Sind es wirklich zwei Pubs, oder ist es nur einer? Oder, gewissermaßen, anderthalb, also einer, aber mit zwei Räumen, nur durch die dazwischen verlaufende Straße getrennt? Linker Hand das gemütliche, innenarchitektonisch etwas liebevoller gestaltete Pub Same Krafty, am Schaufenster eine Batterie von Zapfhähnen, Dummies, zehn Stück an der Zahl, deren Gegenstücke sich im Inneren wiederfinden und dort natürlich wirklich an Fässer angeschlossen sind. Und rechter Hand das innen etwas simpler, studentisch-improvisiert wirkende Same Krafty Vis-à-Vis, ebenfalls mit einer Batterie von blinden Zapfhähnen an der Front, die sich ebenfalls drinnen an der Theke wiederfinden.
Same Krafty Vis-à-Vis
Das gleiche Logo, das gleiche Konzept. Zehn Biere sind am Hahn, detaillierte Tafeln informieren über die Biere, zehn weitere Tafeln kündigen schon mal an, was als nächstes an den Hahn kommt, wenn ein Fass leer ist. Keine Überschneidungen im Angebot. Was es links der Straße gibt, gibt es rechts nicht, und umgekehrt. Also, klarer Fall, es ist ein Pub, das nur aus Platzgründen nicht in zwei nebeneinanderliegenden Häusern mit direkter Verbindung, sondern in zwei gegenüberliegenden Häusern mit schmaler Gasse dazwischen eingerichtet wurde.
eine beeindruckende Batterie von Zapfhähnen
Unterschiedliche Atmosphäre, rustikaler und simpler hier, eher die geringfügig solidere (ältere?) Zielgruppe ansprechend dort. Unterschiedliche Öffnungszeiten. Während meines Besuch im Same Krafty hatte das Same Krafty Vis-à-Vis noch geschlossen. Und: Im Vis-a-Vis hängt eine humorige Urkunde: „Bestes Pub der Kette Same Crafty.“ Einer Kette aus zwei Pubs. Hier und gegenüber. Also, klarer Fall, es sind zwei Pubs einer Kette.
Ach, man kann es sehen, wie man will, aber auf alle Fälle sollte man bei einer Verabredung sorgfältig absprechen, in welchem der beiden Gasträume man auf sein Rendezvous wartet, man könnte sonst, lediglich zehn Meter voneinander entfernt, vergeblich sehnen und schmachten und die Chance verpassen, aus einer Begegnung die große Liebe heranwachsen zu lassen. So nah, und doch so fern …
Am frühen Nachmittag kehren wir im Same Krafty Vis-à-Vis ein, den Flüssigkeitsspiegel, der in der Spätsommerhitze bedrohlich abgesunken ist, wieder auszupegeln. Nur für einen kurzen Moment, kein langes Hinhocken – Warschau hat noch so viel zu bieten, das es zu erkunden gilt. Schnell nur jeder ein Bier, und natürlich: Es kommt zum unvermeidlichen Klönschnack an der Theke. Albert, der Barmann, ist bekannt, aber natürlich geht die Tür auf und Michał „docent“ Maranda tritt ein, bester Kenner der polnischen Bierszene. Keine Bierbar, keine Brauerei, kein Festival ohne ihn. Und trotzdem ist sein Gespür faszinierend, immer gerade dort aufzutauchen, wo ich mal für einen Augenblick verweile. Selbst wenn ich nur für ein paar Tage in Polen unterwegs bin – er spürt mich mit Sicherheit auf …
Zdjęcie: Michał „docent“ Maranda
Das eine Bier zieht sich also deutlich länger hin als geplant. Es wird erzählt, die Liste mit den neueröffneten Pubs und Brauereien abgeglichen und der nächste gemeinsame Text geplant. Es ist ja auch einfach nur gemütlich hier. Am (oder hinter …) dem Tresen stehen, über die Biere zu sinnieren, die Atmosphäre zu genießen, die Etiketten, die an der Wand hängen, zu studieren.
Aber, auch ohne die gemütliche Tresensteherei hätte es sich mit dem einen Bier ein wenig hingezogen. Gar zu warm ist es gezapft, gar zu zäh rinnt es daher die Kehle hinunter. Das Imperial Citra, ein Imperial India Pale Ale von Birbant mit sage und schreibe 111 Bittereinheiten, überzeugt mit tollem Aroma, aber durch die hohe Temperatur belegt es mit den Bittereinheiten auch noch die letzte Geschmackspapille und wird dadurch fast untrinkbar. Und auch das Akka Dakka Blakka von Piwne Podziemie, ein stark gehopftes Stout, kommt nicht richtig zur Geltung.
nette Details in der Deko
Mensch, Albert, was ist los? Bedauerndes Achselzucken. Er könne es auch nicht ändern. Die Leitungen vom Kühlraum zur Theke sind zu lang, die Sommerhitze zu gewaltig, das ganze Gebäude hätte sich aufgeheizt und würde glühen, und dann wäre das Bier nur kalt, wenn der Laden rappelvoll ist und das Bier gleichmäßig durch die Leitung rinnt, gar keine Zeit hätte, sich in den Ziegelmauern aufzuwärmen.
Naja, wirklich zufrieden bin ich mit der Antwort nicht. Mit dem warmen Bier ja auch nicht. Und so nuckeln wir denn weiter ein wenig lustlos vor uns hin.
Schade, denn ansonsten ist es eine sehr nette, kleine Craftbier-Bar. Und es ist das Stammhaus der Wanderbrauer von Piwne Podziemie, der Bier-Unterwelt, die ihr Bier in einer Brauerei irgendwo weit ostwärts von Warschau brauen, nach eigenem Gusto und Rezept, mit viel persönlichem Einsatz, aber ohne eigenes Sudwerk. Und hier, im Vis-à-Vis, gibt es immer mindestens zwei oder drei ihrer Biere.
Irgendwann ist aber auch das warme Bier ausgetrunken, ist die Liste der Bierfestivals und Eröffnungsfeiern aktualisiert, sind die neuesten Nachrichten ausgetauscht, und es zieht uns weiter, neuen bierigen Abenteuern entgegen – die Gassen der Altstadt haben uns wieder.
Das Pub Same Krafty Vis-à-Vis hat täglich ab 14:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Wie auch das Schwesterpub gegenüber ist es durch die Lage in der Fußgängerzone der Altstadt nur zu Fuß zu erreichen; die Altstadt selbst ist aber mit Bus und Straßenbahnen aus allen Himmelsrichtungen problemlos anfahrbar.
Same Krafty Vis-à-vis
Nowomiejska 11/13
00-271 Warszawa
Polen
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