Verhungern und verdursten muss man in Hà Nội nicht – auf Schritt und Tritt findet man vom Luxus-Büffet, das alle Köstlichkeiten der Welt bietet, bis zur Straßenküche, die mit Plastikwannen und einem Gaskocher im Rinnstein betrieben wird, alles, was das Herz begehrt. Gemüse, Obst, Fisch, Fleisch und vieles mehr, bei dem man manchmal lieber gar nicht wissen möchte, was es ist, findet man überall. Und Bier.
Bia, also etwas anders geschrieben als bei uns, aber fast genauso ausgesprochen, ist neben Tee das Alltagsgetränk schlechthin. Ob Hà Nội oder Saigon, ob Trúc Bạch oder Halida – Flaschen und Dosen mit einfachem, süßlichem, hoch gespundetem und geschmacksarmem Lagerbier begleiten jedes Essen. Ob eben im Vorübergehen am Kiosk oder beim Straßenhändler gekauft und lauwarm direkt aus der Dose getrunken oder im Restaurant vom Ober feierlich aus dem Kühlschrank genommen, mit weißem Leinen umhüllt und dann aus der Dose in ein Weinglas kredenzt – Bia passt immer.
Und ist langweilig. Nichtssagendes, sprudeliges und mäßig erfrischendes, gelb gefärbtes Wasser, wie böse Zungen sagen. Aufmerksamkeit ist also angesagt, möchte man mal etwas Anderes probieren, etwas Besseres.
So machte es denn auch sofort Klick! als wir am American Club mit seinem Restaurant The Moose & Roo Smokehouse im Französischen Viertel, am Südrand des Hồ Hoàn Kiếm, des Schwert-Sees, vorbeikamen. Eine kleine Leuchtreklame nur, Pasteur Street Brewing Co Saigon, aber wie von selbst lenkten sich unsere Schritte nach links, durch ein Tor hindurch in den Innenhof zur Bar.
Ein nettes Open-Air Restaurant. Zentral eine kleine Bar, rundherum Tischgruppen, ein paar Schirme, Bäume, ein Tennisplatz. Relaxte Atmosphäre. Am Zapfhahn die üblichen Verdächtigen, also Heineken, Sapporo, Carlsberg. In der Getränkekarte dann aber der Hinweis auf die Pasteur Street Brewing Co. Ein Pasteur Street India Pale Ale und ein saisonales Bier („please ask your server“) werden angeboten.
Die Bestellung ging wie von selbst, „Je eines, bitteschön!“, und erst danach die Frage an die freundliche Kellnerin, um was es sich bei dem zweiten denn eigentlich handeln würde. „Ein Coconut Porter“, hieß es, und sicherheitshalber deutete das Mädel noch einmal mit dem spitzen Zeigefinge auf das Dunkle der beiden servierten Biere.
Wir grinsten innerlich und stellten uns Joe Sixpack aus dem Mittleren Westen der USA vor, der vielleicht wirklich nicht in der Lage sein würde, ein helles und hopfiges IPA von einem dunkelbraunen Coconut-Porter, dessen leicht künstlich wirkendes Aroma uns schon deutlich entgegenwehte, zu unterscheiden.
Das India Pale Ale präsentierte sich überraschend klar, geradezu glanzfein, und wir kamen zu der Überzeugung, dass es wohl gefiltert worden ist. Selbst eine gut flokkulierende Hefe und lange, kalte Lagerung können ein Bier eigentlich nicht so extrem klar machen. Aber es schmeckte. Angenehme und leicht harzige Hopfenaromen, eine deutliche, aber nicht zu dominierende Bittere. Frisch und gut trinkbar.
Das Coconut-Porter hingegen ein wenig zwiespältig. Deutliches Kokosnuss-Aroma, deutlicher Kokosnuss-Geschmack. Ein bisschen künstlich wirkend, und auf die Dauer ermüdend. Nach einem halben Glas hat man vom zunächst leckeren Geschmack genug und kaut ein wenig lustlos auf dem langsam wärmer werdenden Rest herum. Keine echte Offenbarung.
Aber immer noch besser als die langweiligen Bland Lagers in den Bars rundherum. Und da das saisonale Bier auch von Fass zu Fass wechselt, wie uns an der Bar versichert wurde, ist The Moose & Roo Smokehouse somit doch eine Adresse, die man sich merken kann und sollte – für den Fall, dass der Sinn nach etwas ausgefallenerem Bier steht.
Das im Oktober 2013 eröffnete The Moose & Roo Smokehouse ist täglich ab 11:00 Uhr durchgehend geöffnet, sonnabends und sonntags schon ab 10:00 Uhr; kein Ruhetag. Sonnabends gibt es Livemusik. entspannten Bluesrock. Vom See Hồ Hoàn Kiếm aus sind es drei Minuten zu Fuß in südlicher Richtung.
The Moose & Roo Smokehouse
21 Hai Bà Trưng
Hoàn Kiếm
10000 Hà Nội
Vietnam
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