alteingesessene Brünner Bürger klagen, dass das Bier früher um Größenordnungen charaktervoller geschmeckt habe. Schlecht schmeckt es auch heute nicht, dafür steht die perfekte Qualitätskontrolle eines Großkonzerns ein, aber individuell halt auch nicht mehr. Ob nun Starobrno auf der Flasche steht, Heineken oder was auch immer – was bleibt, sind helle Lager und schlanke Dunkelbiere für den Massengeschmack. Angesichts einer Jahreskapazität von einer Million Hektolitern nur konsequent.
Der netten Dame, die uns mit Herz und Begeisterung auf Deutsch durch die Brauerei geführt hat, sei an dieser Stelle trotzdem herzlich Danke gesagt – hat sie uns doch durch ihre freundliche und geduldige Art zwischendurch immer wieder vergessen gemacht, dass wir uns nicht in einer kleinen Regionalbrauerei sondern in einer Bierfabrik eines Weltkonzerns befanden.
Die sich im Restaurant anschließende Bierverkostung eines Hellen und eines Dunklen und der kurze Blick in den Souvenirladen der Brauerei (Ja, was ist das denn? Clausthaler?) rundeten unseren Besuch ab, und wir wandten uns neuen Aufgaben und Zielen zu.
Nachtrag 9. Juli 2017: Stand im Jahr 2010 der ehemalige Kupferkessel noch etwas verlassen und lustlos auf dem Vorplatz des Verwaltungsgebäudes der Brauerei, so ist er mittlerweile zum Mittelpunkt eines gemütlichen Biergartens geworden. Direkt am Mendlovo Náměstí, dem Mendelsplatz, am großen Haltepunkt zahlreicher Straßenbahn- und Buslinien, kann man nun schön in der Sonne sitzen, frisch gezapftes Bier trinken und sich daran freuen, dass zum Produktportfolio mittlerweile auch ungefiltertes Bier gehört. Die kleine Speisekarte bietet eine Reihe von deftigen Brauhausgerichten, und zu jeder einzelnen Speise informieren kleine Piktogramme nicht nur über die Inhaltsstoffe, sondern empfehlen auch ein zum jeweiligen Gericht passendes Bier. Das ist zwar insofern in seiner Aussagekraft beschränkt, dass es lediglich drei grobe Stilrichtungen an Bier gibt (Hell, Dunkel, Weizen) und diese lediglich in Stärke und Filtrierung variiert werden, aber immerhin, der gute Wille ist ja erkennbar.
Bei schlechtem Wetter lädt die direkt hinter dem Biergarten befindliche Bierstube in stilvoller Atmosphäre zum Essen und Trinken ein. Die Dekoration ist modern, stilistisch und greift viele Elemente aus der Brauerei auf – seien es die angedeuteten Kupfertanks an den Wänden, seien es die aus grünen Flaschen (Heineken!) gestalteten Kronleuchter.
Wer auf der Suche nach exotischen Bierstilen und nach überraschenden Biererlebnissen ist, wird hier enttäuscht sein, aber für ein sehr gepflegtes Standardbier, begleitet von gutem, sorgfältig zubereitetem Essen, sind Biergarten und das Restaurant Pivovarská Starobrno sicherlich eine gute Wahl.
Der Brauereiausschank der Starobrno a.s., das Restaurant Pivovarská Starobrno, ist täglich von 11:30 bis 23:00 Uhr geöffnet; kein Ruhetag. Biergartenbetrieb ist nur bei gutem Wetter. Zu erreichen ist das Restaurant mit den Straßenbahnen 1, 5, 6 und 7, Haltestelle Mendlovo Náměstí, direkt vor dem Biergarten.
Starobrno a.s.
Hlinky 160/12
661 47 Brno
Tschechien
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