„Cześć!”
Der polnische Universalgruß. Zum Willkommen, zum Abschied, im Vorübergehen. Für alle Gelegenheiten, so sie denn nicht zu förmlich sind.
Je nach Betonung kann er alles Mögliche ausdrücken. Freude, einen alten Bekannten zu treffen. Erleichterung, sich endlich verabschieden zu können. Die Frage, wie es geht. Die Antwort, dass es gut geht. Oder schlecht. Er ersetzt den Händedruck oder ergänzt ihn, ist wie ein freundliches Winken oder wie die klare Aufforderung, jetzt doch endlich die Klappe zu halten und zu gehen. Wieviel Kraft, wieviel Vielfalt kann in einem einzigen Wort liegen.
„Cześć!”
Aber dem Ausländer wird sich diese Welt normalerweise nicht erschließen. Er scheitert ja schon an der korrekten Aussprache. Das dreifache „sch“, jedes Mal anders betont und ausgesprochen, in einem Wort. Das erste Mal mit einem Anlaut-„t“ und im Gaumen mit leicht eingerollter Zunge gebildet. „tsch“ gibt es nur ungenau wieder. Das zweite „sch“ ohne „t“ im Anlaut, dafür aber weich gesprochen, mit vorne, fast schon an der Zahnreihe anliegender Zungenspitze. Eine Mischung aus dem „ch“ im deutschen Wort „ich“ und einem „sch“. Das dritte ebenfalls mit angelegter Zungenspitze, jetzt aber doch wieder mit Anlaut-„t“. Und das „e“ dazwischen auch nicht einfach nur ein deutsches „e“, sondern auf halbem Wege zwischen „e“ und „ä“ befindlich.
Der Tourist versucht es, frohgemut, optimistisch. „Cześć!”
Es klingt wie „Tscheschtsch!”
Und folgerichtig bekommt er auch kein erwiderndes, grüßendes „Cześć!“ zur Antwort, sondern ein besorgtes und mitfühlendes „Na Zdrowie!“, „Gesundheit!“, schlimmstenfalls noch ein Taschentuch gereicht …
Hm, ist das eigentlich noch ein Bier-Blog, wenn ich so was schreibe?
Also, rasch zum Thema:
„Cześć!” steht groß auf dem Hinweisschild, das in die Passage eines Wohn- und Geschäftshauses weist. Craft Beer Pub Cześć. Es ist früher Abend, es ist warm, man könnte ja auch draußen irgendwo in einem Biergarten sitzen. Stattdessen zieht es uns in die kleine Bar.
acht bunt gekennzeichnete Zapfhähne
Acht Zapfhähne erwarten uns hier, traditionell – Einschub: Darf man bei Craftbier-Bars schon von traditionell sprechen? Ach, es machen alle so, von Anfang an. Also, man kann! Ende des Einschubs. – traditionell auf einer schwarzen Tafel angepriesen. Alkoholgehalt, Stammwürze, wenn bekannt auch die Bittereinheiten, Biername, Etikett des Biers, Herkunftsland (heute acht Mal aus Polen!) und natürlich der Preis sind angegeben. Eine solide Auswahl, quer durch die modernen Bierstile.
Wir gönnen uns ein mit Maracuja gebrautes leichtes Ale, das Session Passion von Beer Bros, und ein recht heftiges Imperial India Pale Ale, das Antylopa der Antybrowar aus Łódź, mit satten 8,0% Alkohol. Beide Biere sehr schön, wenn auch beim Session Passion die verwendete Maracuja ein bisschen deutlicher herausschmecken könnte.
Die Stimmung im Pub ist angenehm entspannt. Es sind einige Gäste da, aber es ist noch nicht proppevoll. Man sitzt gemütlich, unterhält sich, genießt sein Bier. Die Musik ist kernig, aber nicht zu laut; der Barmann ist ruhig und bewahrt die Übersicht. Relaxt. Das Publikum ist international, man hört viel Englisch, etwas Polnisch und Deutsch, in einer Ecke klingt es Spanisch.
Zum Bier werden Sandwiches gereicht, einfache Snacks. Cześć ist kein Restaurant, aber manchmal braucht man eine Kleinigkeit als Grundlage, wenn man sich durch alle Biere verkosten möchte.
Im Innenhof des Gebäudekomplexes sind ein paar Stühle und Tische aufgebaut, eine Art Biergarten, wenn auch nicht im klassischen, bayerischen Sinne mit Kastanien und Kies. Eher eine Möglichkeit, doch irgendwie noch einen Strahl Sonne abzubekommen, ohne an der vielbefahrenen Straße stehen zu müssen. Besonders die Raucher freut’s.
feinsinniger Humor an der Theke
An der Theke beweist man feinsinnigen Humor – auf dem Glas für das Trinkgeld steht „Für Hipster-Tattoos und Bartwuchsmittel!“
Hätten wir nicht gleich noch eine Verabredung, könnten wir noch eine Weile hier sitzen, mehr als nur 25% des Angebots verkosten. Gemütlich genug wär’s ja. Aber wie so oft, wir müssen weiter. Warschau bietet mittlerweile zu viel, als dass man bei einem kurzen Aufenthalt einfach nur so in ein und derselben Bar rumsitzen könnte …
Das Craft Beer Pub Cześć ist nach eigenen Angaben täglich ab 16:00 Uhr durchgehend „bis zum vorletzten Gast“ geöffnet; kein Ruhetag. Neben acht Bieren werden kleine Sandwiches und Toasts angeboten, auch vegetarisch. Zu erreichen ist das direkt nördlich des gewaltigen Palastes der Kultur und Wissenschaft gelegene Pub mit den Straßenbahnlinien 4, 5, 10, 17, 18, 33, 35, 37 und 41. Also aus allen Richtungen.
Craft Beer Pub Cześć
ulica Grzybowska 2
00-131 Warszawa
Polen
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